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Haftstrafe für Steuersünder Uli Hoeneß - FC Bayern unter Druck

Drei Jahre und sechs Monate lautet das Urteil für Steuersünder Uli Hoeneß - auch wenn das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.
Drei Jahre und sechs Monate lautet das Urteil für Steuersünder Uli Hoeneß - auch wenn das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. ©AP
Richter Rupert Heindl will den Patriarchen des FC Bayern München von der Tribüne in die Zelle schicken: Drei Jahre und sechs Monate lautet das Urteil für Steuersünder Uli Hoeneß - auch wenn das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Auch für den FC Bayern und seinen prominent besetzten Aufsichtsrat könnte das Urteil tiefgreifende Folgen haben.
Auftakt im Hoeneß-Prozess

Uli Hoeneß ist für seine millionenschwere Steuerhinterziehung zu einer Haftstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Das Landgericht München sprach den Präsidenten des FC Bayern München in einem der spektakulärsten Steuerverfahren in Deutschland in sieben Fällen schuldig.

Hoeneß weiter auf freiem Fuß

Seine Verteidiger kündigten Revision an. Die Staatsanwaltschaft hält sich dies offen. Der 62-Jährige wurde nach dem Urteil am Donnerstag nicht abgeführt. Der Haftbefehl aus dem Frühjahr 2013 bleibt weiter gegen eine Millionen-Kaution ausgesetzt.

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Richter: “Unzureichende Selbstanzeige”

“Ein Freispruch war zu keinem Zeitpunkt zu erwarten”, erläuterte Richter Rupert Heindl bei seiner Urteilsbegründung. “Es ist keine missglückte Selbstanzeige, sondern eine unzureichende Selbstanzeige.” Für das Gericht war es allerdings kein besonders schwerer Fall der Hinterziehung, dann wäre die Strafe höher ausgefallen.

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Foto: AP ©Auch bei diesem Urteil scheut Richter Rupert Heindl (Zweiter v.l.) keine klaren Worte. Nicht nur Hoeneß muss sich bei der Verkündung der Haftstrafe einiges anhören, auch die Medien bekommen ihr Fett weg. Foto: AP

28,5 Millionen Euro an Steuern hinterzogen

Hoeneß hat dem Fiskus mit seinem Schweizer Geheimkonto mindestens 28,5 Millionen Euro an Steuern vorenthalten. Die neue, nochmals um mehr als eine Million Euro höhere Summe nannte Heindl. Er begründete den Anstieg mit dem Solidaritätszuschlag. Inklusive Zinsen wird Hoeneß aber wohl noch viel mehr Geld an die Staatskasse zahlen müssen.

Hoeneß-Anwalt kündigt Revision an

Der 62-Jährige verließ nach der Urteilsbegründung wortlos den Gerichtssaal. Sein Anwalt blickte derweil schon auf die nächste Instanz, den Bundesgerichtshof in Karlsruhe. “Die Verteidigung wird das Urteil anfechten mit dem Mittel der Revision. Entscheidend ist, wie mit einer solch nicht idealen Selbstanzeige umzugehen ist”, sagte der Frankfurter Staranwalt Hanns Feigen.

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Foto: GEPA ©Hoeneß-Verteidiger Hanns Feigen (l.) über die Reaktion Hoeneß’ zum Urteil: “Na, begeistert war er nicht”. Foto: GEPA

Bayern-Info nicht vor Freitag

Der FC Bayern gab zunächst keine Stellungnahme ab. Der deutsche Rekordmeister kündigte an, dass Präsidium, Verwaltungsbeirat und Aufsichtsrat “kurzfristig zu Beratungen zusammenkommen” würden. Die Öffentlichkeit solle “zeitnah” – aber nicht vor Freitag – über die Ergebnisse informiert werden, hieß es in einer Mitteilung des Clubs.

“Von der Angst zur Selbstanzeige getrieben”

Der noch amtierende Bayern-Boss Hoeneß blickte beim Urteilsspruch zu Boden und zeigte nur wenig Regung. Das Gericht habe beim Strafmaß “natürlich ganz erheblich zu Ihren Gunsten das Geständnis gewertet”, sagte Heindl an ihn gewandt. “Sie hatten viele Jahre Zeit, Ihre Angelegenheiten in Ordnung zu bringen. Sie haben es nicht getan, sondern, wie Sie selbst eingeräumt haben, auf Zeit gespielt.” Die Selbstanzeige sei nicht aus freien Stücken erfolgt, hält er dem Verurteilten vor. “Sie waren getrieben von der Angst vor Entdeckung.”

Anklage forderte fünfeinhalb Jahre Haft

Das Gericht blieb deutlich unter der Forderung von Staatsanwalt Achim von Engel, der wegen eines besonders schweren Falles von Steuerhinterziehung für eine Haft von fünf Jahren und sechs Monaten plädiert hatte.

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Foto: AP ©Staatsanwalt Achim von Engel forderte fünfeinhalb Jahre Haft für Hoeneß. Foto: AP

Die Verteidigung hielt höchstens eine Bewährungsstrafe für angemessen, sollte das Gericht die Selbstanzeige als unwirksam erachten.

Hoeneß’ Hoffnung, den Saal 134 im Münchner Justizpalast doch noch als endgültig freier Mann verlassen zu können, zerschlug sich um 14.07, als Heindl das Urteil verkündete.

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Hoeneß biss sich während der Urteilsverkündung auf die Lippen, sein Blick auf den Boden gerichtet, seine Hände flach auf dem Tisch, die Finger trommelten leise. Einmal wischte er sich mit der Hand über die Wange. Seine Frau Susi saß in der ersten Reihe – wie versteinert. Keine Regung war ihr anzumerken.

