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"Ich bekam sogar Morddrohungen"

Dejan N. erzählt seine Geschichte.
Dejan N. erzählt seine Geschichte. ©WANN & WO/Sabrina Grabher
Dejan N. (36) war verheiratet und ist Vater zweier Kinder. Als sich der gebürtige Bregenzer mit serbischen Wurzeln als homosexuell outete, stieß er bei zahlreichen Freunden, Bekannten und auch seiner Familie auf Verachtung.

WANN & WO: Zum Zeitpunkt deines Outings warst du noch verheiratet. Was hat dich zu dem Schritt bewogen und wie hat deine Frau darauf reagiert?

Dejan N.: Ich führte lange einen inneren Kampf, wollte nicht wahrhaben, dass ich schwul sein könnte. Ich kapselte mich immer mehr von meiner Frau und der Außenwelt ab. Mit 29 gestand ich mir dann selbst ein, dass ich auf Männer stehe. Ein Jahr später kam es zum Outing. Meiner Partnerin ging es sehr schlecht, als ich mich ihr gegenüber öffnete. Sie war niedergeschmettert und fühlte sich als Frau verletzt – es war eine sehr schwierige Situation.

WANN & WO: Wie ging es dann ­weiter? Ihr habt ja zusammen auch noch zwei Kinder.

Dejan N.: Nachdem ich mein Outing hatte, ließen wir uns scheiden. Mit 29, 30 Jahren ist man ja noch recht jung und wir hatten beide noch die Chance, ein neues Leben zu beginnen. Den Kindern war die Situation am Anfang gar nicht so bewusst – das kam erst mit der Zeit.

WANN & WO: Hast du noch Kontakt zu deiner Ex-Frau und den Kindern?

Dejan N.: Ja, wir haben mittlerweile ein freundschaftliches Verhältnis und ich sehe die Kinder auch regelmäßig. Sie haben auch meinen Partner Robert, mit dem ich seit einiger Zeit in Deutschland zusammenlebe und auch bereits seit zwei Jahren verlobt bin, als Stief-Daddy akzeptiert. Sie kommen bestens miteinander aus.

WANN & WO: Wie hat dein Umfeld reagiert?

Dejan N.: Ich habe serbische Wurzeln und mein Vater hat mich aus der Familie verstoßen. Er lebt noch nach alten Familienwerten und hat großen Einfluss auf meine Mutter und meinen Bruder. Mein Vater hat beispielsweise verboten, dass ich auf die Hochzeit meines Bruders komme. Das hat mich sehr verletzt. Aber auch in meinem Freundes- und Bekanntenkreis ist mir viel Verachtung und Hass entgegen gebracht worden. Ich bekam sogar Morddrohungen und musste die Polizei einschalten.

WANN & WO: Wie siehst du die Lage Homosexueller in den Balkan-Ländern?

Dejan N.: Ich war schon lange nicht mehr in der alten Heimat. Was dort passiert, bekomme ich zum größten Teil über die Medien mit. Aber es ist definitv so, dass Homosexuelle dort keinerlei Rechte haben. Es kommt zu Verfolgungen und Ermordungen. Familienehre ist ein großes Thema – auch mir wurde vorgeworfen, ich hätte sie beschmutzt. Ich kenne viele Homosexuelle – Serben, Kroaten, Türken –, die mit dieser Situation leben müssen. Es ist sehr schlimm, wie mit diesen Menschen umgegangen wird. Ich würde mir ein Umdenken wünschen: freie Meinungsäußerung, freies Bewegen – wie hier in der EU. Aber davon ist man in den Balkan-Ländern noch 30 bis 40 Jahre entfernt.

WANN & WO: Könntest du dir vorstellen, Serbien trotz aller Schwierigkeiten wieder zu besuchen?

Dejan N.: Ja. Robert und ich planen auch schon eine Reise dorthin. Ich möchte ihm unbedingt zeigen, wo ich herkomme. In den Großstädten ist es nicht ganz so problematisch: Die jungen Städter sind bereits toleranter, als mancher Gastarbeiter hier in Vorarlberg.

„Danke, dass ihr hinter mir steht!”

Dejan N. wurde in Bregenz geboren, verbrachte seine Kindheit in Serbien und kam Anfang der 90er-Jahre zurück nach Vorarlberg. Vor sechs Jahren outete er sich, seine Ehe ging in die Brüche. Dejan arbeitet bei Alge Elastic in Lustenau und möchte sich an dieser Stelle bei seinen Arbeitskollegen bedanken: „Mein Chef ist sehr tolerant und auch meine Mitarbeiter haben mich toll aufgenommen. Danke, dass ihr hinter mir steht!”

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(WANN & WO)

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