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Gnaiger: Seestadtprojekt könnte Bregenz "irreversiblen Schaden" zufügen

Architekt Roland Gnaiger kritisiert die Pläne für das Bregenzer Seestadtareal heftig.
Architekt Roland Gnaiger kritisiert die Pläne für das Bregenzer Seestadtareal heftig. ©Klaus Hartinger
Der Bregenzer Architekt Roland Gnaiger übt harrsche Kritik an den aktuellen Planungen zur Seestadt Bregenz.
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Mit dem zur Zeit vorgesehenen Seestadt Projekt würde Bregenz eine “Jahrhundertchance” vergeben, so der Architekt. Gnaiger zählt zu den annerkanntesten Architekten Österreichs, bekannt wurde er unter anderem durch die Sendung “Plus-Minus” im ORF in den achtziger Jahren. Seit 1996 ist er Professor an der Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz.

Am Seestadtprojekt kritisiert Gnaiger, dass die Pläne überhaupt nicht zu Bregenz passen würden. Außerdem habe das aktuelle Projekt nichts mehr mit den ursprünglichen Zielen des Architekturwettbewerbs zu tun. Diese hätten einen neuen Stadtteil vorgesehen, “mit neuen Bauten, mit Plätzen, Wegen und Straßen”, so Gnaiger. Stattdessen würden die Verantwortlichen nun auf “eine einzige Baumasse” setzen, die in ihrer Dimension und Hermetik den örtlichen Maßstab und die strukturellen Gegebenheiten sprengen würde. Diese geschlossene Baumasse würde zudem “einen Keil zwischen Stadt und See” treiben. Das würde Bregenz einen wesentlichen Teil rauben.

“Gegenteil einer Stadtbereicherung”

Außerdem bemühe sich das Projekt im Bauinneren der Seestadt eine Passage zu füllen, womit der öffentliche Raum von Passanten entleert werden würde. Dies sei kein Konzept im Sinne einer Stadtaufwertung, sondern eine “zum Scheitern verurteilte Geschäftsidee”. Gnaiger bezeichnet die Idee als “undulbaren Projektegoismus”. Ein weiterer Nachteil sei, dass die Passage in der Seestadt, anders als Passagen in europäischen Großstädten, keine relevanten Wegziele verbinden würde. “Die für Bregenz vorgeschlagene Passage setzt an beliebiger Stelle an und führt nach Nirgendwo”, erklärt Gnaiger.

Das Seestadtprojekt sei gestalterisch das “Gegenteil einer Stadtbereicherung”. Jeder Formwille schiene einem “ökonomisch kurzsichtigen Pragmatismus” geopfert. Das Projekt würde den architektonischen Standards Vorarlbergs überhaupt nicht entsprechen. “Jedes neuere Gemeindezentrum, jede Schule und jeder Kindergarten (in Bregenz wie in Dörfern der weiteren Umgebung) liegt weit über dem Niveau der vorliegenden Stadtvision”, meint Gnaiger deutlich. Sollte das Projekt realisiert werden, würde dem Architekten zufolge die “bedeutendste städtebauliche Entwicklungschance” vertan und der Stadt würde ein “irreversibler Schaden” zugefügt.

Gnaiger befürchtet “Wiederholung der Fehlentwicklungen”

“Mir darf an dieser Stelle die Frage gestellt werden, wieso ich mich erst jetzt zu Wort melde”, meint Gnaiger. Die Antwort sei einfach: “Ich habe den handelnden Akteuren vertraut.” Die Stadt schien aus seiner Sicht aus “zahlreichen Fehlentwicklungen” in den achtziger Jahren gelernt zu haben. Als solche nennt er etwa das Hotel mit dem Casino Bregenz, den Bahnhof und das Festspielhaus. Bei Letzterem habe man das Unheil durch “gekonnte Transformation und Erweiterung” noch behoben, der Bahnhof sei nach nur 35 Jahren schon bald wieder Vergangenheit, nur das Hotel bliebe. Schon in den Achtzigern habe man durch diese Bauten eine “Jahrhundertchance” verspielt. Gnaiger fürchtet, dass es mit den jetzigen Seestadtplänen zu einer Wiederholung dieser Entwicklungen kommen könnte.

(Red.)

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