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Impfungen: 20 Millionen Kinder laut WHO nicht geschützt

Österreich hat mit einem anhaltenden Masern-Problem zu kämpfen.
Österreich hat mit einem anhaltenden Masern-Problem zu kämpfen. ©APA/BARBARA GINDL
Rund 20 Millione Kinder weisen weltweit unzureichendne Impfschutz auf. Seit 2016 staginiert die Schutzrate bei ungenügenden 86 Prozent.

Auch nach jahrzehntelangen Bemühungen weisen derzeit rund 20 Millionen Kinder unzureichenden Impfschutz aus. Die Schutzraten mit drei Dosen Diptherie-Tetanus-Pertussis-Vakzine (DTP) und zumindest einer Dosis einer Masern-Vakzine (in Österreich: Masern-Mumps-Röteln; MMR) stagniert weltweit seit 2016 bei ungenügenden 86 Prozent. Das stellte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am Montag fest.

WHO: Kinder mit größtem Risiko oftmals nicht geimpft

"Vakzine sind unsere besten Werkzeuge, um Krankheitsausbrüche zu verhindern und die Welt sicher zu erhalten", sagte WHO-Generaldirektor Tedros Sdhanom Ghebreyesus. "Während die meisten Kinder derzeit geimpft werden, bleiben noch viel zu viele zurück. Inakzeptabel ist es, dass dies oft jene Kinder sind, die das größte Risiko haben: die ärmsten, die am meisten am Rande der Gesellschaft lebenden, und jene, welche von bewaffneten Konflikten betroffen sind oder flüchten müssen. Auf sie wird ständig vergessen."

Die globalen Trends sprechen von einer Stagnation bei den Impfungen für Kinder weltweit: 1980 gab es noch rund 90 Millionen Kinder ohne entsprechendem Impfschutz. Bis in die 1990er-Jahre gelang es, ihre Zahl auf unter 40 Millionen zu bringen. Seit etwa 2010 dümpelt die Zahl der ungeimpften Kinder anhaltend bei um die 20 Millionen herum.

60 Prozent der ungeschützen Kinder leben in zehn Staaten

In nur zehn Staaten der Erde leben 60 Prozent der ungeschützten Kinder: In Nigeria (drei Millionen), in Indien (2,6 Millionen), in Indonesien und Äthiopien mit jeweils rund einer Millionen. Dann folgen die Philippinen, die Demokratische Republik Kongo, Brasilien, Angola und Vietnam. Die fragilste Situation gibt es weiterhin in von Kriegen bzw. bewaffneten Konflikten betroffenen Staaten wie Afghanistan, die Zentralafrikanische Republik, Tschad - bis hin zum Jemen.

2018: Weltweit fast 350.000 Masernfälle

Extrem besorgniserregend ist die Situation weltweit bezüglich der Masern. Nur der Impfschutz von mindestens 95 Prozent der Kindern mit zwei Dosen der Vakzine kann die hochansteckende Erkrankung ausrotten helfen. Das ist aber in vielen Weltregionen - so auch in Europa - noch nicht der Fall. "2018 gab es fast 350.000 Masernfälle weltweit. Das ist mehr als eine Verdopplung im Vergleich zu 2017.

Die Situation ist von Land zu Land verschieden. In der Ukraine mit der derzeit größten Häufigkeit von Masernerkrankungen gelang es beispielsweise, zwischen 2010 und 2018 die Rate der durch die erste Masernimpfung teilweise geschützten Kinder von 56 auf 91 Prozent zu erhöhen. In Rumänien fiel dieser Prozentsatz hingegen von 95 auf 90 Prozent.

Die WHO listet in ihren neuen Daten eine Durchimpfungsrate der Kinder mit der ersten MMR-Impfung von im vergangenen Jahr 95 Prozent auf. 2017 waren es 96 Prozent gewesen, 2016 95 Prozent. 2009 war man allerdings erst bei 76 gelegen. Für die zweite MMR-Impfung sieht es weiterhin deutlich schlechter aus: 2018 lag die Impfquote bei 84 Prozent, ebenso 2017 - 2016 waren es 89 Prozent gewesen. Freilich, im Vergleich zu 2009 (64 Prozent) konnte in den vergangenen Jahren doch ein deutlicher Anstieg erzielt werden.

Österreich mit anhaltenden Masern-Problemen

Seit Jahren versucht Österreich, die Masern zurückzudrängen bzw. zu eliminieren. Doch bei bis zum 10. Juli in Österreich aufgetretenen 134 Erkrankungen (2018 insgesamt 77) zeigt sich das erneute Verfehlen dieses Ziels. Eine Durchimpfungsrate von 95 Prozent mit zwei MMR-Vakzine-Dosen wurde erneut nicht erreicht, stellte das Gesundheitsministerium in einem "Kurzbericht Masern" fest.

