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Gewalt überschattet Amerika-Gipfel

Überschattet von gewaltsamen Protesten gegen die USA und ihren Präsidenten George W. Bush hat am Freitag im argentinischen Badeort Mar del Plata der vierte Amerika-Gipfel begonnen. 

Am Rande des Amerika-Gipfels in Argentinien ist es in mehreren Städten zu schweren Ausschreitungen und Verwüstungen durch Anti-Bush-Demonstranten gekommen. Im Konferenzort Mar del Plata, 400 Kilometer südlich von Buenos Aires, in der Hauptstadt selbst und anderen argentinischen Städten setzten linksgerichtete Demonstranten Filialen am Freitagabend ausländische Banken in Brand, zerstörten amerikanische Schnellrestaurants und verwüsteten Geschäfte oder beschmierten Gebäude mit anti-amerikanischen Parolen.

Die Proteste richteten sich vor allem gegen die Anwesenheit von US-Präsident George W. Bush auf dem Gipfeltreffen von 34 nord- und südamerikanischen Staaten sowie Bushs Plan der Gründung einer Freihandelszone auf dem gesamten Kontinent. Die Polizei ging mit Gummikugelgeschossen und Tränengas gegen die gewalttätigen Demonstranten vor und nahm 74 von ihnen fest.

In Buenos Aires versammelten sich hunderte von Protestlern vor dem Regierungssitz auf der „Plaza Dos de Mayo“ und randalierten danach in den umliegenden Geschäftsstraßen. Die zum Teil vermummten Demonstranten warfen mit Steinen und Molotow-Cocktails, schlugen mit Knüppeln auf Polizisten ein, verbrannten US-Fahnen und zündeten Geschäfte und kleinere Straßenfeuer an. Auf beiden Seiten gab es Verletzte. Ähnliche Szenen spielten sich in Mar del Plata und Rosario ab. Dort wurden nach einem Anschlag auf einer Filiale der amerikanischen Citibank vier Polizisten bei Zusammenstößen mit Demonstranten verletzt. Im benachbarten Uruguay skandierten vermummte Demonstranten Anti-Bush-Slogans. Sie attackierten mehrere Bankgebäude sowie Geschäfte und zertrümmerten Fensterscheiben.

Im öffentlichen Dienst kam es in ganz Argentinien zu Arbeitsniederlegungen aus Protest gegen Bush und seine Freihandelspläne, von denen seine linken Kritiker eine noch stärkere wirtschaftliche Dominanz der USA und vermehrte Armut in Lateinamerika befürchten. Daniel Katz, Bürgermeister von Mar del Plata, einem beliebten Badeort, sagte zu den Ausschreitungen: „Es ist Wahnsinn. Es handelt sich um eine Minderheit, die niemanden repräsentiert.“ Der Staat werde für die angerichteten Schäden aufkommen.

Die Teilnehmer des Amerika-Gipfels wollten am Samstag ihre Beratungen abschließen. Unter dem Motto „Armutsbekämpfung durch Arbeit“ ging es bei den Beratungen der 34 Staats- und Regierungschefs vor allem darum, wie das kräftige Wirtschaftswachstum Lateinamerikas auch den 200 Millionen Armen des Subkontinents zugute kommen kann.

OAS-Generalsekretär Miguel Insulza bezeichnete bei der Eröffnungsrede am Freitag Wirtschaftswachstum, Haushaltsdisziplin und offene Märkte als Voraussetzungen für eine effektive Bekämpfung der Armut. Bei der Frage, ob die Schaffung der Freihandelszone ALCA („Area de Libre Comercio de las Americas“/Engl.: „Free Trade Area of the Americas“ – FTAA) von Alaska bis Feuerland als Ziel im Abschlussdokument erwähnt werden sollte, schieden sich allerdings die Geister. Venezuelas Präsident Hugo Chàvez sagte bei einer Kundgebung von Gegnern des Gipfels: „Mar del Plata wird zum Grab für ALCA.“

In seinem Widerstand gegen ALCA wurde Chàvez von Argentinien und Brasilien unterstützt. Argentiniens Präsident Néstor Kirchner beschuldigte den Internationalen Währungsfonds (IWF), die Umschuldung seines Landes zu behindern und forderte die USA zu einer „verantwortungsvollen Führungsrolle“ auf.

Der mexikanische Präsident Vicente Fox sagte, die Verhandlungen über ALCA könnten auch ohne Teilnahme der Kritiker fortgesetzt werden. 29 der 34 Staaten unterstützten eine solche Lösung, erklärte Fox vor Journalisten in Mar del Plata. Nicht teilnehmen wollten Venezuela, Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay.

Kirchner äußerte sich während des Gipfels kritisch gegenüber den USA. Lateinamerika werde Einmischung der USA nicht länger dulden, sagte Kirchner. Die US-Politik habe in der Vergangenheit Not und Armut sowie „eine große soziale Tragödie“ hervorgerufen, die zu institutioneller Instabilität beigetragen und den Sturz demokratisch gewählter Regierungen provoziert habe. Nach einem Treffen mit Kirchner sagte Bush, der Präsident sei „recht freimütig“ gewesen.

Zum Abschluss des Gipfels am Samstag wollten die Staats- und Regierungschefs eine gemeinsame Erklärung verabschieden, in der zu einer Wiederaufnahme der ALCA-Verhandlungen aufgerufen werden könnte. Der Vorschlag einer Freihandelszone kam erstmals 1994 beim ersten Amerika-Gipfel in Miami im US-Staat Florida auf.

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