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Hypo Real Estate sorgt für weitere Unruhe

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Berichte über weitere Milliardenrisiken bei dem angeschlagenen deutschen Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate haben am Freitag für erhebliche Unruhe an der Börse gesorgt.

Am Vormittag brach die Aktie, deren Wert sich seit Wochenbeginn in der Spitze fast verdoppelt hatte, zeitweise um 21,34 Prozent auf 1,29 Euro ein. Grund war ein Bericht der “Hannoverschen Allgemeinen Zeitung” (HAZ), wonach die HRE hochspekulative Geschäfte in Milliarden-Höhe getätigt habe, die nicht in der Bilanz auftauchten. Zusammen mit der offiziellen Bilanzsumme von etwa 400 Mrd. Euro ergebe sich eine Summe von knapp einer Billion Euro. Hinzu kamen Berichte über einen erhöhten Eigenkapitalbedarf der Bank.

Die Bank wies die Vorwürfe in einer Mitteilung am Freitag zurück. Die Derivatepositionen, also die zinsbezogenen Geschäfte des Unternehmens seien falsch interpretiert worden. Wie andere Banken auch sichere sich die Hypo Real Estate damit gegen Kredit- und Marktrisiken ab. Das Nominalvolumen dieser Geschäfte habe zuletzt zwar bei rund einer Billion Euro gelegen, erfasst werde in der Bilanz aber nur der Marktwert. “Die Absicherung zielt auf die Vermeidung von Risiken ab, nicht auf das Eingehen zusätzlicher Risiken.”

Die HRE hat bereits 102 Mrd. Euro an Garantien und Kapital erhalten. Bereits am Donnerstag war aber in Koalitions- und Finanzkreisen zu hören, dass der Staat dem Finanzkonzern weiteres Geld pumpen muss. Die Rede war von mehr als zehn Mrd. Euro. Laut “Handelsblatt” (Freitag-Ausgabe) könnte die Kernkapitalquote der Bank wegen der erwarteten hohen Verluste ohne Kapitalzufuhr unter die regulatorische Mindestgrenze von vier Prozent auf nur noch 3,55 Prozent sinken. Auf diese Gefahr habe die Finanzaufsicht BaFin in einem Schreiben hingewiesen, das dem deutschen Finanzministerium vorliege. Experten halten die Bank auf Dauer aber nur mit einer weitaus höheren Kernkapitalquote für überlebensfähig. “Ob es nun 3,5 oder 4,5 Prozent sind, ist eigentlich wurscht, beides ist zu wenig. Nötig wären acht bis zehn Prozent”, sagte ein Branchenkenner am Freitag.

Bei vielen Marktteilnehmern herrschte helle Empörung über die neuesten Nachrichten zu dem angeschlagenen Institut. “Das Engagement außerhalb der Bilanz ist höher als das in der Bilanz”, sagte ein Händler. Andere sprachen von einem “Fass ohne Boden”. “Die Hypo Real Estate ist die deutsche Lehman Brothers und derzeit der Dreh- und Angelpunkt für den deutschen Bankensektor”, sagte Robert Halver, Leiter der Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank. “Die Bundesregierung kann nicht zulassen, dass der Pfandbriefmarkt zusammenbricht, und hat deshalb keine Alternative: Sie muss das Institut stützen, was es auch kostet. Die Alternative wäre der permanente Aschermittwoch an den Finanzmärkten.”

Auch Forderungen des HRE-Großaktionärs und US-Finanzinvestors J. C. Flowers nach einem Preis von knapp drei Euro je Aktie im Falle eines Verkaufs der Anteile an die Bundesregierung stießen auf Unverständnis. “Es ist mehr als klar, dass das ganze Unternehmen keine drei Euro wert ist – geschweige denn die drei Euro je Aktie, die Flowers verlangt”, sagte ein Börsianer. Ein anderer forderte, der Finanzinvestor solle entweder Kapital nachschießen oder sich aus seinem Engagement zurückziehen, statt auf eine Abfindung zu spekulieren, denn immerhin wäre das Institut ohne staatliche Unterstützung längst zusammengebrochen.

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