Sie schlagen unisono Alarm. Die Vorarlberger Eigentümervereinigung, die Immobilien- und Vermögenstreuhänder sowie die Vorarlberger Bauinnung zeigen auf: Der Wohnbau boomt, der Leerstand an privaten Wohnungen ist enorm und gleichzeitig gibt es viele Menschen in Vorarlberg, die dringend Wohnraum suchen. Eine paradoxe Situation, welche das Steuergesetz, ab 1. Jänner 2016, und das geplante neue Mietrecht in Zukunft noch weiter verschärfen soll.
Gefährdetes Grundbedürfnis
Peter Keckeis, Innungsmeister Baugewerbe in der Wirtschaftskammer Vorarlberg, warnt vor den aktuellen Entwicklungen: “Wir brauchen dringend mehr Wohnraum in Vorarlberg. Wohnen ist neben Essen und Trinken ein Grundbedürfnis des Menschen. Deshalb sollte es ein Anliegen der Politik sein, diesem Bedürfnis nachzukommen. Aktuell wird aber leider genau das Gegenteil getan. Das Steuergesetz, das ab 1. Jänner 2016 gilt, sowie die geplante Mietrechtsnovelle der Bundesregierung sind Gift für leistbares Bauen und die Mobilisierung von Leerstand.”
Steuerbelastung für Wohnungssuchende
Die Vorarlberger Bauinnung beklagt, dass durch die aktuelle Steuerreform Wohnen und Bauen in Vorarlberg noch teurer werde. Die Bundesregierung erhöht die Besteuerung von Grundbesitz, Grunderwerb und die Weitergabe von Immobilien im Familienbereich.
Günther Ammann, Fachgruppenobmann der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der WKV, warnt davor, den heimischen Wohnungsmarkt mit diesen Belastungen noch weiter auszutrocknen: “Der Bund macht durch diese Maßnahmen den Bau dringend benötigter Wohnungen noch teurer, denn die Steuerbelastung bleibt natürlich am Endverbraucher hängen. Egal ob jemand ein Haus bauen, eine Wohnung kaufen oder mieten möchte: Die Steuererhöhung trifft den Endverbraucher und damit die Menschen mit Wohnbedarf.”
“Gesetzesbastler in Wien”
Zusätzlich zur höheren Steuerbelastung durch die Grunderwerb- und die Immobilienertragsteuer fallen weitere Kosten durch überbordende Bürokratie an: “Ab sofort wird für die vorschriftsmäßige Versteuerung ein Gutachten erforderlich sein, da der Bund besonders komplexe Regelungen vorschreibt. Dieser Bürokratie-Dschungel führt nicht nur zu höheren Kosten, sondern auch zu Rechtsunsicherheit”, so Ammann. “Die Gesetzesbastler in Wien sollten sich mit Praktikern beraten. Wir würden gerne einen Beitrag dazu leisten, dieses Durcheinander zu entwirren und Regelungen zu erarbeiten, die für die Menschen nachvollziehbar und praktikabel sind”, bietet Günther Ammann nach einem Seitenhieb in Richtung Wien auch Unterstützung an.
Mögliche Mietzins-Deckelung für ältere Wohnungen bei 5,50 Euro
“Aktuelle Überlegungen auf Bundesebene zur Änderung des Mietrechts stellen eine echte Bedrohung für den privaten Mietwohnungsmarkt in Vorarlberg dar”, erklärt Markus Hagen, Obmann der Vorarlberger Eigentümervereinigung. Die Pläne der Regierung fordern, dass der Mietzins für alle Wohnungen, die älter als 20 Jahre sind, bei 5,50 Euro gedeckelt werde. Lediglich für neue Wohnungen soll anfangs ein freier Mietzins vereinbart werden können. Ebenso soll die Lage ein wenig berücksichtigt werden. “Wieder einmal kommen von der Bundesebene untragbare Ideen. Für Vorarlberg und andere Bundesländer käme die Umsetzung dieser Vorschläge einer Katastrophe gleich”, so Hagen.
Vermieten nicht rentabel
Für Markus Hagen stellen diese Ideen nicht nur für Vermieter eine echte Bedrohung dar, sondern vor allem auch für Mieter. “In Vorarlberg herrscht erheblicher Bedarf an Mietwohnungen. Gleichzeitig stehen zahlreiche Wohnungen in Privatbesitz leer. Sollte für Wohnungen, die vor mehr als 20 Jahren errichtet wurden, tatsächlich eine Miet-Obergrenze von 5,50 Euro gelten, würden noch mehr Eigentümer auf die Vermietung verzichten. Sie können es sich schlicht nicht leisten, weniger einzunehmen, als sie an Darlehenstilgung, Steuern und Instandhaltung bezahlen müssen”, betont Hagen.
Unbefristete Mietverträge schrecken Vermieter
Weiters stehen Pläne im Raum, dass Wohnungen nur noch unbefristet vermietet werden dürfen. Befristete Verträge sollen nur möglich sein, wenn beim Vermieter “Eigenbedarf” besteht. Die Befürchtung, auch unangenehme Mieter kaum wieder loszuwerden, ist bereits jetzt für zahlreiche Wohnungseigentümer der ausschlaggebende Grund, die Wohnung lieber leer stehen zu lassen. “Falls sich diese Forderung durchsetzt, müsste ich als Eigentümervertreter den Menschen tatsächlich dazu raten, das Geld anderweitig zu investieren”, sagt Hagen. Die Leidtragenden wären am Ende wieder Menschen, die dringend Wohnraum suchen.
Aufforderung an Landeshauptmann Wallner
Bis 2030 benötige Vorarlberg durch das Bevölkerungswachstum 33.000 zusätzliche Wohnungen, die nicht von den gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften allein gedeckt werden könnten, ist sich die Vorarlberger Bauinnung einig: “Ohne den privaten Wohnungsbau wird die Lage auf dem heimischen Wohnungsmarkt untragbar.” Vor dieser Entwicklung warnen Vorarlbergs Eigentümervertreter seit Jahren, sagt Hagen: “Leider haben die meisten Änderungen im Mietrecht die Eigentümer immer nur schlechter gestellt. Die logische Konsequenz ist, dass weniger private Mietwohnungen zur Verfügung stehen.”
Um das zu verhindern, fordert Markus Hagen ein eigenes Wohnrecht für Vorarlberg, das Rücksicht nimmt auf die unterschiedlichen Situationen im jeweiligen Bundesland: “Hier ist nun der Landeshauptmann aufgefordert, aktiv zu werden. Wir brauchen ein Wohnrecht, das nicht in Wien, sondern hier in Vorarlberg gemacht wird und unsere Bedürfnisse und nicht jene im fernen Wien berücksichtigt.”
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