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Gstanzl-Singen mit den Toten Hosen in der Burg

Sonst kennt man sie als rockende Unruhestifter auf den größten Pop-Bühnen - dieses Mal traten die Toten Hosen in ungewohntem Ambiente auf: Im Wiener Burgtheater. Die Bilder | Video: Punk & Klassik im Gleichklang

Alphörner statt E-Gitarren, Gstanzl-Singen statt Stadionrock: In “Großer Koalition” mit dem befreundeten Liedermacher Funny van Dannen und der bayrischen Volksmusik-Truppe Biermösl Blosn gaben sich die Toten Hosen bei ihrem Comeback-Konzert im Wiener Burgtheater ausgesprochen zünftig. Zwar mussten die Besucher aufgrund der eigenwilligen Kombination auf viele Hits der Band verzichten, dafür gaben sich die Hosen am Montagabend so bissig und politisch wie schon lange nicht mehr.

Der Abend war für viele Fans wohl eine Überraschung. Anstatt ihren legendären unplugged “Nur zu Besuch”-Auftritt von 2005 im Burgtheater zu wiederholen, holte sich die Band Verstärkung in Form von Funny van Dannen und den nur auf den ersten Blick bieder wirkenden Biermösl Blosn, deren traditionelle Lieder es aufgrund der subversiven Texte schon zu einem Rundfunkboykott in Bayern gebracht haben.

Auf der Bühne versuchten die Künstler, die verschiedenen Musikrichtungen zu einem Ganzen zu kombinieren. Songs der Punk-Band wurden mit Hackbrett, Harfe und Ziehharmonika begleitet, dafür griff Frontman Campino immer wieder zur Trompete, um in die Lieder der Biermösl Blosn einzustimmen. Als Höhepunkt sangen sämtliche Mitglieder der Rocker mit ihren Kollegen sogar bayrische Gstanzln. “Wir wollten, dass wir ganz homogen rüberkommen”, sagte Frontman Campino gegenüber der APA.

Die Band war auf den ausdrücklichen Wunsch des scheidenden Intendanten Klaus Bachler in “die schönste Mehrzweckhalle des Landes” zurückgekehrt. “Es ist ein Stück ein Gefühl, als komme man nach Hause, wir haben viele Freunde hier im Haus mittlerweile”, freute sich Campino.

Als erstes forderte am Montagabend aber die Wirtschaftskrise ein großes Opfer. Die Toten Hosen verlegten den Text ihrer Prolo-Hymne “Opelgang” von der Gegenwart in die Vergangenheit und trugen die legendäre Fuchsschwanztruppe zu Grabe. “Wir waren die Jungs von der Opelgang, doch Magna hat uns abgehängt”, wehklagte Campino.

Danach folgten Attacken auf innerösterreichische Angelegenheiten. In dem neuinterpretierten Freddy Quinn-Song “Wir” schleuderten die Hosen ihren Gastgebern etwa Sätze wie ” Wer produziert Kellergeister wie Fritzl – Ihr. Wer hat einen braunen Nationalratspräsidenten – Ihr. Wer hält Olympia für brave Studenten – Ihr”, entgegen. Auch die Biermösl Blosn blieben nichts schuldig und sangen von einem imaginären Treffen von einem bekannten “Rotzbremsenträger”, Jörg Haider, Saddam Hussein und Augusto Pinochet in der Hölle, bei dem sie aber guter Dinge sind, da “Kamerad Strache” ihr Werk auf der Welt fortsetzt. Um ihr Heimatland nicht aus dem rechten Eck entkommen zu lassen, gruben die Punk-Rocker dafür ihren lange nicht gespielten Abgesang auf den deutschen Skinhead “Sasha” aus.

Die großen Hits der Hosen blieben aber nicht völlig auf der Strecke. In bester Spiellaune gab die Band ihre Unplugged-Gänsehaut-Version des Klassikers “Hier kommt Alex” ebenso wie “Wünsch Dir was”, “Steh auf” oder eine jazzige Variante des Trash-Songs “Bommerlunder”. Daneben präsentierten sie mit “Strom”, “Alles was war” und der neuen Single “Auflösen” zum ersten Mal Songs des aktuellen Albums “In aller Stille” (Warner) unplugged. Für das Duett “Auflösen” war extra die Schauspielerin und Gesangspartnerin von Campino Birgit Minichmayr ins Burgtheater gekommen war. Die beiden waren Kollegen bei der Aufführung der Dreigroschenoper in Berlin gewesen und beschlossen dabei, ein gemeinsames Projekt zu starten. “Ich hätte das mit keiner anderen Stimme machen können”, meinte Campino.

Im großen Finale sang nach mehr als zwei Stunden schließlich das völlig außer Rand und Band geratene Publikum im Burgtheater gemeinsam mit der Band die FC Liverpool-Hymne “You’ll never walk alone”. “Es war eine Familienfeier. Vielen Dank”, verabschiedete sich Campino gerührt von Wien. Heute, Dienstag, machen die Toten Hosen noch einmal das Burgtheater unsicher.

 

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