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Hunde-Attacke in Schruns

Experten kritisieren die zu "schwammige" Kampfhunde-Verordnung. Denn die Gefährlichkeit eines Vierbeiners hänge nicht unmittelbar von der Hunderasse ab.


Am Samstag gegen 15 Uhr kommt es in Schruns zu einem Zwischenfall mit einem zweijährigen reinrassigen spanischer Perro de Presa (Boxerhund).

Sein Herrchen hat ihn mit einer Eisenkette vor dem Sutterlüty in Schruns angebunden, um einkaufen zu gehen. Er reißt sich los, um einer Katze nachzujagen. Der Hund rennt über die Straße, beißt zuerst einem Radler in den Fuß und anschließend einer entgegenkommenden Motorradfahrerin in den Unterschenkel. Dann erst kann er von seinem Besitzer, einem 33-jährigen Tschaggunser, eingefangen werden. Die Motorradfahrerin erleidet eine tiefe Bissverletzung und wird zur ambulanten Behandlung ins Krankenhaus Bludenz gebracht.

Dem Tschaggunser Bürgermeister Guntram Bitschnau war der Hund bereits bekannt. Mehrere Gemeindebürger hatten sich bereits vor dem großen Tier gefürchtet. „Weil der Hundehalter das Tier aber immer ordnungsgemäß an der Leine und oft mit Maulkorb geführt hat, habe ich bisher keinen Grund gesehen einzuschreiten“, so das Gemeindeoberhaupt.

„Er weist keine Symptome von Tollwut auf“, so die Diagnose des Schrunser Tierarztes Bernhard Kieber, der den Hund am Montag untersucht hat. Der Veterinär hält grundsätzlich nichts von der Einteilung in „Kampfhunde“. „Es ist klar, dass es Rassen gibt, die im Durchschnitt ein höheres Aggressionspotenzial haben. Dennoch ist die Gefährlichkeit eines Hundes – egal welcher Rasse – immer individuell zu beurteilen.“


“Äußerst schwammig“

Auch der Bludenzer Amtstierarzt Markus Netzer, bezeichnet die derzeit geltende Verordnung als “äußerst schwammig“. „Kampfhunde gibt es nicht von Natur aus, man macht sie!“ Die derzeitige Verordnung schließt nur bestimmte Rassen und Mischlinge daraus ein. Für diese braucht es ein tierärztliches Gutachten. Der betreffende Perro de Presa kommt in dieser Aufzählung nicht vor, ebensowenig Rottweiler und Dobermänner – die im allgemeinen Sprachgebrauch als typische „Kampfhunde“ bezeichnet werden.


“Die Verordnung geht am gefährlichen Hund vorbei”

Landesveterinär Schmid fordert Befähigungsnachweis, Kennzeichnung, Versicherungspflicht. Für Hunde ab einer gewissen Größe fordert Landesveterinär Erik Schmid die Einführung eines „Hundeführerscheines“.

„Die derzeitige Kampfhunde-Verordnung geht am gefährlichen Hund vorbei“, kritisiert sie der Experte als viel zu bürokratisch. „Es kommt immer auf das individuelle Tier und seinen Besitzer an, nicht so sehr auf die Hunderasse“, so der Landesveterinär.


Ab gewisser Größe

Sein Vorschlag wäre ein Befähigungsnachweis für Leute, die Hunde ab einer gewissen Größe halten wollen – ähnlich dem Stufenführerschein für Autofahrer. Als möglichen Ansatz für die Eingrenzung der Größe der Hunde sieht Schmid den Wiener Vorschlag von 30 Zentimetern Widerrist oder einem Gewicht von 25 Kilogramm.

„Für die Haltung aller Hunde, die von ihrem Körperbau her gefährlich sein können, braucht es eine entsprechende Qualifikation“, so der Tierarzt. Notwendig wäre laut Schmid außerdem eine strikte Kennzeichnung dieser mit Befähigungsnachweis gehaltenen Hunde – zum Beispiel mittels Chip – und eine Versicherungspflicht für deren Hundehalter, um bei Bissattacken die Opfer abzusichern. Der Landesveterinär könnte sich ein ähnliches System wie das Bonus-Malus-System im Verkehrsbereich vorstellen.

„Aus internationalenn Erhebungen geht ganz klar hervor, dass es die am weitesten verbreiteten Hunderassen – wie der Deutsche Schäferhund – sind, die am häufi gsten in Beißunfälle verwickelt sind. Und nicht die Kampfhunde, weil sie ja auch relativ selten gehalten werden.“

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