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"Grundrechte in Gefahr" - "Online-Giganten gerecht besteuern"

Raab, Zadic, Nehammer, Edtstadler, Fassmann, Köstinger, Kogler und Kurz
Raab, Zadic, Nehammer, Edtstadler, Fassmann, Köstinger, Kogler und Kurz ©APA - ROLAND SCHLAGER
Zwei Themen in der heutigen Nationalratssitzung. Darüberhinaus stehen Entschließungen zur Armutsbekämpfung und zur medizinischen Versorgung von Häftlingen an.
Regierung gab Erklärung im Nationalrat ab

Die erste Nationalratssitzung nach der Vorstellung der neuen Regierung beginnt mit einer Aktuellen Stunde, an die eine Aktuelle Europastunde anschließt. Außerdem werden die Abgeordneten über den Tätigkeitsbericht der Behindertenanwaltschaft, den 3. Freiwilligenbericht und verschiedene sozialpolitische Oppositionsanliegen diskutieren. Ebenso steht eine Vielzahl Erster Lesungen auf der Tagesordnung. Gesetzesbeschlüsse sind keine geplant, auf Empfehlung des Sozialausschusses könnte der Nationalrat aber zwei Entschließungen zum Thema Armutsbekämpfung und zur medizinischen Versorgung von Häftlingen fassen.

Sollte der am Mittwoch vor dem Nationalratsplenum anberaumte Geschäftsordnungsausschuss den Weg für die Einsetzung des Ibiza-Untersuchungsausschusses frei machen, würde der entsprechende Bericht ebenfalls auf die Tagesordnung gesetzt.

Aktuelle Stunde

Die Sitzung beginnt um 10.00 Uhr mit einer Aktuellen Stunde. Unter dem Titel "Grundrechte in Gefahr – Totalitäre Tendenzen an Schulen und Unis stoppen!" will die FPÖ unter anderem jüngste Proteste an Universitäten gegen unliebsame Vortragende thematisieren.

Aktuelle Europastunde

Für die daran anschließende Aktuelle Europastunde hat die SPÖ das Thema "Zeit für mehr Fairness in Europa: Online-Giganten endlich gerecht besteuern" gewählt.

Sozialhilfe: SPÖ fordert Mindestrichtsätze

Eine lebhafte Diskussion im Plenum ist über die neue Sozialhilfe zu erwarten. Der Verfassungsgerichtshof hat einige Teile des unter Türkis-Blau verabschiedeten Grundsatzgesetzes des Bundes – insbesondere die degressive Kinderstaffelung und automatische Leistungskürzungen bei nicht ausreichenden Deutschkenntnissen – aufgehoben, gleichzeitig haben etliche Länder die bundesweiten Vorgaben noch nicht umgesetzt. Den Abgeordneten liegen dazu zwei konträre Entschließungsanträge von SPÖ und FPÖ vor, die beide vom Sozialausschuss abgelehnt wurden.

Während es der SPÖ unter anderem um eine armutsvermeidende Leistungshöhe, die Festlegung von Mindestrichtsätzen statt Höchstrichtsätzen und diskriminierungsfreie Kinderzuschläge geht, pocht die FPÖ auf eine Umsetzung der nicht vom Verfassungsgerichtshof beanstandeten bzw. nicht angefochtenen Gesetzesteile durch die Länder.

Konkret nennt die FPÖ in ihrem Antrag unter anderem die niedrigeren Leistungen für subsidiär Schutzberechtigte in Höhe der Grundversorgung, den Ausschluss jeglicher Leistung für Ausreisepflichtige bzw. bloß geduldete Fremde, die Pflicht zur Absolvierung einer Integrationsprüfung mit Deutschniveau B1, den grundsätzlichen Vorrang von Sachleistungen vor Geldleistungen, die verpflichtende 12-monatige Befristung von Bescheiden und die beschlossenen Höchstgrenzen für Erwachsene, die ihrer Meinung nach von den Ländern verpflichtend umzusetzen wären. Hinsichtlich der vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Gesetzesteile mahnt die FPÖ vom Sozialminister die Erarbeitung verfassungskonformer Regelungen ein.

Dass die Länder die nicht aufgehobenen Teile des Grundsatzgesetzes umzusetzen haben, sieht auch die ÖVP so. Im Regierungsprogramm sei jedenfalls nicht vorgesehen, ein neues Grundsatzgesetz zu beschließen, brachte sie im Ausschuss vor. Eine explizite Entschließung hält die ÖVP aber für überflüssig. Die Grünen wiesen auf die Ankündigung von Sozialminister Rudolf Anschober hin, sich das Grundsatzgesetz vor dem Hintergrund des VfGH-Urteils nochmals anzuschauen. Dieser hofft auf eine "vernünftige gemeinsame Vorgangsweise" mit den Ländern.

