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„Ich bin und bleibe Vollblut- Gastronom!“

Seit 50 Jahren ist Hermann Metzler bereits in der Gastronomie.
Seit 50 Jahren ist Hermann Metzler bereits in der Gastronomie. ©MiK
Hermann Metzler (69) schließt die Disco Calypso in Bregenz. WANN & WO traf ihn zum Abschiedsgespräch.

WANN & WO: Herr Metzler, nach 14 Jahren schließen Sie das Calypso in der Innenstadt. Ist ein wenig Wehmut dabei?

Hermann Metzler: Da ist sogar ziemlich viel Wehmut dabei. Ich habe immerhin 50 Jahre in der Gastronomie gearbeitet und sehr viele Stammgäste, die mir seit 1977, als ich in Bregenz angefangen habe, treu sind. Viele waren schon hier im Calypso, um mir alles Gute für die Rente zu wünschen.

WANN & WO: Die Hypo Bank als Besitzer des Hauses will das Lokal nicht weitervermieten, sondern ein Büro daraus machen. Haben Sie sich das Ende anders vorgestellt?

Hermann Metzler: Ja. Einfacher und vor allem mit weniger finanziellem Verlust. Ich habe doch sehr viele Jahre daraufhin gearbeitet, dass wir ein Aus- und Einkommen haben. Und jetzt will die Hypo nicht mehr, dass das Lokal weitergeführt wird – aus welchen Gründen auch immer. In den nächsten drei bis fünf Jahren, bis zur Fertigstellung des Seeareals, ist nach Aussage von Herrn Grahammer kein Umbau für das Lokal gedacht, aber irgendwer will es halt trotzdem nicht mehr. Die tolle Ablöse, die man mir bei einer Übernahme des Lokals gezahlt hätte, ist damit natürlich dahin.

WANN & WO: Wieso haben Sie sich dazu entschlossen, die Disco genau jetzt zu schließen?

Hermann Metzler: Ich habe eigentlich auf den 31. Oktober gekündigt, weil ich noch ausräumen muss. Es ist so, dass ich mit 70 Jahren nicht mehr im Nachtgeschäft sein will. Das heißt nicht, dass ich der Gastronomie für immer den Rücken zudrehe, ich bin ein Vollblutgastwirt, aber nachts möchte ich nicht mehr arbeiten.

WANN & WO: Auch mit 69 Jahren haben Sie selbst noch bis morgens um 6 Uhr im Lokal gearbeitet. Wieso tut man sich das an?

Hermann Metzler: Was soll ich sagen? Ich habe den Beruf von der Pike auf gelernt und allein schon der Kontakt zu den Gästen ist mir extrem wichtig. Ich möchte, dass der Betrieb bis zur letzten Sekunde anständig geführt wird. Die Gäste schätzen natürlich auch die Anwesenheit eines Chefs. Und so haben meine Frau und ich die letzten 34 Jahre im Nachtgeschäft miteinander gemanagt. Wir kriegen auch immer wieder von den Leuten zu hören, wie toll es ist, einen Chef als Ansprechpartner zu haben.

WANN & WO: Wie hat der Chef denn eigentlich in der Gastronomie angefangen?

Hermann Metzler: 1965 ging ich nach Hamburg, damals noch als Textiltechniker. Nebenbei habe ich abends in einer Gaststätte als Kellner gearbeitet. Dann bin ich eineinhalb Jahre zur See gefahren – die beste Zeit meines Lebens. Anschließend, 1968, habe ich meine Koch- und Kellnerlehre im Weißen Kreuz in Bregenz gemacht. Seitdem bin ich in der Gastronomie, habe auch viel auf Saison gearbeitet. Seit 1977 bin ich in Bregenz selbständig. Am längsten mit der Nachtigall in Bregenz, die ich 23 Jahre geführt habe. Das Calypso hier in der Stadt hat es nun 14 Jahre lang gegeben.

WANN & WO: In welchem Lokal hatten Sie die beste Zeit?

Hermann Metzler: Das „alte“ Calypso im Vorkloster war schon kultig. So ein bisschen verrucht.

