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„Ich bin nicht zufrieden, wie die Politik mit uns umgeht!“

©Sams
Vor dem Heimspiel-Auftakt traf W&W Bulldogs-Manager Alexander Kutzer zum Sonntags-Talk.

von Martin Begle/Wann & Wo

WANN & WO: Wie zufrieden bist du mit der Saisonvorbereitung?

Alexander Kutzer: Vom Ablauf her bin ich sehr zufrieden, Ergebnisse in der Vorbereitung sind zweitrangig. Die teils schweren Verletzungen sind allerdings nicht so prickelnd.

WANN & WO: Welchen Stellenwert hat Eishockey in Vorarlberg?

Alexander Kutzer: Es hat einen riesigen Stellenwert, zumindest bei den Leuten. Wir haben eine Erst- und drei Zweitligamannschaften. Das gibt es in ganz Österreich nirgends in dieser Dichte und es ist auch ein großer Vorteil. Ich mache aber keinen Hehl daraus, dass ich nicht zufrieden bin, wie die Politik mit uns umgeht. Man hat uns ganz andere Dinge versprochen, als wir in die erste Liga gegangen sind.

WANN & WO: Ist Profi-Eishockey in Vorarlberg finanzierbar?

Alexander Kutzer: Das geht nur mit Gönnern und Sponsoren. Unsere Partner unterstützen uns nicht nur, sondern gehen den Weg auch mit uns und wachsen mit uns. Wir machen aber nicht nur Profi-Eishockey, sondern haben manche Dinge im Verein vor allem im Nachwuchs dadurch auch umstellen können. Der EC Bregenzerwald ist unser Kooperationsteam, wo sehr viele Junge von uns spielen und auf das Erwachseneneishockey vorbereitet werden. Diese Synergieeffekte, sind gerade im Aufbau, brauchen aber auch Zeit.

WANN & WO: Es ranken sich um die Beziehung zu Red Bull bzw. Rauch ja einige Gerüchte. Was sagst du dazu?

Alexander Kutzer: Ich kenne diese Gerüchte nicht, sondern nur den Blödsinn, den manche Vorarlberger Medien schreiben. Die Firma Rauch ist unser Sponsor. Das ist jedem bekannt. Das Rauch ein Partner von Red Bull und anderen Firmen ist, ist auch jedermann bekannt. Darum ranken sich einige Gerüchte, aber die möchte ich nicht kommentieren. Was andere da hineindichten wollen, sollen sie ruhig machen.

WANN & WO: Wie reagierst du auf Kritik, dass wenige Vorarlberger bei den Bulldogs spielen?

Alexander Kutzer: Das sind auch wieder Leute, die sich nicht damit befassen. Man kann nicht in sechs Jahren den Nachwuchs produzieren, den du in der ersten Liga brauchst. Das dauert sicher 20 bis 25 Jahre. Im aktuellen Nationalteam sind aber zehn Vorarlberger, acht aus Dornbirn. Es wird aber sicher noch einige Jahre dauern, bis man in der ersten Mannschaft eine Dornbirner Übermacht erkennt. Da spielen andere Faktoren eine wichtige Rolle.

WANN & WO: Die da wären?

Alexander Kutzer: Wir haben noch nicht die Strukturen die es für eine noch bessere Nachwuchsarbeit brauchen würde. Keine Nachwuchsmannschaft hat eine eigene Kabine! Die fünf Profi-Nachwuchstrainer in Dornbirn haben weder eine Dusche noch ein WC in ihrer Trainerkabine. Davon redet niemand. Darum spielen wir aber auch mit dem Nachwuchs der Schweiz, da hat Eishockey im Schulsystem und im Arbeitsleben einen anderen Stellenwert.

WANN & WO: Warum wäre das so wichtig?

Alexander Kutzer: Im Nachwuchs braucht es einfach eine breite Basis. Die Besten werden, wie auch jetzt schon, zu anderen Vereinen in höhere Ligen wechseln. Darum ist es unsere Aufgabe, so viele gute Junge zu produzieren, dass wenn die Besten gehen, noch genügend Qualität bleibt. Hierfür müssen wir aber in Dornbirn die Strukturen schaffen.

WANN & WO: Was meinst du damit konkret?

Alexander Kutzer: Wir müssen zwölf Monate im Jahr trainieren können und die Spieler brauchen das ganze Jahr über Physiotherapeuten, Konditionstrainer, Mentalcoaches, etc. Eine Profimannschaft ist das Eine, aber wir sind nach wie vor ein normaler Verein. Eine Profistruktur aufzubauen, die beim Siebenjährigen beginnt, braucht Zeit. Man kann einen Spieler nicht ins Profiteam aufnehmen, nur weil er Vorarlberger ist. Jeder, der mit Lehrlingen zu tun hat, wird das verstehen. Es geht um einen guten Ausbildungsweg und nicht darum, die Jungen zu früh zu verheizen. Auch wenn das die Politik nicht hören will, es ist die Wahrheit. Viele schimpfen, dass wir mit so vielen Ausländern spielen. Keiner redet davon, dass die VEU damals mit 16 Ausländern Europacupsieger wurde – die meisten waren halt eingebürgert. Das finde ich nicht in Ordnung, weil das oft falsch dargestellt wird.

WANN & WO: Spielst du selbst noch Eishockey?

Alexander Kutzer: Ein bisschen bei den Altherren, ja. Wir Dornbirner haben alle irgendwann mal Eishockey gespielt, kommt mir vor (schmunzelt). Für mich ist Eishockey noch eine der wenigen sauberen, ehrlichen und transparenten Sportarten. Wenn einer gecheckt wird, dann wird er gecheckt. Wenn einer ein Problem mit einem anderen hat, löst er das auf dem Eis. Der Sport soll einem etwas für das Leben mitgeben. Man soll lernen, miteinander auszukommen, Konflikte zu lösen, etwas zu bewegen, Niederlagen und Siege zu erleben. Auch wie unsere Fans mit dem Sport mitleben, ohne religiöse, rassistische oder homophobe Dinge einfließen zu lassen, finde ich toll.