Die SPÖ argumentierte im Ausschuss, dass es vor einer Umsetzung der Vorgaben durch die Länder eines Ausführungsgesetzes des Bundes bedürfe. Die NEOS forderten eine Zusammenführung von Notstandshilfe und Sozialhilfe sowie flexible Zuverdienstgrenzen.

ÖVP und Grüne nutzten die Ausschussdebatte, um selbst einen Entschließungsantrag einzubringen. Die beiden Parteien ersuchen Sozialminister Anschober, ehestmöglich geeignete Maßnahmen zur Halbierung des Anteils armutsgefährdeter Menschen in Österreich zu setzen. Während die Opposition den Antrag als nichtssagend und sinnlos bewertete, sieht Anschober diesen als Rückenstärkung.

Höheres Pflegegeld für zu Hause gepflegte Personen

Um häusliche Pflege zu honorieren, schlägt die FPÖ vor, Personen, die zu Hause betreut bzw. gepflegt werden, ab der Pflegestufe drei um 50% mehr Pflegegeld zu gewähren. Außerdem soll der Zuschlag für Demenzkranke im Falle einer häuslichen Pflege von 25 auf 30 Stunden erhöht werden. Das Anliegen wurde im Ausschuss von den anderen Fraktionen allerdings abgelehnt. Man habe sich im Rahmen der Koalitionsverhandlungen darauf verständigt, das Thema Pflege gesamtheitlich anzugehen und werde Einzelmaßnahmen daher keine Zustimmung geben, wurde seitens der ÖVP festgehalten. Die SPÖ wies auf die hohen Kosten hin, mit denen man etwa auch Sachleistungen finanzieren könnte.

Einbeziehung von Häftlingen in die gesetzliche Krankenversicherung

Der Rechnungshof hat bereits vor einigen Jahren Kritik an den hohen Kosten für die medizinische Versorgung von Häftlingen geübt. Da diese nicht krankenversichert sind, übernimmt der Staat die Kosten für deren ärztliche Betreuung und Behandlungen und muss dafür grundsätzlich den Tarif für unversicherte PrivatpatientInnen zahlen. Das soll sich in naher Zukunft ändern. ÖVP und Grüne haben im Sozialausschuss die im Regierungsprogramm verankerte Verbesserung und Effizienzsteigerung der Gesundheitsversorgung im Strafvollzug aufgegriffen und dazu eine Entschließung gefasst. Demnach sollen Justizministerin Alma Zadić und Sozialminister Rudolf Anschober eine Einbeziehung von Gefängnisinsassen in die gesetzliche Krankversicherung bzw. alternative Möglichkeiten zur Sicherung der medizinischen Versorgung von Häftlingen prüfen. Der Beschluss fiel mit den Stimmen von ÖVP und Grünen, ein Entschließungsantrag der FPÖ, der der Debatte zugrunde lag, fand keine Mehrheit.

Die FPÖ spricht sich in ihrem Antrag mit Hinweis auf den 2012 vorgelegten Rechnungshofbericht explizit dafür aus, Gefängnisinsassen in die gesetzliche Krankenversicherung einzubeziehen, um die Kosten für deren medizinische Versorgung zu senken. Das ist zwar auch für ÖVP und Grüne eine Option, sie wollen jedoch auch andere Alternativen wie etwa den Abschluss eines Gesamtvertrags statt vieler teurer Einzelverträge, die Bildung von regionalen Clustern oder eine Kooperation mit dem Bundesheer prüfen. Man wolle kein Husch-Pfusch-Gesetz, sondern die beste Lösung suchen, wurde der eigene Vorstoß begründet.

Die FPÖ hielt dem entgegen, dass man bereits zwei Jahre lang im Justizausschuss über diese Frage diskutiert habe und die jährlichen Kosten von 100 Mio. € einen großen Posten im Budget des Justizministeriums einnehmen. Gar nichts von einer Einbeziehung der Häftlinge in die gesetzliche Krankenversicherung hält hingegen die SPÖ: Sie argumentiert, dass man die Kosten für die medizinische Versorgung von Häftlingen, eine originäre Aufgabe des Staates, nicht zu Lasten der ArbeiterInnen und Angestellten der Sozialversicherung "umhängen" dürfe. Laut ÖVP kommen im Falle einer Einbeziehung von Häftlingen in die Krankenversicherung nur Standardleistungen – ohne Einbeziehung von Angehörigen - in Frage.

(Red.)

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