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Heta - Söder: Österreich verhält sich einem Rechtsstaat unangemessen

Bayerns Finanzminister tief verärgert über Verhalten Wiens im Streit um Altlasten der Hypo
Bayerns Finanzminister tief verärgert über Verhalten Wiens im Streit um Altlasten der Hypo ©EPA
Der Streit um die Altlasten der ehemaligen Hypo Alpe Adria Bank verschlechtert das Klima zwischen Österreich und Bayern immer mehr. In einem Interview mit der APA zeigte sich der bayerische Finanzminister Markus Söder tief verärgert über das Verhalten der Wiener Finanzpolitik. Österreich entwickle sich "zusehends zu einer Schwachstelle in der europäischen Finanzarchitektur", sagte Söder.
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Von Griechenland, Spanien, Italien und Portugal erwarte man, dass deren Schulden beglichen würden, was “die Meisten” auch täten. “Dieser Maßstab muss auch für Österreich gelten”, sagte Söder. Die Finanzminister Griechenlands und Österreichs verwendeten das Wort “Schuldenschnitt” in demselben Atemzug. Dadurch schwinde das Vertrauen von in- und ausländischen Anlegern in den Finanzplatz Österreich “von Tag zu Tag”. Das Verhalten der Republik Österreich sei “in Europa einmalig und einem Rechtsstaat völlig unangemessen”.

BayernLB fordert von Ex-Hypo 2,3 Milliarden…

Die Bayerische Landesbank (BayernLB) fordert von ihrer ehemaligen Tochter Hypo Alpe Adria und jetzt von der Rechtsnachfolgerin Heta 2,3 Mrd. Euro.

…und Österreich von Bayern 3,5 Milliarden

Im Gegenzug macht die österreichische Seite Forderungen in Höhe von 3,5 Milliarden Euro geltend. In Wien und München sind eine Reihe von Prozessen anhängig. “Wir haben keinen Anlass, an der Rechtsstaatlichkeit Österreichs” zu zweifeln, betonte Söder.

Österreichs Angebote “nicht seriös”

Der bayerische Finanzminister bestätigte, dass es Gespräche zur Beilegung des Milliardenstreits gegeben habe. Allerdings seien alle von der österreichischen Seite vorgebrachten Angebote “aus bayerischer Sicht nicht seriös” gewesen. Durch den am vergangenen Wochenende für die Abwicklungsbank Heta verkündeten Zahlungsstopp sei jetzt die Tür für weitere Gespräche “erstmal zu”.

Öffentlich und durch die Hintertür

Man sei überrascht, dass Wien diese Gespräche öffentlich gemacht habe, sagte Söder. Dies sei bei einem professionellen Umgang auf internationaler Ebene unüblich. Die Vertrauenswürdigkeit für künftige Gespräche sei auch nicht dadurch erhöht worden, dass man in Wien “öffentlich über Vergleichsverhandlungen redet und gleichzeitig durch die Hintertür eine Abwicklung plant”.

Söder: Österreich war einfach schlecht vorbereitet

Bei der Übergabe der Hypo Alpe Adria an die Republik Österreich habe die bayerische Seite nicht getäuscht, bekräftigte Söder. Dies habe die Griss-Kommission herausgearbeitet: “Österreich war schlicht und einfach schlecht vorbereitet”. Beim Management der Verlustbank habe Österreich in den letzten Jahren offenkundig “schwere Fehler” gemacht: “Diese Fehler jetzt nachträglich Bayern anlasten zu wollen, ist unfair und unakzeptabel”.

“Fragwürdig” ist nach den Worten Söders auch die Art und Weise, wie die österreichische Bundesregierung bei der Abwicklung der Heta mit den Bundesländern umgehe. Offenkundig wolle sich der Bund auf Kosten der Länder sanieren. “Für alle Probleme Kärntens muss Österreich die Verantwortung übernehmen”, forderte Söder.

Söder: “Österreich entwickelt sich zu einer Schwachstelle”

Das Interview mit Bayerns Finanzminister Söder zum Nachlesen:

Frage: Herr Staatsminister, Sie haben wiederholt den Milliarden-Streit mit Österreich um Verbindlichkeiten der ehemaligen Landesbank-Tochter Hypo Alpe Adria (HAA) als das größte Risiko für den bayerischen Staatshaushalt bezeichnet. Wird dieses Risiko jetzt schlagend?

Söder: Die Bayerische Landesbank ist im Kerngeschäft erfolgreich. Mit dem Verkauf der ungarischen MKB und dem Abstoßen des gesamten ABS-Portfolio haben wir zwei riesige Altlasten zum Teil sogar mit Gewinn beseitigt. Es bleibt noch das Thema Hypo Alpe Adria. Der Kauf dieser Bank war der größte Fehler in der wirtschaftlichen Nachkriegsgeschichte Bayerns. Die Hypo bleibt die große Herausforderung für die Bank in der Zukunft. Es ist aber auch klar, dass das Verhalten Österreichs in Europa einmalig und einem Rechtsstaat völlig unangemessen ist. Österreich hat selbst offenkundig in den letzten Jahren beim Management ihrer Bank schwere Fehler gemacht. Diese Fehler jetzt nachträglich Bayern anlasten zu wollen, ist unfair und unakzeptabel.