WANN & WO: Wahrscheinlich haben Sie auch die eine oder andere gute Anekdote?

Hermann Metzler: Da gibt es sehr, sehr viele! Schön war es immer in der Nachtigall, da haben wir Heiratsanträge auf Knien erlebt, auf der Tanzfläche mit dem Mikrofon. Eifersuchtsszenen hatten wir auch wahnsinnige. Oder Männer, die zu mir kamen und sagten, „Wenn ich mit meiner Frau komme, kennst du mich nicht!“ Natürlich hatten wir auch tolle Musiker in der Nachtigall, Jürgen Drews oder Waterloo zum Beispiel.

WANN & WO: Und die weniger schönen Geschichten?

Hermann Metzler: Einen sehr großen Tiefschlag gab es vor der Eröffnung der Nachtigall, als ich von einem Nachbarn beeinsprucht wurde, weil ich angeblich ein Puff bauen würde. Das hat mich ein halbes Jahr und viel Geld gekostet. Ich musste zu allen Behörden rennen und mit ihnen verhandeln.

WANN & WO: Sie werden oft als sehr herzlicher, immer gut gelaunter Mensch bezeichnet. Ist das so?

Hermann Metzler: Ich glaube, über eine so lange Zeit kann man nicht spielen. Ich habe wirklich Spaß am Beruf und an den Menschen. Allerdings bin ich schon auch jemand, der ernsthaft zornig werden kann. Wenn man sich daneben benimmt, macht mich das böse. Prinzipiell bin ich aber schon ein gut aufgelegtes und vor allem ausgeglichenes Naturell. Dafür sorgt vor allem auch meine Ehe, die immer schon sehr gut funktioniert hat. Das ist sehr wertvoll.

WANN & WO: Hätte die gastro-nomische Selbstständigkeit ohne die Unterstützung Ihrer Frau überhaupt funktioniert?

Hermann Metzler: Ich bin mit Ulli seit 28 Jahren in dritter Ehe verheiratet. Ohne eine gute Ehe kann es nicht klappen. Das ist so. Sonst kann man sich nicht auf die Arbeit konzentrieren. Schlimm ist auch, wenn dich eine Frau zum Bürohengst ummodeln will. Aber ich bin und bleibe Vollblutgastronom!

WANN & WO: Als solcher, gerade als Discobetreiber mitten in Bregenz, muss man sich auch um die eigene Sicherheit und die der Gäste kümmern, oder?

Hermann Metzler: Sicherheit ist ein ganz großes Thema in einer Disco! Wir hatten am Wochenende immer mindestens drei Securitys an der Tür, um zu sortieren. Das waren langjährige Mitarbeiter, die alle „Pappenheimer“ kennen und die ich auch dementsprechend instruiert habe. So hatten wir keine großen Probleme. Am schlimmsten war es eigentlich immer, wenn sich zwei Expartner über den Weg gelaufen sind und versucht haben, den neuen Freund oder die neue Freundin aufzuhetzen. Das gab oft Streit.

WANN & WO: Ist Alkohol Ihrer Meinung nach ein Problem?

Hermann Metzler: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Alkohol das kleinere Problem ist. Persönliche und zwischenmenschliche Fehden sind viel öfter ein Thema.

WANN & WO: Welche anderen Probleme haben Gastwirte heute?

Hermann Metzler: Ein großes Problem ist, dass ich nicht selektieren kann, wen ich hereinlasse. Solange die Person alt genug und nicht gerade sturzbetrunken ist, darf ich sie nicht abweisen. Das kann schief gehen. Vandalismus ist auch ein Punkt. Dauernd wird etwas kaputt gemacht, die Leute finden das witzig und denken einfach nicht nach.

WANN & WO: Gehen Sie selbst auch noch gern aus?

Hermann Metzler: Ja, aber nur zum Essen. In meiner Freizeit will ich keine Nachtlokale und vor allem keine Musik!

WANN & WO: Und welche Pläne haben Sie für Ihren Ruhestand?

Hermann Metzler: Die Pläne sind ganz einfach: Ich weiß nicht, was ich jetzt tue!

Die gesamte der Ausgabe der WANN & WO lesen Sie hier!

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