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Gewaltakt oder "leidenschaftlicher Sex"?

Das von Staatsanwältin Claudia Buss verfasste Dokument, das den VN vorliegt, beschreibt detailliert die nächtlichen Vorgänge während einer ÖVP-Stadtparteiklausur in Langenegg – und es steht Aussage gegen Aussage: Berchtold (56) hat stets seine Unschuld beteuert.
Auszug aus der Anklageschrift

Gleichlautende Schilderung

Die Staatsanwaltschaft (StA) ist sich in ihrer Anklage sicher: der angeklagte Bürgermeister soll sein Opfer „mit Gewalt zur Vornahme oder Duldung des Beischlafs und dem Beischlaf gleichzusetzender geschlechtlichen Handlungen“ genötigt haben. Berchtold spricht in seinen Vernehmungen laut Angklagebehörde von „leidenschaftlichem Sex ohne Zwang, wie bereits in den Jahren zuvor“. Es ist zu erwarten, dass er vor Gericht gegen die vorliegende Darstellung der Anklagebehörde ankämpfen wird. Die Liason zwischen der früheren ÖVP-Mitstreiterin und dem Stadtoberhaupt geht laut Ermittlungen der StA ins Jahr 2002 zurück. 2005 wurde – nach Auffliegen – die Beziehung kurz unterbrochen, fand dann aber rasch bis 2009 ihre Fortsetzung. Das Opfer habe, schildert die Staatsanwaltschaft, sowohl in der Zeugenvernehmung als auch in der kontradiktorischen Vernehmung die Vorgänge in der Tatnacht gleichlautend geschildert.

Politische Dimension

Der Bürgermeister, so die Anklagebehörde, habe die Anzeige hingegen als „Racheaktion“ betitelt, „weil er ihre politischen Wünsche, nämlich einen sicheren Listenplatz für die Gemeinderatswahlen 2010 nicht erfüllt hätte“. Die Staatsanwaltschaft hält dem entgegen, dass das mutmaßliche Opfer bereits Ende November 2009, also mehrere Wochen vor dem Bekanntwerden der bereits vorläufig fixierten Kandidatenliste Anfang Jänner 2010, sowohl einem Freund (Stadtvertreter Ulrich Nachbaur) als auch Psychiater Albert Lingg vom LKH Rankweil von den Geschehnissen erzählt hatte. Berchtold räumt laut Anklageschrift die Affäre ein, die Betreffende habe auch nach der Trennung immer wieder seine Nähe gesucht. Der SMS-Kontakt in der fraglichen Nacht wird ebenfalls bestätigt. Allerdings habe sie ihm zuvor geschrieben, dass „ihr kalt sei und sie nicht alleine schlafen“ wolle. Die Staatsanwaltschaft schildert, die Frau habe panische Angst gehabt, sich gewehrt – und klar „Nein“ gesagt. Die Gegenwehr habe sie aufgegeben, nachdem sie vom Angeklagten am Nacken gepackt worden sei. Die Staatsanwältin schreibt: Berchtold müsse bewusst gewesen sein, dass die Handlungen gegen den Willen der Frau geschehen seien. Ob die mittlerweile rechtskräftige Anklageschrift gegen Wilfried Berchtold, für den die Unschuldsvermutung gilt, zu einer Verurteilung führt, wird sich beim Schöffenprozess am 10. Februar unter dem Vorsitz der Richterin Claudia Egger (37) zeigen.

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