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INF-Streit: Putin bei US-Ausstieg "entsprechend" antworten

Es könne laut Putin auch ernsthafte Konsequenzen für Europa geben
Es könne laut Putin auch ernsthafte Konsequenzen für Europa geben ©APA (AFP)
Russland sieht sich zu Gegenmaßnahmen gezwungen, wenn die USA wie angekündigt aus einem der wichtigsten nuklearen Abrüstungsverträge aussteigen. Dies könnte auch ernsthafte Konsequenzen für Europa haben, sagte der russische Präsident Wladimir Putin bei einer Pressekonferenz mit dem italienischen Regierungschef Giuseppe Conte am Mittwoch in Moskau.
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Wenn europäische Staaten nach einem Auslaufen des INF-Vertrags (Intermediate Range Nuclear Forces) einer Stationierung von US-Raketen auf ihrem Staatsgebiet zustimmen würden, müsse Russland “natürlich auch entsprechend antworten”, sagte er. “Ich verstehe nicht, warum es notwendig ist, Europa so einem Gefahrenzustand auszusetzen”, sagte der Kremlchef.

Der sogenannte INF-Vertrag zwischen den Vereinigten Staaten und der damaligen Sowjetunion aus dem Jahr 1987 verbietet beiden Parteien den Bau und den Besitz landgestützter, atomar bewaffneter Marschflugkörper und Raketen mit einer Reichweite von 500 bis 5.500 Kilometern. Die USA werfen Russland seit längerem vor, mit der Entwicklung eines Marschflugkörpers mit dem Namen 9M729 gegen den Vertrag zu verstoßen. Die USA hätten keine Beweise für einen Vertragsbruch vonseiten Russlands, betonte Putin.

Die USA bleiben trotz russischer und europäischer Kritik hart beim angekündigten Ausstieg aus dem Abkommen. US-Präsident Donald Trump habe sich so entschieden, sagte dessen Sicherheitsberater John Bolton zum Abschluss seiner Gespräche in Moskau. Dennoch wollen Russland und USA 2019 gleich zwei Gipfel in den Hauptstädten Washington und Moskau abhalten. “Ich denke, dass sie (die Entscheidung) sehr klar und eindeutig ist, deshalb informieren wir unsere Verbündeten”, zitierte ihn die Nachrichtenagentur Interfax am Mittwoch.

Russland will am Vertrag festhalten. Deshalb schlug Präsident Wladimir Putin im Gespräch mit Bolton vor, er wolle mit Trump direkt darüber reden. Die Gelegenheit bietet sich am 11. November in Paris beim Gedenken an das Ende des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren. Der US-Präsident nahm die Anregung an: “Ich denke, dabei könnte etwas Gutes herauskommen”, sagte er im Weißen Haus.

Bolton kündigte an, dass es in Paris auch um die Vorbereitung zweier weiterer amerikanisch-russischer Gipfel 2019 gehen könnte. Eine Einladung Trumps an Putin gelte weiterhin. “Erst gibt es die Möglichkeit zu einem vollwertigen Gipfel in Washington, und danach könnte später im Jahr der Gegenbesuch Trumps in Moskau stattfinden”, sagte er.

Russland sei im Prinzip zu gegenseitigen Besuchen bereit, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Das Thema sei wiederholt angesprochen worden. “Konkrete Entscheidungen gibt es aber noch nicht.”

Der US-Sicherheitsberater hatte in Moskau zweigleisig gegen den INF-Vertrag (Intermediate Range Nuclear Forces) argumentiert, den er “veraltet und überholt” nannte. Zum einen warf Bolton Russland vor, mit Tests eines neuen Marschflugkörpers gegen das Abkommen zu verstoßen. Zum anderen binde der Vertrag die USA, während aufstrebende Militärmächte wie China, Nordkorea oder der Iran sich mit Mittelstreckenraketen bewaffneten.

Die vollständige Vernichtung dieser Kategorie von Waffen hat über die Jahrzehnte vor allem Europa mehr Sicherheit gebracht. Nach Ansicht von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg wird eine Aufkündigung des INF-Vertrags aber kaum zu einer neuen atomaren Aufrüstung in Europa führen. “Ich rechne nicht damit, dass Bündnispartner in Reaktion auf den neuen russischen Marschflugkörper mehr Nuklearwaffen in Europa stationieren”, sagte der Norweger in Brüssel. Trotzdem müssten die Folgen der jüngsten Entwicklungen für die NATO diskutiert werden. Auf Botschafterebene solle es noch in dieser Woche Gespräche geben.

Viele NATO-Partner sehen Trumps Ankündigungen kritisch. Noch im Sommer hatten sich die Alliierten eigentlich darauf verständigt, für den Erhalt des “wegweisenden Rüstungskontrollvertrags” einzutreten. Der mutmaßliche Vertragsbruch durch Russland sollte durch Dialog aufgearbeitet und beendet werden. Stoltenberg kommentierte Trumps Haltung nicht. Er betonte, das Hauptproblem sei, dass Russland den Vertrag nicht respektiere. “Wir wollen keinen neuen Kalten Krieg, und wir wollen kein neues Wettrüsten”, sagte Stoltenberg.

Die Beziehungen zwischen den USA und Russland sind auch abseits der Rüstungsfrage angespannt. Die US-Geheimdienste werfen Russland vor, sich in den US-Wahlkampf zugunsten von Trump eingemischt zu haben, der um ein gutes Verhältnis zu Putin bemüht ist. Washington wirft Moskau zudem vor, für den Giftanschlag auf den russischen Doppelagenten Sergej Skripal in Großbritannien verantwortlich zu sein. Für Spannungen sorgt seit Jahren zudem der Ukraine-Konflikt, in dem Moskau nach Einschätzung des Westens die prorussische Rebellen militärisch unterstützt.

(APA/dpa)

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