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Highspeed-Spaß im Niemandsland: Rossini-Oper in Salzburg

Eigentlich kann man als Regisseur bei einer Oper wie "Der Barbier von Sevilla" von Gioacchino Rossini kaum etwas falsch machen. Dieser Dauerbrenner aus dem Jahr 1816 funktioniert dramaturgisch ohne eine einzige langatmige Stelle, ein Witz jagt den anderen, getragen von einer Parade spritziger und beseelt-leichter Melodien.

Aber gutes, ambitioniertes Handwerk und nicht zuletzt ein schauspielerisch versiertes Solisten-Ensemble braucht es dennoch, um knapp drei Opernstunden lang Tempo und Spannung zu halten. Und genau das hat das Salzburger Landestheater gestern, Samstag, Abend bei der Premiere dieses Rossini-Klassikers hinbekommen.

Regisseur Ernö Weil und seine Bühnen- und Kostümbildnerin Karin Fritz haben die Buffa in einen abstrakten und ästhetisch ansprechenden Riesen-Kubus verfrachtet. Dieser erinnert an den Salzburger Kiefer-Pavillon, dreht sich aber fast permanent im Kreis und verwandelt sich in ein Wohnzimmer, einen Vorraum oder eine Außenfassade. Bunte, leuchtende Farben spiegeln die Verkleidungs-Blödelei ebenso wieder wie die raffinierteren Spielchen der Intrige, der männlichen Lächerlichkeit oder der prallen Lebensfreude. Die Kostüme kokettieren nicht nur mit der Rockermode der 70er Jahre, sondern auch mit gegenwärtiger Designer-Eleganz. Selbst der zeitlos klassische Gehrock mit Schlips und Stehkragen bekommt seinen Auftritt. Und Sevilla, die Stadt der Oper, ist der erfrischenden Entrümplungs-Aktion gänzlich zum Opfer gefallen. So bleibt der Highspeed-Spaß im Niemandsland und fühlt sich wohl.

Das Regie-Team hat ein paar witzige Gags ins Spiel gebracht, vor allem aber die Sänger wie Schauspieler agieren lassen, ohne der Musik im Wege zu stehen. Das ist die vielleicht wichtigste Leistung dieser Produktion. Und die singenden Schauspieler spielten, sangen, bewegten sich, umgarnten, bezirzten, verfolgten, belogen und tricksten einander aus in diesem Biedermeier-Feuerwerk italienischer Machart. So, als fühlten sie sich dabei wirklich frei und locker.

Ola Rudner dirigierte das Mozarteum Orchester und ein gutes Sängerensemble. Aber die zogen bei weitem nicht immer an einem Strang. So drangen nicht nur einzelne Intonations-Probleme aus dem Graben, sondern auch rhythmische Meinungsverschiedenheiten zwischen Solisten, Chor und Orchester. Aber der Rossini-Pfiff war da, und vieles wird sich einspielen in den kommenden Vorstellungen.

Eric Laporte gab einen Graf Almaviva, der mehr mit seinem Stammbaum als mit seinem Charme eroberte. Aber sein Tenor klang klar und schlank, auch wenn nicht alle der halsbrecherischen Koloraturen präzise saßen. Damon Nestor Ploumis war ein darstellerisch beweglicher und gesangstechnisch feiner Dr. Bartolo, dem man den alternden Geilspecht ebenso abnahm wie den herrischen aber geprellten Schnösel. Ploumis` ausgewogener wenn auch nicht großer Bassbariton gehörte jedenfalls zum musikalisch ansprechendsten dieses “Barbiers”. Paolo Rumetz als Barbier Figaro sang und agierte einigen gelungenen Momenten zum Trotz allzu ungenau und grob, dafür begeisterte die Russin Elvira Fatykhova als Rosina mit entzückendem Gestus und noch mehr mit glasklarem und blitzsauberem Sopran. Faszinierend leicht und elegant in allen Koloraturen und ebenso klangschön in den lyrischen Passagen ist Elvira Fatykhova ohne Zweifel als die Entdeckung dieses Salzburger Opernabends zu bezeichnen.

Auch die Ensemble-Mitglieder des Landestheaters, Krzysztof Borysiewicz als Don Basilio, Astrid Monika Hofer als Marzellina sowie Franz Supper als Fiorillo, machten gute Figuren und vervollständigten die insgesamt absolut ansprechende Truppe der Gast-Solisten. Alles in allem ein harmlos-unterhaltender Opernabend auf sehr gutem Landestheater-Niveau.

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