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Harte Kritik an Zugsicherheit

Nach der Überfallserie in Nachtzügen berichten Opfer in den „VN“ von ihren Erlebnissen. Christina Bolter ist eine von vielen Ausgeraubten, die sich am Mittwoch in der „VN“-Redaktion gemeldet haben.

Die Klauserin ist immer noch empört darüber, wie die ÖBB mit ihr umging, nachdem sie im Februar im Nachtzug von Villach nach Feldkirch bestohlen wurde. „Nehmen Sie sich doch ein Vorhängeschloss mit, dann passiert das nicht“, war die Antwort des Zugbegleiters auf ihre Beschwerde. „Demnächst soll man sich wohl noch einen Wachhund vor die Tür setzen, wenn man im Schlafwagen reist“, so Christina Bolter im „VN“-Gespräch. Bei ihr waren am Morgen 400 Euro und ein nagelneues Handy verschwunden. Auch Christina Bolter hat, wie viele der Betroffenen, ungewöhnlich tief geschlafen und geht davon aus, dass sie vor dem Diebstahl betäubt wurde.

Gutachten erstellt Gerhard Schiffauer, Leiter der Sicherheit der ÖBB hält das für ziemlich ausgeschlossen: „Technisch ist das eigentlich unmöglich und es wäre auch viel zu aufwändig.“ Untersuchungen des Bundeskriminalamtes hätten keinen einzigen Beweis für die Betäubungsthese ergeben. Für ganz ausgeschlossen scheint man die Sache dann aber doch nicht zu halten: Laut Schiffauer wurde jetzt ein Gutachten beim BKA in Auftrag gegeben, um zu prüfen, ob man in die Abteile tatsächlich Betäubungsmittel einleiten kann. „Wir nehmen die Sicherheit unserer Fahrgäste sehr ernst“, so Schiffauer im „VN“-Interview.

Von einer Gefahr geht die ÖBB aber weiterhin nicht aus. „Bei den vielen Fahrgästen ist die Zahl der Diebstähle verschwindend gering“, so Schiffauer weiter. Außerdem sei der Zugbetreuer angewiesen, den Wagen regelmäßig zu überwachen und die ganze Nacht wach zu sein. „Und das wird auch umgesetzt“, ist der Security-Chef sicher. Eine Aussage, die die Betroffenen zumeist nicht bestätigen: Ferdinand Fink aus Hörbranz reiste am 5. Mai mit dem Nachtzug nach Wien. „Von dem Zugbegleiter habe ich nicht viel gesehen, der hat wohl in seinem Abteil geschlafen“, kritisiert er – von einer Warnung oder Hinweisen seitens des Personals keine Spur. Auch Fink fehlte am Morgen Geld. 400 Euro und 150 Franken hatte man ihm aus der Geldbörse gestohlen.

Häufige Vorfälle
Zm Reisenden Marco B. (vollständiger Name ist der Redaktion bekannt) aus Feldkirch sagte ein Zugbegleiter nach dem Überfall: „Sowas kommt in den Nachtzügen häufig vor.“ Der Feldkircher war am 10. Juni von Feldkirch nach Linz unterwegs. In seinem Abteil wurden drei Fahrgäste beraubt. Unternommen wurde nach dem Vorfall nichts.

Genau wie bei Christina Bolter, der Zugbegleiter weigerte sich, die Polizei zu rufen. „Seit dem Vorfall bin ich nicht mehr Bahn gefahren, ich habe Angst. Falls ich nochmal fahre, dann am Tag“, ist ihr Fazit.

Sicherheitschef Gerhard Schiffauer über die Vorfälle in den Nachtzügen.

VN: Wie ernst nimmt die ÖBB die Vorwürfe der Fahrgäste?

Schiffauer: Die Sicherheit der ÖBB-Kunden ist für uns das wichtigste. Aus diesem Grund haben wir jetzt das Gutachten in Auftrag gegeben, das ermitteln soll, ob die Einleitung eines Betäubungsgases in die Abteile möglich ist. Mediziner und Kriminaltechniker halten es jedenfalls für ziemlich ausgeschlossen.

VN: Dennoch ist es Fakt, dass es nächtliche Überfälle gab.

Schiffauer: Das stimmt, es gibt diese Fälle, man muss aber von Diebstählen, nicht von Raubüberfällen sprechen. Von einer Häufung kann man auch nicht reden. In einem öffentlichen Verkehrsmittel kann so etwas nicht völlig verhindert werden. Ein großes Problem dabei ist, dass viele Fahrgäste die Türen nicht richtig verriegeln. Diebe haben dann leichtes Spiel.

VN: Warum wird beim Stopp nicht die Polizei gerufen, um die Täter ausfindig zu machen?

Schiffauer: Die Exekutive hat in einem solchen Fall keine Handhabe. Mann kann ja nicht die Taschen aller Reisenden durchsuchen. Dazu fehlt auch die rechtliche Möglichkeit. Wir appellieren an die Kunden, darauf zu achten, dass die Schlösser verriegelt sind und auf die Wertsachen achtgegeben wird.

VN: Welche Maßnahmen trifft die ÖBB nun für die Sicherheit in den Zügen?

Schiffauer: Auf einer Strecke gab es zuletzt mehrere Diebstähle. Dort werden nun Beamte in Zivil eingesetzt, die die Abteile überwachen. Das gleiche passiert auch auf anderen Strecken.

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