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Igel ist Wildtier des Jahres 2009

Die Schutzgemeinschaft Deutsches Wild (SDWi) und verschiedene Naturschutz-Organisationen haben den Igel zum "Wildtier des Jahres 2009" ernannt.

Im Lungau ist vor allem der Ostigel beheimatet, im übrigen Bundesland kommt hauptsächlich der West- oder Braunbrustigel vor. Igelnachweise in Europa datieren bis vor die letzte Eiszeit. Damals wurde die Art in die eisfreien Teile des Kontinents abgedrängt, um später erneut einzuwandern. Igel erreichen ein durchschnittliches Alter von drei bis vier Jahren, eine Größe von bis zu 30 Zentimetern und ein Gewicht von 800 bis 1.500 Gramm. Die Männchen sind schwerer als die Weibchen. Igel meiden Begegnungen mit Artgenossen, bis auf die Paarungszeit sind sie Einzelgänger.

Der Ostigel – er ist eng mit dem Westigel verwandt – ist an ein wärmeres Klima angepasst. Sein Hauptverbreitungsgebiet umfasst österreichweit gesehen das Burgenland, die Steiermark, Kärnten, Osttirol, Wien, Niederösterreich und die östlichen Teile Oberösterreichs. Im Land Salzburg kommt er nur im Lungau vor. Ostigel wurden in der letzten Eiszeit nach Süden abgedrängt und wanderten nach Ende der Eiszeit über das Grazer Becken wieder ein. Von Süden gelangte er über das Murtal bis in den Lungau, wo er bis in Höhen von 1.100 Metern vordringt. West- und Ostigel stehen dort, wo sie gemeinsam vorkommen, wegen der ähnlichen Lebensraumansprüche in einem Konkurrenzverhältnis, das sich beim Ostigel in einem früheren Geburtstermin und einem größeren Schädel gegenüber dem Westigel (Startvorteil und damit bessere Überlebenschancen) manifestiert.

Igel benötigen verschiedenartigste Lebensraumtypen

Das Wildtier des Jahres 2009 braucht reich gegliederte Lebensräume: Igel benötigen Hecken und Gebüsche als Nistmöglichkeit und kleinräumige Strukturen. Gerne werden auch verlassene Säugerbauten, Felsspalten und hohle Baumstämme als Verstecke angenommen. Igel kommen in der abwechslungsreichen Kulturlandschaft, aber auch in Wäldern dort, wo sie genügend Verstecke finden, vor. Westigel sind ursprünglich Waldtiere, während Ostigel an die offene Landschaft angepasst sind. Die heutigen uniformen Wirtschaftswälder mit vielen Fichten bieten den Igeln kein Zuhause mehr. Auch aus dem intensiv bewirtschafteten Landwirtschaftsraum sind sie verschwunden.

Igel benötigen ein reichhaltiges Nahrungsangebot: Laufkäfer, Regenwürmer, Schmetterlingslarven, Frösche und Kröten. Im Garten gelten sie als Schneckenvertilger und sind deshalb bei den Gartenbesitzern sehr beliebt. Gartenbewohnende Igel sind Kulturfolger, sie kommen in die Nähe des Menschen und nehmen angebotenes Wasser an. Man darf ihnen keine Milch füttern, denn Igel können den Milchzucker nicht verwerten und bekommen Durchfall. Igel identifizieren ihre Nahrung mit dem Jacobsonschen Organ, dessen Leistungen bisher zu zahlreichen Fehlinterpretationen Anlass gaben. Hierbei handelt es sich um ein spezielles Geruchsorgan im Gaumendach. Riecht und kaut ein Igel einen für ihn attraktiven Gegenstand, bildet sich zunächst schaumiger Speichel, der durch einen schlauchartigen Gang hinter den Schneidezähnen in das mit Sinneszellen ausgestattete Jacobsonsche Organ befördert wird. Ähnlich den Reptilien werden Duft- beziehungsweise Geschmacksmoleküle mit der Zunge aufgenommen und mit diesem zusätzlichen Sinnesorgan geprüft. In Erregung, wenn die Atemfrequenz steigt, hört man den Igel auch oft laut schnüffeln, schnaufen und schmatzen, um mit diesem Organ die Umwelt zu identifizieren.

Igel schlafen am Tag und jagen nachts. Nur ausnahmsweise sind sie tagsüber außerhalb des Nestes zu finden. In der Dämmerung durchstreifen sie ihr Jagdgebiet. Sie schnüffeln fortwährend in der Luft und nehmen dadurch sowohl Beute als auch potenzielle Bedrohung wahr. Durch diese Geräusche sind sie bei Dunkelheit gut wahrnehmbar; Gartenbesitzer werden diese Geräusche sicherlich kennen. Igel besitzen einen hervorragenden Gehör- und Geruchssinn. Der Sehsinn ist entsprechend der nächtlichen Lebensweise schlecht ausgebildet.