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Ruhig und sachlich erklärte Richter Heindl, warum es keine Bewährungsstrafe gibt – und warum er das Verfahren auch nicht einstellte. “Es wird manchmal vergessen, dass Steuerhinterziehung ein Vorsatzdelikt ist”, sagt er. “Das bloße Berufen darauf, die Bank habe quasi alles alleine gemacht, nehmen wir Ihnen nicht ab.”

Die Staatsanwaltschaft sieht in dem Ausgang des Verfahrens eine “Signalwirkung” dadurch gegeben, dass der Sachverhalt unabhängig vom Ansehen der Person beurteilt wurde.

Feigen stellte die besonderen menschlichen Verdienste von Hoeneß heraus: “Er hat sich mustergültig in seinem Leben verhalten – privat und beruflich.” Und er habe “stets ein Herz für andere gezeigt, stets dort geholfen, wo Not am Mann war”. Nach Bekanntwerden seiner Steuersünde seien Hoeneß und seine Familie “über Wochen durchs Dorf getrieben” worden. “Idioten haben sich an den Zaun gestellt, Idioten haben Drohbriefe geschrieben.” Außerdem spricht er von “medialer Hinrichtung”. Hoeneß hört auch dem weitgehend regungslos zu. Er lutscht ein Bonbon. Ab und zu legt er die Hände übereinander. Sehr aufgeräumt sieht das aus.

Hoeneß hatte sich in seinem Schlusswort lediglich dem rund 50-minütigen Schlussplädoyer seines Anwaltes angeschlossen. “Ich habe dem Vortrag von meinem Verteidiger nichts hinzuzufügen. Er hat alles gesagt, was ich nicht besser hätte formulieren können”, erklärte er.

Der Sturz des Patrons…

Bis zu seinem öffentlichen Absturz wurde der Präsident des derzeit erfolgreichsten Fußball-Clubs der Welt von den Reichen und Mächtigen in diesem Land geradezu hofiert. Auch wenn er selbst Millionen verdiente, galt er als ehrliche Stimme des Volkes, als Vertreter des kleinen Mannes sogar. Er inszenierte sich – durchaus mit Erfolg – als großes moralisches Vorbild. Das ist nun vorbei. Er ist ein – wenn auch noch nicht rechtskräftig – verurteilter Steuersünder, der selbst eingeräumt hat, mehr als 27 Millionen Euro an Steuern hinterzogen zu haben. Das Gericht geht zum Schluss sogar von 28,5 Millionen aus, die Hoeneß nachzahlen muss. Der Solidaritätszuschlag fehlte noch.

Stürzt der Patriarch vom Bayern-Thron?

Das Urteil erschüttert auch den FC Bayern. Hoeneß ist seit Jahrzehnten das Gesicht des Vereins. Als Spieler, Manager, Präsident und Aufsichtsratsvorsitzender der AG prägte und prägt der Patriarch vom Tegernsee den erfolgreichsten deutschen Fußball-Club. Kann er seine Ämter als Präsident und Aufsichtsrat auch nun noch behalten?

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Der seit 2009 als Präsident amtierende Hoeneß hatte auf der Mitgliederversammlung im November 2013 angekündigt, nach dem Prozess die “Vertrauensfrage” zu stellen. “Ich werde mich jedem Votum, das sie treffen, unterwerfen”, hatte Hoeneß zu den Mitgliedern.

©Hoeneß weinte bittere Tränen bei der Jahreshauptversammlung im November.

Er wolle ihnen auf einer außerordentlichen Hauptversammlung “das Recht geben, zu entscheiden, ob ich noch der richtige Präsident für diesen Verein bin”. Ob es dazu jetzt noch kommen wird, ist völlig offen.

Im Kern ging es bei den Plädoyers um die strafbefreiende Wirkung der im Januar 2013 von Hoeneß gestellten Selbstanzeige. “Eine wirksame Selbstanzeige, die die Verfolgung verhindern würde, liegt nicht vor”, meinte der Staatsanwalt. “Die Tat wird überlagert von einer vollständigen Rückkehr zur Steuerehrlichkeit”, entgegnete Feigen.

“Die Rückkehr des Herrn Hoeneß zur Steuerehrlichkeit”

“Die Stunde Null dieses Verfahrens ist der 17. Januar 2013. Das war die Rückkehr des Herrn Hoeneß zur Steuerehrlichkeit”, betonte der Verteidiger. Schon aus der Selbstanzeige hätten sich über eine Schätzung die Steuerschulden errechnen lassen. Daraus habe die Finanzverwaltung zwei Wochen nach dem Einreichen der im Januar 2013 eingereichten Selbstanzeige in einer Probeberechnung sogar eine Steuerschuld von 70 Millionen Euro errechnet. Da habe die vor Gericht veranschlagte Summe deutlich darunter gelegen, sagte Feigen.

Das Spiel ist aus… zumindest bis zur Verlängerung

In diesem spektakulären Steuerprozess lernte die Öffentlichkeit einen anderen Uli Hoeneß kennen als den polternden Vereinspräsidenten. Zwei Gesichter, so scheint es, hat der 62-Jährige: Hoeneß, der Zocker, der an einem Tag schon mal 18 Millionen Euro bei Spekulationsgeschäften verspielte, und Hoeneß, der Ex-Nationalspieler und erfolgreiche Bayern-Boss, der an der Spitze stand, wenn der FC Bayern auf dem Fußballplatz Sieg um Sieg erspielte. Für beide aber heißt es jetzt: Das Spiel ist aus – zumindest bis es vor dem Bundesgerichtshof in die Verlängerung geht. (dpa/red)

Mitgefühl für Hoeneß im Sport, Lob für das Urteil aus der Politik: Reaktionen.

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