Auch Österreich hat sich gegenüber der WHO dazu verpflichtet, das Ziel der Masernelimination zu verfolgen. "Um den dafür notwendigen Gemeinschaftsschutz zu erreichen, sind Durchimpfungsraten von 95 Prozent mit zwei Dosen eines Lebend-Impfstoffes gegen Masern notwendig. (...) Es werden zwei Dosen Masern-Mumps-Röteln-Impfstoff (MMR) ab dem vollendeten neunten Lebensmonat (= im zehnten Lebensmonat) empfohlen. Fehlende Impfungen können und sollen in jedem Alter nachgeholt werden", heißt es in dem Papier.

Österreich: 2019 bereits 134 Masern-Fälle

In Österreich sind bis vor wenigen Tagen (10. Juli) 134 Masern-Fälle in diesem Jahr registriert worden. Im ganzen Jahr 2018 waren es 77 gewesen. Im bisherigen Jahr gab es die meisten Masern-Erkrankungen in der Steiermark (38), in Wien (31), in Kärnten (25) und in Salzburg (17). Die absoluten Zahlen sagen aber zur Häufigkeit nichts aus. Kärnten hat nur rund 560.000 Einwohner, Wien hingegen rund 1,9 Millionen. Rund ein Sechstel der Erkrankungen betrafen Mitarbeiter des Gesundheitswesens. Seit Jahren tobt eine Debatte, ob man nicht zumindest für das Gesundheitspersonal die MMR-Impfung verpflichtend machen sollte. 2018 wurden in der WHO-Region Europa insgesamt mehr als 80.000 Erkrankungen gemeldet. Es gab 72 Todesfälle.

Kaum Fortschritte in Österreich

Österreich hat kaum Fortschritte gemacht. "Die Durchimpfungsraten für das Jahr 2018 unterscheiden sich fast nicht von den Durchimpfungsraten des Jahres 2017, so dass das Ziel einer 95-prozentigen Durchimpfungsrate mit zwei Impfdosen noch immer nicht erreicht wurde", stellte das Gesundheitsministerium fest.

Bei den Zwei- bis Fünfjährigen erreiche man die 95 Prozent zumindest bei der ersten Impfdosis. Bei der zweiten Impfung liege die Durchimpfungsrate jedoch bei ungefähr 82 Prozent hieß es. Das bedeutet, dass 47.000 Kinder in dieser Altersgruppe eine zweite MMR-Impfung erhalten sollten. In der Altersgruppe der Sechs- bis Neunjährigen liegen die Durchimpfungsraten für die erste Dosis ebenfalls bei 95 Prozent, für die zweite Dosis allerdings nur bei 89 Prozent. Hier tut sich bei rund 27.000 Kindern eine Impflücke auf.

"Die Zehn- bis 18-Jährigen sind generell sehr gut geimpft. Hier wird sogar mit der zweiten Impfdosis das Ziel einer 95-prozentigen Durchimpfungsrate knapp erreicht", heißt es in dem Kurzbericht. Hingegen liegt bei den 19- bis 30-Jährigen nur eine komplette Durchimpfungsrate von knapp 70 Prozent vor. Erst seit 1997 wird die zweite Impfdosis bei MMR empfohlen. Von dieser "Lücke" sind noch rund 350.000 Erwachsene betroffen.

Auffälligkeiten bei Durchimpfungsraten in Österreich

"Auffälligkeiten gebe es auch bei einzelnen Jahrgängen, speziell bei den Jahrgängen 2010 und 2014: bei den Achtjährigen sind fast zehn Prozent der Kinder komplett ungeimpft, und bei den Vierjährigen acht Prozent. Ein weiterer Einbruch der Durchimpfungsraten findet sich bei Personen, die in der Mitte bis Ende der 1990er-Jahre geboren wurden. Durch eine Umstellung der Impfempfehlung hinsichtlich Masern vom Volksschul- auf das Kleinkindalter blieben damals etwa acht Prozent der Personen ungeimpft", hieß es in dem Kurzbericht. Entgegen den Empfehlungen des österreichischen Impfplans werden nur rund 80 Prozent der Kinder mit der ersten MMR-Dosis und nur 44 Prozent der Kinder mit der zweiten Dosis innerhalb der ersten zwei Lebensjahre immunisiert.

(APA/Red)

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