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Heiße Debatte um die Schweine

Hohenems - Schweinehaltung polarisiert am VN-Stammtisch. Änderungen nötig, kein Konsens.

Die Debatte um Schweinehaltung in Vorarlberg hatte die Wogen hochgehen lassen. Seit Tierschützer Ende August skandalöse Zustände bei manchen Vorarlberger Schweinebauern aufgedeckt haben, wird öfter darüber diskutiert: Wie geht es Schweinen in Vorarlberg? Was essen wir? Zu welchem Preis? Der Diskussion am VN-Stammtisch im Hohenemser Löwensaal stellten sich gestern Landwirtschaftskammerpräsident Josef Moosbrugger, Landesveterinär Erik Schmid, Tierschützer David Richter, Sutterlüty-Eigentümer Jürgen Sutterlüty und der Schweinemäster Jürgen Hagspiel aus Hohenweiler. Und die Debatte wurde emotional geführt. Was sich aber herauskristallisierte: Durch Zusammenarbeit ließe sich einiges verbessern, auch regional. Von Konsens und Zusammenarbeit war man am Montagabend jedoch weit entfernt. Landwirte, Tierschützer, Konsumenten, Handel: Die Meinungen klaffen auseinander.

„Standards zu niedrig“

Die gesetzlichen Standards bei der Schweinehaltung sind zu niedrig, ist sich Landesveterinär Erik Schmid sicher. „Aber es geht nicht um Kritik an den Landwirten, die diesen Normen ausgeliefert sind. Es darf erlaubt sein, eine gesetzliche Norm infrage zu stellen.“ Legale Tierquälerei also? Direkt antworten wollte Landwirtschafskammerpräsident Moosbrugger darauf nicht. „Es gilt das Bundestierschutzgesetz“, sagt er. Für Tierschützer David Richter, der in den letzten Tagen auch tagsüber bei einigen Vorarlberger Schweinemästern vorbeigeschaut hat, ist die Situation in Vorarlberg nicht schlimmer als im Rest Österreichs. „Aber wir sprechen von Minimalauflagen, die unterschritten werden. Beispiel Beschäftigungsmaterial. Das ist eine Gesetzesübertretung.“

„Als Schweinehalter wird man in ein recht dunkles Licht gerückt. Ich fühle mich nicht als Tierquäler, wenn ich mich an Normen halte“, stellt Schweinehalter Jürgen Hagspiel klar. „Es ist ziemlich demotivierend, von allen Seiten als beinahe Krimineller hingestellt zu werden“, sagt er. Hinschmeißen wollte er den Beruf nie. „Dafür tue ich es zu gerne.“ Hagspiel hat selbst eine Anzeige bekommen. Daraufhin keine Geldstrafe, aber Verbesserungsaufträge. „Wenn man eine Verbesserungsauflage bekommt, ist man noch lange kein Tierquäler. Ein Konsument kann jederzeit unseren Stall betreten. Aber vielleicht nicht nachts und im Alleingang“, spricht er eine Einladung aus.

Kritik an Moosbrugger

„Grundsätzlich kann man nicht den Bauern verteufeln. Er ist Partner eines Systems. Das sind gesetzliche Vorgaben, die unter dem Limit dessen sind, wie man Schweine halten sollte“, mischt sich Handelsketten-Eigentümer Sutterlüty ein. Er würde sich eine bessere Zusammenarbeit mit den Schweinebauern wünschen – und mit der Landwirtschaftskammer: „Wir wünschen uns eine aktivere Unterstützung von der Landwirtschaftskammer. Wir sind doch Partner in einem Boot.“ Auf die Kritik Sutterlütys reagiert Moosbrugger: „Ich bin enttäuscht, dass Sutterlüty Pauschalangriffe nötig hat, um sich in ein besseres Licht zu rücken. Für die dringende Notwendigkeit der Zusammenarbeit ist das das falsche Signal. Wir bestimmen nicht, was der Landwirt tut. Landwirte sind freie Unternehmer.“

Ethisch einwandfreies Fleisch

Auch die Konsumenten meldeten sich in der Debatte zu Wort: „Wie kann ich ab morgen Lebensmittel einkaufen, die ethisch einwandfrei sind?“ Für Tierschützer David Richter zeigt die Erfahrung: „Dazu muss man im Supermarkt recht genau schauen. Es ist in recht kleiner Menge vorhanden, und recht gut versteckt. Aber jede Handelskette hat Biofleisch.“ Beim Schweinefleisch gibt es außer dem Bio-Siegel keine Kennzeichnung nach der Haltung, was sich Landesveterinär Schmid längst wünscht: „Wie bei den Eiern kann man es bei den Schweinen machen.“

Der Preis zählt

Moosbrugger kritisiert auch die Konsumenten: „Wir erleben die Realität am Markt. Da zählt der Preis.“ Und Sutterlüty pflichtet bei: „Geflügel und Schwein kaufen Kunden emotionslos.“ Auch der Handel wird dabei von den Landwirten im Saal in die Pflicht genommen. „Die Bilder in der Werbung sind einfach nicht ehrlich. Da zeigt man so viel Stroh, dass man fast das Schwein nicht mehr sieht. So sieht es nicht aus, da wird der Konsument angelogen“, ist für Karl Nussbaumer klar.

Und wie sieht nun die Zukunft aus? „Es gibt die Möglichkeit, das als Chance zu sehen, zusammenzustehen und auf Qualität zu setzen“, erklärt Grünen-Chef Johannes Rauch. „Aber ich habe das Gefühl, zumindest vonseiten der Landwirtschaftskammer, dass man die Sache aussitzen will. Das ist der falsche Weg.“

„Es war ein kräftiges Wachrütteln“, sagt Moosbrugger und fügt hinzu: „Es kann eine Chance sein, dass wir diesen Bestand für die Zukunft halten können.“ Und Hagspiel äußert die Hoffnung: „Vielleicht haben wir jetzt die Möglichkeit, uns zu etablieren. Auf einem höheren Niveau, mit einem höheren Preis.“ (VN)

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