WANN & WO: Wie nahe lässt man verbale Anfeindungen an sich heran?

Alexander Kutzer: Überhaupt nicht. Seit ich diesen Job mache, blende ich die Berichterstattung oder Foren aus. So kann man objektiv bleiben und lässt sich nicht beeinflussen. Das heißt aber nicht, dass wir niemanden haben, der das macht. Das wird natürlich beobachtet und wenn jemand rufschädigend agiert, wird er auch belangt. Jeder, der mich auf dem Eis kennt, weiß, wie emotional ich als Mensch, Eishockeyspieler oder Motocross-Fahrer bin. Mit anderen Dingen muss man aber ganz sachlich umgehen. Früher hätte man dich aber als Person, mit dem richtigen Namen auf Dinge angesprochen. Durch die heutigen multimedialen Möglichkeiten und die Anonymität, die sie mitbringen, kann man es nicht mehr ernst nehmen, wenn einer in seiner Freizeit frustriert irgendeinen Blödsinn in ein Forum schreibt. Der Vorarlberger will bei allem das Beste, es darf aber nichts kosten und muss außerdem genau so sein, wie er sich das vorstellt. Der Sport hat aber auch eine sozialpolitische Aufgabe.

WANN & WO: Wie meinst du das?

Alexander Kutzer: Diese Leute, die zwei bis drei Mal die Woche hierher kommen, ein zusätzliches Ventil um mit Furst Freud und Leid umzugehen. Ich habe kein Problem, wenn hier Leute in der Halle mit Herz und Emotionen dabei sind, jeden und alles hinterfragen und auch mal die Schiedsrichter anfeuern, dieses Ventil brauchen die Leute. Das darf aber nicht in Richtung Hooligans gehen, wo andere beschimpft, belästigt oder gar körperlich verletzt werden. Emotionen gehören dazu, wenn aber einer in einem anonymen Forum gezielt private oder Geschäftsschädigende Äüsserungen von sich gibt, habe ich kein Verständniss dafür gehört sich nicht.

WANN & WO: Wie ehrgeizig bist du, wenn du selbst Sport machst?

Alexander Kutzer: Ich mache das, weil es Spaß macht. Ich mache es aber nicht zum Spaß. Eishockey spiele ich, um zu gewinnen. Das war aber nur mein Ausgleichssport zum Motocross. Jeder, der mich kennt, wird dir sagen: „Wenn der Depp fährt, musst du schauen, dass du aus dem Weg kommst, sonst fährt er dich über den Haufen!“ Es geht um die Einstellung zu etwas, sein Bestes zu geben. Das war in allen meinen Berufen auch so. Was ich mache, das mache ich zu 100 Prozent. Man muss an die Grenzen gehen. Dieser Ehrgeiz macht mich aus, sei es als Chef, Eishockeyspieler oder Motocross-Fahrer.

WANN & WO: Ist das ein Vorarlberger Phänomen?

Alexander Kutzer: Vorarlberger oder Dornbirner werden auch heute manchmal noch belächelt. Aber es gibt viele Unternehmer und Funktionäre im Ländle, die mit der typischen „Euch werden wir es schon noch zeigen“-Mentalität aufgewachsen sind. Das sind wir Vorarlberger.

WANN & WO: Gibt es Dinge, die dich zornig machen?

Alexander Kutzer: Wenn Entscheidungen aus Egoismus, Neid, Hass oder einem Selbstdarstellungstrieb anders getroffen werden. Falsche Arroganz, unfaire Vergleiche oder persönliche Befindlichkeiten haben bei sowas nichts verloren. Das ist respektlos gegenüber der Arbeit, die wir leisten.

WANN & WO: Wie wichtig ist dir die Unterstützung deiner Familie?

Alexander Kutzer: Ohne die würde es nicht gehen. Welche Frau akzeptiert denn schon, dass man 18 Stunden am Tag arbeitet? Welche Kinder akzeptieren, dass du ihre eigenen Eishockeyspiele nicht ansehen kommst, weil du woanders zu tun hast?

WANN & WO: Spielen deine beiden Jungs Eishockey?

Alexander Kutzer: Ja, aber da halte ich mich raus. Ich möchte nicht, dass sie etwas machen, weil sie meine Söhne sind. Sie sollen es machen, weil sie es wollen. Der Sohn von Michael Schumacher wird immer an seinem Vater gemessen. Das ist nicht fair und das möchte ich meinen Jungs ersparen.

WANN & WO: Wie geht deine Familie mit deiner Rolle in der Öffentlichkeit um?

Alexander Kutzer: Meine Söhne verfolgen natürlich die Medienberichterstattung und fragen auch nach, wenn sie nicht verstehen, warum dies und jenes über mich geschrieben wird. Aber wenn man in der Öffentlichkeit steht, muss man damit umgehen. Ohne Familie geht es nicht, aber sie gerät oft in Sachen hinein, wo du es eigentlich nicht möchtest. Diese Nähe bringt also nicht nur Vorteile mit sich.

WANN & WO: Wie hast du den Sommer verbracht?

Alexander Kutzer: Mit meinen Angestellten im Büro, wo wir versucht haben, ein geiles Team zusammenzustellen, das wieder um die Playoffs mitspielt. Dafür haben wir den ganzen Sommer bei Schweinehitze gearbeitet. Ich glaube, wir haben eine Charaktermannschaft, in der alle kämpfen, bis sie umkippen. Es wird eine spannende Saison.

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