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Immer mehr Menschen in Not

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Die Sozialinstitutionen spüren die ersten Folgen der Jobkrise. Für Herbst wird eine regelrechte Flut erwartet.

Dem subjektiven Gefühl folgen nun erste Zahlen, die erahnen lassen, dass sich die Krise am Arbeitsmarkt in konkreter Armut niederschlägt. In emotionaler Armut, wenn Elisabeth Tos von der Telefonseelsorge ihre Anrufer analysiert: „Die Schwierigkeiten am Arbeitsplatz – Mobbing, Druck, Stress, die Arbeit zu verlieren – das alles nimmt zu.“ Vor allem aber geht es um materielle Nöte, die sich an verschiedenen Stellen ausdrücken bzw. ankündigen.

Rotierende Warnleuchten

So nimmt Stefan Allgäuer, Geschäftsführer des Instituts für Sozialdienste, „alle Vorwarnindikatoren“ wahr, aber noch keine verstärkten Beratungen. Konkret zeichnet Karlheinz Bonetti von der Schuldenberatung die gegenwärtige Situation: „Im ersten Halbjahr hatten wir 580 neue Klienten. Im ganzen vergangenen Jahr zählten wir insgesamt 1183 Fälle.“ Und doch bemerkt er seit Monaten eine Verschlechterung der Situation; „Viele unserer Leute sind arbeitslos.“ Immer öfter tauchen Hilfsarbeiter auf, die plötzlich ohne Überstunden klar kommen müssen und mit den übrig gebliebenen 1000 Euro im Monat kein Auslangen finden. „Die Probleme nehmen überhand, wenn die engen Zahlungspläne nicht mehr zu halten sind.“

Viele bei den Vorträgen

Einmal im Monat bietet die Schuldenberatung des IfS in den Räumen der Unternehmensberatung Comino Informationsvorträge zum Privatkonkurs an. Wer kann einen Antrag stellen? Wie läuft das Verfahren ab? 2008 besuchten 376 Interessierte die zwölf Veranstaltungen. „Heuer waren schon 234 Interessenten da.“ Fazit: Vergangenes Jahr waren 721 oder 26 Prozent der IfS-Klienten arbeitslos. „Heuer rechnen wir mit einem Anstieg auf 35 Prozent.“ „Zahlen“, schüttelt Peter Hämmerle, Leiter der Sozialhilfe der Landesregierung, den Kopf, „Zahlen sagen nichts aus über die Intensität der Fälle.“ Dennoch verzeichnet auch er einen Anstieg der Anträge in der offenen Sozialhilfe. Seit April gehen die Zahlen hoch. Aber auch er erwartet die wirkliche Flut erst im Herbst 2009. Michael Natter von der Caritas sieht das ähnlich. Im ersten Halbjahr bearbeiteten die SOS-Beratungsstellen der Caritas 1000 Fälle, „dahinter stehen bis zu 3000 Menschen“. Im Jänner kamen 35 neue Fälle hinzu, im Mai stieg die Zahl der Neuzugänge schon auf 50 an. Dass Kurzarbeit oder das Fehlen eines Zweiteinkommens Familien bedrücken, erlebt er alle Nase lang. Die Caritas klärt bei jedem Fall erst „die Prioritäten einer Existenzsicherung“ ab. Dann beginnt der Kampf ums Überleben „durch Vermittlung oder Überbrückungshilfen“. Allen Institutionen – IfS, Telefonseelsorge, Caritas und Land – ist eines gemeinsam: Der bange Blick Richtung Herbst. Denn was sich jetzt am Arbeitsmarkt in düsteren Zahlen ausdrückt, steht großteils erst mit mehrmonatiger Verspätung vor der Tür.

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