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"Gesunde Watsche" - Karmasin setzt auf Aufklärung

Familienministerin Sophie Karmasin
Familienministerin Sophie Karmasin
Der Tod einer Zweijährigen nach einer "Strafdusche" und eine Umfrage, wonach ein Klaps oder teilweise auch Schläge als zulässige Erziehungsmaßnahmen angesehen werden, sorgen in Bezug auf Gewalt an Kindern weiter für Diskussionen um das Strafrecht und die sogenannte "gesunde Watschen". Das Familienministerium will nun verstärkt vorbeugend beraten und über Anlaufstellen aufklären, hieß es am Montag.


Sie setze auf Bewusstseinsbildung und Sensibilisierung im Vorfeld, hielt Ressortchefin Sophie Karmasin (ÖVP) im Rahmen einer “Kinderpressekonferenz” fest. Außerdem soll über Angebote wie Telefon-Hotlines oder Beratungsstellen informiert werden. Gerade in Akutsituationen bräuchten viele “überforderte” Eltern Unterstützung.

Die Pläne des Justizministeriums, die eine Anhebung der Strafrahmen bei Taten gegen Leib und Leben vorsehen, seien begrüßenswert, erläuterte ein Sprecher Karmasins auf APA-Nachfrage. Darunter falle durchaus auch die “gesunde Watschen” – jedenfalls, wenn eine Körperverletzung vorliegt.

Im Justizministerium verwies man ebenfalls auf die für kommendes Jahr geplante Strafrechtsreform. Hier werde es zu einer Verschärfung beim Delikt der Körperverletzung kommen, erläuterte ein Sprecher von Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP).

Allerdings führt nicht jeder Klaps zu einer nachweislichen Körperverletzung. Eltern müssten nach einer “ungesunden” Watsche mit keinen Konsequenzen rechnen, hatte die Wiener Kinder- und Jugendanwältin Monika Pinterits am Sonntag im ORF-Radio kritisiert. Bei einer Anzeige gelte das nur als Beleidigung. Für Einbruchsdiebstähle gebe es höhere Strafen, sprach Pinterits von einem “verheerenden” Signal.

In Österreich ist seit 1989 Jahren gesetzlich ein Gewaltverbot in der Familie verankert. Im Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) heißt es dazu: “Eltern haben das Wohl ihrer minderjährigen Kinder zu fördern, ihnen Fürsorge, Geborgenheit und eine sorgfältige Erziehung zu gewähren. Die Anwendung jeglicher Gewalt und die Zufügung körperlichen oder seelischen Leides sind unzulässig.”

Im Vorjahr wurden in Österreich dennoch 260 Straftaten wegen Quälens oder Vernachlässigens unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen (Paragraf 92 StGB) angezeigt. 16 dieser Taten wurden als Verbrechen eingestuft – also vorsätzliche Handlungen, die mit mehr als dreijähriger Freiheitsstrafe bedroht sind. Die übrigen 244 Fälle galten als leichtere Vergehen.

Laut dem entsprechenden Paragrafen ist “wer einem anderen, der seiner Fürsorge oder Obhut untersteht und der das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder wegen Gebrechlichkeit, Krankheit oder einer geistigen Behinderung wehrlos ist, körperliche oder seelische Qualen zufügt”, mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren zu bestrafen. Der Strafrahmen erhöht sich auf sechs Monate bis fünf Jahre, wenn die Tat eine Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen zur Folge hat. Im Fall des Todes drohen ein bis zehn Jahre Haft.

Zwei Drittel der Österreicher halten einen “leichten Klaps” als Erziehungsmaßnahme für in Ausnahmefällen zulässig oder teilweise sogar angebracht, zeigte eine in der Vorwoche vom Familien- und Jugendministerium veröffentlichte Umfrage. Auch das Schlagen mit der Hand (20 Prozent) und heftige Ohrfeigen (fünf Prozent) ist für viele zulässig. “Ohrfeigen sind Gewalt, und Gewalt in der Erziehung oder sonst wo ist nicht diskutabel”, teilte die SPÖ-Kinder- und Jugendsprecherin Katharina Kucharowits dazu am Montag in einer Aussendung mit.

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