Frage: Aber die Bayern haben den Abgrund bei der damaligen Hypo Group Alpe Adria auch nicht bemerkt, als sie die Bank 2007 kauften…

Söder: Natürlich war der Kauf ein schwerer Fehler. Der ist prozessual und in Untersuchungsausschüssen des Bayerischen Landtags aufgearbeitet worden. Die Verantwortlichkeiten sind sehr klar benannt worden. Wenn jetzt in Österreich über die Angemessenheit des Rückkaufs debattiert wird, so ist die Griss-Kommission zu dem Ergebnis gekommen, dass Bayern nicht getäuscht hat. Österreich war schlicht und einfach schlecht vorbereitet.

Frage: Wenn die Forderungen der BayernLB in Höhe von 2,3 Milliarden Euro auf unabsehbare Zeit uneinbringbar sind, müsste dann die BayernLB nicht hohe Rückstellungen bilden, was zu tief roten Zahlen führt?

Söder: Letztlich ist das eine operative Entscheidung der Bank. Klar ist aber auch, dass eine solch wuchtige Summe nicht spurlos an einer Bank vorbei gehen kann. Zum Glück ist die BayernLB mit ihrer Kapitalquote robust aufgestellt. Auf Dauer können wir aber nicht akzeptieren, dass das Geld fehlt. Mit den Klagen engagieren wir uns, um so viel wie möglich von unserem Geld wieder zurückzubekommen.

Frage: An wen halten Sie sich denn jetzt überhaupt: An die Bad Bank Heta, an die Republik Österreich oder an das Bundesland Kärnten?

Söder: Natürlich ist die Heta als HGAA-Nachfolger zuerst gefragt. Außerdem wird auf die Garantiezahlung der Republik Österreich geklagt. Man spürt, dass in Österreich viel in Bewegung ist. Die Art und Weise, wie die Republik mit den einzelnen Bundesländern in der Abwicklung der Heta umgeht, ist auch fragwürdig. Offenkundig will sich die Republik auf Kosten der österreichischen Bundesländer sanieren. Auch das halten wir für einen schwierigen Stil, der das Vertrauen in die österreichische Regierung schwächt. Für uns gilt: Für alle Probleme Kärntens muss Österreich die Verantwortung übernehmen.

Frage: Am vergangenen Wochenende wurde ein Zahlungsstopp für die Abwicklungsbank Heta verfügt. Hat das Auswirkungen auf die Forderungen aus Bayern.

Söder: Viele hat es überrascht, weil erneut massive Fehlbeträge in der Heta offenkundig wurden. Man stellt sich schon die Frage, wie in den letzten Jahren gewirtschaftet wurde, wenn immer wieder neue Defizite entstehen. Haben das Finanzministerium, die Bankenvorstände, die Aufsicht und die Finanzprokura das wirklich nicht absehen können? Die Griss-Kommission hat schon einmal schlechtes Management bestätigt. Uns überrascht dabei, dass man öffentlich über Vergleichsverhandlungen redet und gleichzeitig durch die Hintertür eine Abwicklung plant. Das erhöht nicht gerade die Seriosität und Vertrauenswürdigkeit für künftige Gespräche.

Frage: Und wie bewerten Sie die Auswirkungen des Zahlungsstopps auf Bayern?

Söder: Das Positive daran ist, dass es jetzt ein geordnetes Verfahren gibt. Wir setzen darauf, dass Rechtsstaatlichkeit in Österreich gilt.

Frage: Weil in Zusammenhang mit den Heta-Lasten immer mehr von “Schuldenschnitt” die Rede ist, fühlen sich die Freien Wähler in Bayern an Griechenland erinnert. Sie auch?

Söder: In der Tat verwenden das Wort “Schuldenschnitt” der griechische Finanzminister Varoufakis und der österreichische Ressortchef Schelling in demselben Atemzug. Von Österreich erwarten wir jetzt Rechtstreue. Der Finanzplatz Österreich ist durch diese Maßnahmen in einer ganz schwierigen Situation. Das Vertrauen von in- und ausländischen Anlegern in Wien schwindet von Tag zu Tag. Die Klagewelle vieler Anleger gegen die Republik Österreich ist ein klares Indiz dafür.

Frage: Sind Sie in irgendeiner Weise in Gespräch mit dem österreichischen Finanzministerium?

Söder: Die BayernLB ist in Kontakt. Allerdings sind wir überrascht, dass Wien dies öffentlich macht, obwohl doch der Sinn von solchen Gesprächen Vertraulichkeit ist. Das ist bei einem professionellen Umgang auf internationaler Ebene unüblich. Nur so viel sei gesagt: Alle Angebote waren aus bayerischer Sicht nicht seriös. Für weitere Gespräche ist die Tür jetzt erstmal zu. Denn jetzt ist die Finanzmarktaufsicht am Zug. Dabei gilt ein geordnetes Verfahren.

Frage: Es wird über Konkurse der Abwicklungsbank Heta, sogar des Bundeslands Kärnten spekuliert. Kalkulieren Sie das ein?

Söder: Als bayerischer Finanzminister ärgere ich mich natürlich über das Verhalten von Österreich. Aber als Europäer bin ich tief besorgt. Österreich entwickelt sich zusehends zu einer Schwachstelle in der europäischen Finanzarchitektur. Wir erwarten von Griechenland, Spanien, Italien und Portugal, dass sie ihre Schulden begleichen – und das tun die meisten auch. Ich finde, dieser Maßstab muss auch für Österreich gelten.

Frage: Wie geht es jetzt weiter? Vertrauen Sie weiter auf die in Wien und München laufenden Klagen oder starten Sie noch weitere Schritte?

Söder: Wie viele andere setzen auch wir auf Rechtsstaatlichkeit und auf eine rechtlich saubere Klärung. Wir haben keinen Anlass, die Rechtsstaatlichkeit Österreichs zu bezweifeln. (APA)

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