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"Hab viel Solidarität erfahren"

Feldkirch - "Es geht mir gut." Aly el Ghoubashy hat diesen Satz in den vergangenen Tagen wieder und wieder ausgesprochen. Er wurde so oft danach gefragt.

„Die Leute wollten uns sogar finanziell unter die Arme greifen.” Der gebürtige Ägypter, der sich mit seiner offenen Kritik an der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGiÖ) die Kündigung als Religionslehrer eingehandelt hat, erlebte ein Paradoxon: „Ausgerechnet dieser für mich schlechte Entschluss hat mir umgekehrt wieder Kraft gegeben.” El Ghoubashy erfuhr, dass er Freunde hat. Muslime und Christen. Aus allen möglichen Herkunftsländern. Aber alle hier zu Hause. So wie er.

Nachfolge entschieden

Er hat vergangene Woche aufgehört, an den Feldkircher Gymnasien zu unterrichten. Ursprünglich wollte er auch ohne Zustimmung der IGGiÖ weitermachen. Seine Schüler haben sogar für ihn demonstriert. Aber „ich hab’s dann gelassen. Ich wollte keine Schwierigkeiten machen.” Seine Stunden werden ab kommender Woche neu besetzt. Aly El Ghoubashy, welcher der Islamischen Glaubensgemeinschaft u. a. Freunderlwirtschaft vorgeworfen hat, wird nun durch Idris Basol ersetzt. Der unterrichtet bereits in Rankweil und Lustenau und ist der Schwager von Abdi Tasdögen, der die IGGiÖ in Vorarlberg vertritt.

„War früher auch so”

Doch, Aly geht es gut. „Die Reaktionen waren überwältigend. So viele Menschen haben sich solidarisch erklärt.” Aly unterrichtet auch Zeichnen. „Jetzt”, scherzt er, „wäre der beste Zeitpunkt, meine Bilder loszuschlagen.” Einzig Anas Schakfeh, der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft, die ihn rausgeschmissen hat, tut ihm leid. „Er hat so viel getan für die Muslime.” Dass seine Amtszeit jetzt in solchen Misstönen zu Ende geht, „tut mir weh”. Aly kann die brüsken Reaktionen der Muslime auf Kritik gut nachvollziehen. „Ich war ja selber so.” Aus seiner Studienzeit in Wien an der Technischen Universität erinnert er sich, „wie ich jedes Mal beleidigt war, wenn jemand Muslime kritisierte. Aber dann dachte ich: Das hat dir doch in Ägypten auch nicht gefallen, wie man Frauen behandelt, die Hygiene, mangelnde Ausbildung u.s.w.” Seither lässt er diese Kritik zu. Aber er weiß auch, dass es noch viel Zeit brauchen wird, bis Muslime wirklich integraler Bestandteil von Deutschland und Österreich werden. „Solange wir im Islamunterricht Bücher aus Ägypten oder der Türkei verwenden, solange Migranten immer wieder durch ihre Herkunftsländer vereinnahmt und mobilisiert werden, solange zwischen einem Mutterland und einem Vaterland unterschieden wird, solange wird sich nichts ändern. Wie viel Muslime in Vorarlberg haben schon echte nicht-muslimische Freunde? Das ist ein Wahnsinn.”

„Ihr und wir”

Das Spiel mit den Nationalitäten findet er „so schlimm”. „Ich werde gefeuert, weil ich ein Türke bin, ich krieg einen Fünfer, weil ich ein Türke bin – diese Jammerei muss endlich aufhören.” El Ghoubashy sieht das Grundübel mangelnder Koexistenz im Begriffspaar „Ihr und Wir”, das in den Köpfen Grenzen zementiert, die längst eingerissen werden sollten. „Nur immer wie eine Langspielplatte zu wiederholen, dass der Islam anerkannt ist, hilft niemandem weiter.” Man muss etwas tun. Hier und jetzt. Das hat er mehrfach ausgesprochen. Dafür wurde er gefeuert. Er nimmt nichts davon zurück.

 

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