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"Hände weg von Grund und Boden"

Bregenz, Wien (VN) -  Der Bund will die Steuerhoheit für die Grundsteuer an die Länder abgeben – damit die Länder, wie es Finanzministerin Maria Fekter formulierte, „attraktive Bemessungssysteme“ entwickeln könnten. Landeshauptmann Sausgruber hat sich für die Übernahme der Grundsteuer in Länderhoheit ausgesprochen.
Vorarlberg für Übernahme durch die Länder
Grundsteuer: Ein Beispiel
Mit dem Finanzausgleich 2014 könnte aus der Theorie Praxis werden; 600 Millionen Euro machte das Volumen der Grundsteuer 2010 aus.

Zustimmung aus Vorarlberg

In Vorarlberg stößt die Idee, die Grundsteuer zu verländern, auf Zustimmung. „Wenn der Bund das Angebot macht, würden wir die Verantwortung übernehmen“, sagt Landeshauptmann Herbert Sausgruber. Aus anderen Ländern, mit Ausnahme Kärntens, kommt dagegen Skepsis. „Manche Landespolitiker meinen, dass man die Besteuerung von Immobilien erhöhen sollte, wollen dafür aber nicht die Verantwortung übernehmen“, hatte Föderalismus-Experte Peter Bußjäger in diesem Zusammenhang erklärt. Warum aber wollen Vorarlberger Entscheidungsträger die Verländerung? Weil damit eine Erhöhung der Grundsteuer verhindert und jenem Motto entsprechen würde, das Sausgruber in dieser Debatte seit jeher formuliert: „Hände weg von Grund und Boden

Denn österreichweit sind Bestrebungen in Gange, besagte Steuer zu erhöhen. Vor dem Hintergrund der Debatte über Vermögenssteuern drohe das Risiko einer Grundsteuer­erhöhung. Bei einer Verländerung, sagt Sausgruber, würde aber „die Gefahr einer massiven Erhöhung reduziert, weil dann im Land entschieden würde, ob es zu Veränderungen kommt – während das sonst auf Bundesebene entschieden wird.“ Bußjäger erklärt: „Das Motiv ist, durch die Verländerung die Besteuerung von Grund und Boden niedrig zu halten – und zu verhindern, dass die Einheitswerte erhöht werden.“

Doralts klare Ansage zur Grundsteuer

Ist eine Erhöhung wirklich angedacht? Ein Gespräch mit Univ.-Prof. Werner Doralt zeigt das deutlich. Denn für Doralt ist die Grundsteuer – vielen Vorarlbergern sowieso ein Dorn im Auge – gerechtfertigt. „Es ist die einzige Vermögensteuer, die praktikabel in der Durchführung ist.“ Für den Finanzrechtsexperten sind die Einheitswerte, anhand derer die Grundsteuer berechnet wird, „von vorne bis hinten falsch“. Denn die Einheitswerte würden vielfach nur einen Bruchteil der Verkehrswerte betragen: „Es handelt sich also um Bagatellbeträge.“ 

Bei einer Reform der Grundsteuer müsse man dringend von den Einheitswerten wegkommen, quasi ganz Österreich neu bewerten – aus Sicht der Eigentümer ist es da nur gut, dass eine solche Neubewertung Jahre dauern würde. Doralts Ansage: „Grund und Boden sind in Österreich generell zu niedrig besteuert.“ Der Professor sagt mit Blick auf die Steuerpolitik der vergangenen 30 Jahre: „Wir hätten nichts anderes machen müssen, als die damaligen Einheitswerte jährlich an die Geldentwertung anzupassen – dann hätten wir in Österreich kein jährliches Aufkommen von 600 Millionen Euro, sondern von mindestens ein oder eineinhalb Milliarden Euro.“

Vorarlbergs andere Politik

Ist Grund und Boden, wie Doralt sagt, zu niedrig besteuert? Sausgruber hält dagegen: „Die Gesamtsteuer­belastung in Österreich ist überdurchschnittlich hoch. Wenn man jetzt bei der unterdurchschnittlichen Vermögensbelastung hinaufgeht, wird die Gesamtsteuerbelastung noch höher, vor allem im Mittelstand.“ Wäre es nicht konsequent, auf die Grundsteuer – 25 Millionen pro Jahr in Vorarlberg – völlig zu verzichten? „Das hielte ich für nicht möglich, das wäre eine Übertreibung auf die andere Seite.“ Übrigens: Grundsteuer zahlt jeder Eigentümer – egal ob es sich nun um ein Grundstück, ein Haus oder eine Wohnung handelt.

Stichwort Grundsteuer

Die Grundsteuer ist eine Sachsteuer auf inländischen Grundbesitz. Sie wird aufgrund bundesgesetzlicher Regelung von den Gemeinden eingehoben, denen der Ertrag dieser Steuer auch zur Gänze zukommt. Es wird zwischen Grundsteuer A für land- und forstwirtschaftliches Vermögen undGrundsteuer B für Grundvermögen unterschieden.
Bemessungsbasis ist der von den Finanzämtern festgestellte Grundsteuermessbetrag; dieser wird aus dem Einheitswert des jeweiligen Grundbesitzes errechnet. Diese Einheitswerte wurden allerdings zuletzt in den 70ern wertberichtigt. Das führt dazu, dass die Grundsteuerbasis eines Grundstücks um ein Vielfaches niedriger ist als der Verkehrswert.
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