Igel sind echte Winterschläfer

Igel halten wie zahlreiche andere Säugetiere Winterschlaf, um Energie zu sparen und die nahrungsarme Zeit besser zu überbrücken. Sie setzen im Sommer ein Fettpolster an, und können damit als Reservespeicher während des Winterschlafs mit einem herabgesetzten Energieumsatz bis zu sechs Monate ohne Futter auskommen. Sie verlieren im Winterschlaf 20 bis 40 Prozent ihres Körpergewichts. Alle physiologisch wichtigen Lebensvorgänge wie Herzschlag, Atmung, Körpertemperatur werden auf ein Minimum gedrosselt. So beträgt die Atmung fünf bis acht Züge pro Minute, das Herz schlägt 18 bis 22 Mal pro Minute, die Wärmeregulation ist abgeschaltet.

Um der durch den langsameren Blutstrom erhöhten Blutungsgefahr entgegenzuwirken, wird vermehrt Heparin, das der Thrombosegefahr entgegenwirken soll, gebildet. Für den Winterschlaf suchen Igel Laub-, Reisig- und Komposthäufen auf. Gartenbesitzer sind deswegen aufgerufen, solche Häufen rechtzeitig im Frühherbst an windgeschützten Stellen anzulegen. Während des ersten Winterschlafes sterben etwa 60 Prozent der Jungtiere.

Pro Wurf bis zu sieben Junge

Igel sind Einzelgänger: Sie meiden bis auf die Paarungszeit Begegnungen mit Artgenossen. Die Brunst beginnt nach dem Winterschlaf im April und dauert etwa bis Juli/August. Normalerweise bringen die Tiere nach einer Tragzeit von fünf bis sechs Wochen zwischen Juli und September einmal im Jahr bis zu sieben Junge zur Welt. Nur in klimatisch günstigeren Gegenden kann ein zweiter Wurf erfolgen. Igeljunge sind bei Geburt fünf bis neun Zentimeter lang, wiegen zwischen zwölf und 25 Gramm und sind blind und taub. Ihre Unterseite ist rosa, der Rücken grau und haarlos, die Stacheln werden etwas später ausgebildet. Igeljunge werden bis zur sechsten Lebenswoche gesäugt. Sie werden mit neun bis elf Monaten geschlechtsreif.

Igel haben wenig Feinde. Feinde der Igel sind Greifvögel und Uhus, die mit ihren scharfen Krallen den eingerollten Igelkörper öffnen können, und Füchse. Bei Gefahr kann sich der Igel zusammenrollen und mittels eines von der Evolution ausgeklügelten Muskelsystems die Rückenhaut über den Kopf ziehen und dabei die Stacheln aufstellen, er wird so zur unangreifbaren Stachelkugel.

Igel leiden auch unter Schmarotzern wie Zecken, Flöhe, Milben, verschiedene Würmer und Endoparasiten, die durch den Verzehr von Schnecken und Insekten aufgenommen werden.

Durch Straßenverkehr sehr gefährdet

Straßenverkehr kann die Igeldichte um 30 Prozent senken. Sie leben heute zum großen Teil im Siedlungsbereich, der stark mit Straßen durchzogen ist. Besonders Männchen, die während der Paarungszeit große Strecken zurücklegen, um Weibchen zu suchen, werden dabei überfahren. Wegen der Verarmung der Landschaft durch die moderne Land- und Forstwirtschaft (Düngung, Biozideinsatz, Flurbereinigung und forstliche Monokulturen) nehmen Igel Gärten und Parks gerne als Rückzugsgebiet an. Leider sind sie auch hier zahlreichen Gefahren ausgesetzt: Rasenmäher, Kunstdünger, Entzug der Nahrungsgrundlage durch Einsatz von Pestiziden und Insektiziden.

Igel sind auf der Roten Liste der geschützten Tiere Österreichs als gefährdete bis stark gefährdete Tierart ausgewiesen. Sowohl West- als auch Ostigel sind stark anthropogen beeinflusst: Sie reagieren sehr empfindlich auf Änderungen in ihrem Habitat wie Düngung, Pestizideinsatz und Melioration sowie Beseitigung von Kleinstrukturen wie Hecken. Eine starke Gefährdung ist auch durch Aufräumwut in Gärten und Parks sowie Besatz durch standortfremde Gehölze (Neophyten) gegeben. Igel sind im Bundesland Salzburg durch die Tier- und Pflanzenarten-Schutzverordnung geschützt.

 

Quelle: LPB

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