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Häftling mit Waffengewalt befreit

Mit Maschinengewehren bewaffnete Männer überfallen zwei Polizisten und befreien so ihren inhaftierten Komplizen. Kein Hollywood-Drehbuch – sondern bittere Realität, Mittwochvormittag im beschaulichen Vaduz.

Verletzter U-Häftling

Der 30-jährige Untersuchungshäftling Milan Ljepoja verletzt sich in der Früh im Fitnessraum des Vaduzer Gefängnisses. „Beim Krafttraining ist ihm eine Hantel auf die Hand gefallen, der Handknochen war gebrochen“, sagt Kripo-Chef Jules Hoch.

Zwei junge Beamte der Liechtensteiner Landespolizei, eine Frau und ein Mann, eskortieren den Serben ins Vaduzer Krankenhaus. Der mutmaßliche Schwerkriminelle ist an Händen und Füßen gefesselt. Im Krankenhaus wird er versorgt, ein vermeintlicher Routineeinsatz für die Beamten. Doch als sie sich mit dem Verarzteten auf den Rückweg machen wollten, geht alles blitzschnell. Auf dem Vorplatz des Krankenhauses bedrohen zwei bewaffnete Männer die Polizisten. „Sie haben den Beamten eine Pistole an den Kopf gehalten“, sagt Kripo-Chef Hoch. Augenzeugen schildern den „VN“: „Die Polizisten mussten sich auf den Boden legen. Einer der Täter hatte eine Pistole, der andere ein Maschinengewehr. Alles hat sich innerhalb von Sekunden abgespielt.“

Dienstwaffe abgenommen

Die Kripo bestätigt, dass die am Boden liegenden Polizisten von den Angreifern entwaffnet wurden und die Täter anschließend zur Einfahrt des Krankenhauses flüchteten – mit dem befreiten Milan Ljepoja. Dort wartete ein schwarzer Audi Avant mit gestohlenen Kennzeichen des Kantons Schwyz (SZ). „An der Autobahnauffahrt Sevelen wurde ein Polizei-Waffengürtel gefunden. Die Bande dürfte also über die Autobahn in Richtung Zürich oder San Bernardino geflüchtet sein“, sagt Jules Hoch. Die Polizeipistole, Fabrikat Sig Sauer, haben die Täter freilich nicht im weggeworfenen Holster gelassen.

Eine schweizweite Alarmfahndung blieb ergebnislos. Auch die Vorarlberger Polizei kontrollierte die Grenzübergänge verstärkt – ohne Erfolg. Weitere Hinweise erhoffen sich die Ermittler nun durch eine weiß-schwarz-rote Wilson-Tennistasche. Sie wurde von den Tätern beim Krankenhaus zurückgelassen. Erstmals im Fürstentum Dass der nun per internationalem Haftbefehl gesuchte Serbe sich die Verletzungen am Morgen absichtlich zugefügt habe, „liege jetzt nahe“, sagte Kripo-Chef Hoch bei einer Pressekonferenz in Vaduz. „Der Vorfall weist eine neue Qualität an Kriminalität auf, die es in Liechtenstein bisher nicht gab. Mit einer solchen Kaltschnäuzigkeit haben wir nicht gerechnet.“ Es ist die erste Befreiungsaktion eines Häftlings in der Geschichte des Fürstentums. Viele Fragen offen .

Steckbrief:
Milan LJEPOJA, geb. 1976, serbischer Staatsbürger, wird verdächtigt, am bewaffneten Raubüberfall auf ein Juweliergeschäft anfangs Februar 2006 in Vaduz/FL beteiligt gewesen zu sein, weshalb er im Mai 2006 in Untersuchungshaft genommen wurde. Am 19.07.2006 um 10.30 Uhr wurde Milan LJEBOJA von zwei bewaffneten Komplizen nach einem überwachten Krankenhausbesuch in Vaduz gewaltsam befreit. Gegen den Serben besteht ein internationaler Haftbefehl. Sachdienliche Hinweise sind an die Landespolizei unter Tel. +423 236 71 11 erbeten.

Grösse: 192 cm
Augen: grün
Haare: schwarzbraun
schlanker, muskulöser Körperbau

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