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In Bregenz sprudelten deutsche Gelder

Baden-Württemberg investierte im Rahmen der Fußball-EM 2008 am Standort Bregenz 600.000 Euro.
Baden-Württemberg investierte im Rahmen der Fußball-EM 2008 am Standort Bregenz 600.000 Euro. ©BT&StM

Baden-Württemberg investierte zur Fußball-EM 600.000 Euro am Standort Bregenz

Bregenz. Der Bericht des Rechnungshofes zum 2008 erlittenen Debakel der Bregenz Tourismus & Stadtmarketing GmbH dürfte heute in der Stadtvertretung für heiße Diskussionen sorgen. Die Opposition stellt nach wie vor die Frage nach der Verantwortung.

Wenn heute Abend in der Sitzung der Bregenzer Stadtvertretung der Bericht des Rechnungshofes behandelt wird, dürfte wohl ein wesentlicher Punkt in der Diskussion fehlen: Die Frage, warum das horrende Minus von 775.000 Euro unter anderem mit den hohen Aufwendungen für die Fußball-WM 2008 und die Fankurve Bodensee begründet wird, obwohl das Land Baden-Württemberg allein dafür 600.000 Euro in Bregenz investierte.

Im Bericht des Rechnungshofes werden die Gesamtkosten für die Maßnahmen zur Fußball-EM (ZDF-Arena, Public-Viewing) mit 784.604 Euro beziffert. Sie sollen insbesondere für Inserate, Plakate, Werbeaktivitäten, Musikdarbietungen, die Infrastruktur des Rahmenprogramms, Provisionen für Projektpartner und Beförderungsleistungen der Besucher angefallen sein. Der Verlust habe hier nach Abzug der Einnahmen aus den Ticketverkäufen für das Public Viewing 174.549 Euro betragen.

Verlustfaktoren
Die Kosten für Aktivitäten im Rahmen des James-Bond-Films “Quantum of Solace” werden mit 201.532 Euro beziffert, wobei ein Verlust von 190.785 Euro entstand. Beim Weihnachtsmarkt 2008 betrugen die Gesamtkosten 153.780 Euro und es entstand ein Abgang in der Höhe von 134.511 Euro. Am Gesamtverlust von knapp 775.000 Euro im Jahr 2008 hatten die Großprojekte James Bond, ZDF-Arena und Weihnachtsmarkt einen Anteil von knapp 65 Prozent (knapp 500.000 Euro).

In ihrer Stellungnahme an den Rechnungshof wies die Bregenz Tourismus & Stadtmarketing GmbH auf den positiven Effekt der Großprojekte im Bereich der Nächtigungszahlen auch im schwierigen Wirtschaftsjahr 2009 hin. Und auch das Amt der Landeshauptstadt führte diese positiven Auswirkungen in ihrer Stellungnahme an. So habe die Festspiel- und Kongresshaus GmbH 2008 ein erfolgreiches Geschäftsjahr gehabt und die Festspiele 2009 das beste Ergebnis aller Zeiten.

Baden-Württemberg trug wesentliche Kosten
Vergeblich gesucht werden im Zahlenkonvolut jene 600.000 Euro, die das Land Baden-Württemberg in Bregenz investierte. Wie aus einer Landtags-Anfragebeantwortung des Baden-Württembergischen Staatsministers Willi Stächele hervorgeht wurden insgesamt 1,5 Millionen Euro in die Maßnahmen zur Fußball-EM investiert. Davon gingen 40 % nach Bregenz. Diese 600.000 Euro wurden aufgewendet für das Public Viewing auf der Seebühne, Plakat- und Bannerwerbung im Großraum Bregenz, ein gemeinsam mit dem ZDF, dem Land Vorarlberg und dem Festspielhaus Bregenz betriebener Gästebereich, einen Fanbereich auf der Werkstattbühne mit Musikprogramm und Ausstellungen sowie publikumswirksamen Präsentationen auf dem Veranstaltungsgelände vor dem Festspielhaus. Also auch jenen Maßnahmen, die von Bregenz Tourismus & Stadtmarketing u.a. für die hohen Verluste ins Treffen geführt wurden.

Kritik am Bürgermeister
SPÖ-Vorsitzender Michael Ritsch wirft Bürgermeister Linhart im Zusammenhang mit dem Rechnungshofbericht “zu späte oder mangelnde Information” vor. Ritsch: “Linhart hätte bei Bekanntwerden der ersten Verluste den zuständigen Ausschuss informieren müssen. Statt dessen wartete er die Abstimmung über die Welle am Hafen am 8. März ab und informierte erst zehn Tage später über die wahren finanziellen Verhältnisse.” Unglaublich sind für den SPÖ-Vorsitzenden auch die vom ehemaligen Geschäftsführer Michael Dünser getätigten Geschäfte.

“Entweder gar nicht oder viel zu spät hat Linhart ein entsprechendes Berichtswesen von Seiten der Geschäftsführung eingefordert”, kritisiert auch FPÖ-Stadtparteiobmann Harald Stifter. Dies habe laut Stifter auch dazu geführt, dass der Ausschuss der Gesellschaft von Linhart völlig mangelhaft und viel zu spät informiert wurde.

Den Grünen geht es um mögliche Schadenersatzansprüche. “Der Rechnungshof empfiehlt in diesem Zusammenhang, ‘alle geleisteten Überzahlungen auf ihre Rückforderbarkeit zu überprüfen und zur Wahrung der Ansprüche geeignete Maßnahmen zu ergreifen’. Dafür werden wir Sorge tragen”, so Vizebürgermeister Gernot Kiermayr in einer Stellungnahme. Es müsse auch der Verdacht auf Untreue des ehemaligen Geschäftsführers sowie eine allfällige Mitverantwortung des Aufsichtsrates geklärt werden.

Karl-Heinz Marent von “Bregenz denkt” erwartet sich von der heutigen Stadtvertretung konstruktive Vorschläge zur Erledigung der Causa. “Bevor ich mir weitere Schritte überlege, will ich vorerst einmal abwarten, was geboten wird, welche Vorschläge kommen, um hier reinen Tisch zu machen.”

“Aus dem Ruder gelaufen”
Bürgermeister Markus Linhart erklärte auf einer Pressekonferenz, “die Sache angesichts von James Bond und Fußball-EM ist aus dem Ruder gelaufen.” Obwohl der damalige Geschäftsführer Dünser bereits im Sommer 2008 von den hohen Verlusten gewusst habe, sei der Ausschuss von ihm darüber nicht informiert worden. Noch bei Dünsers Abgang im Dezember 2008 habe ihm dieser lediglich von einer Überschreitung von 100.000 Euro berichtet. Das wahre Ausmaß sei erst im Laufe der Folgemonate bekannt geworden. Das Engagement von Bregenz Tourismus & Stadtmarketing in Sachen James Bond und Fußball-EM wird von Linhart jedoch verteidigt: “Es wäre sträflich gewesen, diese Chancen nicht zu nützen.”
HAPF

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