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I: Fernsehen ist Berlusconis bester Freund

Die Legislaturperiode ist zu Ende, Italien stehen nun zwei spannende Monate Wahlkampf vor den Parlamentswahlen am 9. und 10. April vor. Heute kontrolliert er drei national ausgestrahlte Fernsehsender.

Der italienische Regierungschef Silvio Berlusconi, der auf eine Wiederwahl hofft, kann mit einem einflussreichen Verbündeten rechnen: dem Fernsehsystem, das er seit Jahren de facto monopolisiert. Seit Wochen führt der TV-Tycoon eine mediale Kampagne, um die Gunst der noch unentschiedenen Wähler zu gewinnen. Dabei zeigt er wieder einmal, dass er die Kommunikationssysteme in Italien wie kein anderer Politiker beherrscht.

Seit über 20 Jahren ist Berlusconi der König des italienischen Privatfernsehens. Er hat das Monopol des Staatsfernsehens RAI gebrochen. Heute kontrolliert er drei national ausgestrahlte Fernsehsender (Canale 5, Rete 4 und Italia 1). Die Opposition wirft ihm vor, indirekt auch die RAI zu kontrollieren, weil er während seiner fünfjährigen Amtszeit als Ministerpräsident mehrere befreundete Journalisten und Manager in der öffentlich-rechtlichen TV-Anstalt in Spitzenpositionen gehievt hat.

Die Mediengesellschaft Mediaset, Bestandteil seiner Holding Fininvest und Flaggschiff des Herrschaftsbereichs Berlusconis, ist eines der erfolgreichsten Beispiele von Familienkapitalismus nach italienischem Modell. Während der Gründer des größten italienischen TV-Imperiums mit der Wahlkampagne beschäftigt ist, feilen sein jüngerer Bruder Paolo und seine beiden erwachsenen Kinder Pier Silvio und Marina an neuen Strategien zur Eroberung des digitalen Fernsehmarkts und zur Entwicklung neuer Unternehmen im Bereich New Economy.

Die zweite Berlusconi-Generation sitzt fest im Sattel und garantiert dem 69-jährigen Mailänder, der laut der Zeitschrift „Forbes“ mit einem Vermögen von 15 Milliarden Euro an dritter Stelle in der Liste der wohlhabendsten Männer Europas rangiert, dass sein TV-Imperium trotz seines politischen Engagements weiterleben wird. Seit seinem Einstieg in die Politik vor über zwölf Jahren verspricht Berlusconi, das Problem seiner Interessenkonflikte zu lösen, doch sich von seinem Wirtschaftsimperium zu trennen, fällt ihm eindeutig schwer.

Der Sohn eines Bankangestellten, der sich vom kleinen Bauunternehmer zum Multimillionär entwickelte, hat in den vergangenen Jahrzehnten sein Imperium diversifiziert. In den 80er und 90er-Jahren hat der wendige Unternehmer all seinen Freunden zu Führungspositionen verholfen. Unter dem Dach seiner – in eine Vielzahl von teils mysteriösen Schachtelfirmen aufgesplitterten – Holding Fininvest, die zu 100 Prozent im Besitz von Berlusconi und seiner Familie steht, findet sich in erster Linie Mediaset, zu der die drei italienischen Sender sowie der spanische Kanal Telecinco gehören. Über Mediaset kontrolliert er außerdem Publitalia, die größte Werbeagentur im Land. Mediaset wird auf einen Wert von 2,36 Milliarden Euro geschätzt.

Berlusconi kontrolliert außerdem zahlreiche Verlagsgruppen wie Mondadori, Einaudi und Sperling & Kupfer. Die Verwaltung der Tageszeitung „Il Giornale“, Sprachrohr der von Berlusconi gegründeten Partei Forza Italia, hat er Anfang der 90er-Jahre seinem Bruder anvertraut. Auch neue Medien faszinieren den lombardischen Tycoon. Seit 1999 kontrolliert er das erfolgreiche Internet-Portal Jumpy sowie das Branchenverzeichnis Pagine Italia. Im Baubereich ist Berlusconi immer noch mit der Baugesellschaft Edilnord präsent.

Unermüdlich warnt die Opposition vor den Gefahren, denen die Meinungsfreiheit in Italien ausgesetzt ist. „Der Pluralismus ist in Italien hoch gefährdet, da Berlusconi 95 Prozent des italienischen TV-Systems kontrolliert“, betonen Oppositionsvertreter. Die italienischen Journalisten streikten in den vergangenen Jahren öfters für die Medienfreiheit im Land. Letztes Bollwerk bleibt Staatschef Carlo Azeglio Ciampi, der parteilose Grandseigneur der italienischen Politik. Er äußerte sich auffallend häufig in der vergangen Monaten zum Thema Demokratie, Pluralismus und Informationsfreiheit.

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