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Gericht mit Blutbad gedroht

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Ein 58-jähriger Sozialwissenschafter ist am Mittwoch von einem Wiener Schwurgericht zu einem Jahr Haft, davon drei Monate unbedingt, verurteilt worden, nachdem er dem VwGH mit einem Blutbad gedroht hatte.

Die Anklage lautete auf Nötigung von Mitgliedern des Verwaltungsgerichtshofs, denn die inkriminierten Schreiben waren persönlich an dessen Präsidenten Clemens Jabloner und den Vizepräsidenten Wolfgang Pesendorfer gerichtet. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Der Akademiker saß seit Februar in U-Haft, weil ihn die Justiz für gefährlich hielt. Da ihm diese Zeit auf die verhängte Strafe angerechnet wurde, kam der 58-Jährige, der seit Jahren den VwGH mit Eingaben, Disziplinaranzeigen und am Ende mit Drohbriefen terrorisiert hatte, am Mittwochnachmittag wieder auf freien Fuß.

Die Vorgeschichte: Der Mann war als Assistent an der Wiener Universität tätig, stieg Anfang der neunziger Jahre sogar zum Oberassistenten auf, wurde dann jedoch nicht in ein unbefristetes Dienstverhältnis übernommen. Ihm wurden als Universitätslektor nur mehr einzelne Lehraufträge zugestanden. Dagegen legte er Rechtsmittel ein, die jedoch vom VwGH in letzter Instanz abgewiesen wurden.

Nach einer schweren Operation, die ihn beinahe das Leben gekostet hätte, „habe ich mir gedacht, dass ich das in Ordnung bringen muss“, meinte nun der studierte Betriebswirt im Straflandesgericht. Er habe seine Familie versorgt wissen wollen, „und daher wollte ich den Posten wieder haben, den ich meiner Meinung nach schon hatte und der mir nicht genommen werden konnte“.

Der 58-Jährige eröffnete einen „schriftlichen Krieg“ (Staatsanwalt Karl Schober). In geschraubtem Juristendeutsch – er hatte sich nicht zuletzt deshalb als Seniorstudent an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät eingeschrieben – ließ er im November 2005 dem Höchstgericht die „Ankündigung einer erheblichen Gefahr“ zukommen. „Ich bin an einer Bluttat nicht interessiert, kann aber das kriminelle dauerdeliktische Verhalten des VwGH-Präsidiums und der Vollversammlung nicht mehr lange ohne Ausführung einer Notwehrhandlung hinnehmen“, hieß es. Am Ende des Schriftstücks fand sich der Satz: „Ein unblutiges ’Aussitzen’ ohne Öffentlichkeit kann ich mir kaum mehr vorstellen.“

Der Wunsch, der VwGH würde darauf hin seine Entscheidung revidieren, erfüllte sich nicht. Also legte der Mann im Februar ein Schäuferl nach, nachdem inzwischen auch seine Ehe gescheitert war: „Letzte Warnung! Zerstören Sie nun auch wissentlich rechtswidrig mein Familienleben, so wird auch Ihre Lebensqualität nicht ohne Zerstörungsbemühungen meinerseits bleiben. Nehmen Sie dies bitte blutig Ernst!“

„In der U-Haft bin ich aufgewacht“, zeigte sich der Angeklagte schuldeinsichtig. Er habe „nie an meine Rache gedacht, sondern nur an meinen Dienstposten“ und „salopp gesagt ein bisschen auf den Busch klopfen wollen“. Als Motiv nannte der 58-Jährige „Verbitterung und Verzweiflung“. Er hoffe, dass sich nun der Europäische Gerichtshof seines Falles annehme und das ihm widerfahrene Unrecht feststellen werde, schloss der Wissenschafter. Er sicherte zu, in dieser Sache selbst nicht mehr in die Tasten greifen zu wollen.

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