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"Geregelte Arbeit, das wärs"

Feldkirch-Gisingen - Jugendliche ohne Ausbildung basteln an ihrer Zukunft. Die Regeln: Rauchverbot, kein Alkohol, keine Drogen. Konsequenzen: Erst Gespräch, dann zeitlich begrenzter & endgültiger Rausschmiss.

Die Regeln hängen in der Werkstatt aus. Wo sie jeder sehen kann. „Und das mit dem Handy haben wir mündlich vereinbart“, ergänzt Herwig Schreiber und schreibt die letzten Versandkartons für USA an.

Bimssteine für USA

Bimssteine sind da drin. „Zum Hornhaut Abschleifen“, sagt Mario. Er ist mit 23 der Älteste im neuen Arbeitsprojekt der Caritas. Ob das für ihn wirklich eine „Startbahn“ wird? Jedenfalls heißt das Projekt so. Herwig Schreiber, der es führt und in Wien verhaltensauffällige Hauptschüler unterrichtet hat, glaubt fest daran.

18.000 Bimssteine haben Mario, Dennis, Emrah, Jeremia und Alpi in eine Duftlösung getaucht und verpackt. Jetzt riecht die ganze Werkstatt nach Flieder. Sie finden das ein wenig albern. Trotzdem umwickelt Dennis die aufgetürmten Kartons penibel mit Plastikfolie. Projektleiter Schreiber nickt: „Das kriegen die im Leben nicht mehr auf.“ Die Bimssteine waren ein Auftrag der Lebenshilfe. Die Jungs von der „Startbahn“ haben ihn zu Ende gebracht. Als Nächstes schrauben sie kleine Holztröge zusammen, wie Büromenschen sie auf ihre Schreibtische stellen, um Kugelschreiber und Bleistifte hineinzulegen. Büromenschen, die mildtätig einkaufen waren. In einer Caritaswerkstatt zum Beispiel. Die einen Job haben und Familie, ein Auto und vielleicht ein Haus. Menschen aus einer anderen Welt.

Ohne Schulabschluss

Die Jungs von der Startbahn leben nicht so. Dennis und Alpi wissen nicht mehr, in welchen Schulen sie zuletzt waren. „Poly oder HTL“, albert Alpi herum. Ihre Schulpflicht haben beide nicht beendet. Sie sind 15. Im Jugendhaus haben sie von der Startbahn gehört.

Hier kriegen sie fünf Euro pro Stunde. Nach drei Stunden Arbeit sind sie freilich „streichfähig“, sagt Herwig Schreiber. Sein Job ist es, „alle fünf Minuten hinzuschauen und zu motivieren“. Er tut das „mit Humor und Kompromiss“. Mario mag das. Der junge Mann fühlt sich auch unter Jugendlichen wohl. In Deutschland hat er eine Sonderschule besucht und sich mit 400-Euro-Jobs über Wasser gehalten. Herwig Schreiber würde ihn „jedem vermitteln“. Mario ist fleißig. Früher hat er „im Supermarkt Regale eingeräumt“ oder „die Bolzen von Klärbecken sauber geschliffen“. Er ist nicht wählerisch. Aber am schönsten fand er die Zeit als Hilfsgärtner. Mario mag Natur. Zu Hause hat er „sieben Finken. Die fliegen in meinem Zimmer rum.“ Mario sieht ihnen gerne dabei zu. Einen Teil seines Lohns gibt er für Vogelfutter aus.

Er hat inzwischen lesen gelernt. Er schreibt leidlich. Und „den normalen Rechenkram“ kriegt er auch auf die Reihe. Wie stellt er sich die Zukunft vor? Was will er erreichen in fünf, zehn Jahren? „Eine geregelte Arbeit, das wärs.“ Irgendwo, wo er bleiben kann. „Unser Projekt“, sagt Herwig Schreiber, „setzt ganz unten an.“ Das heißt, dass die Leute nicht einmal jeden Tag kommen müssen. „Sie kriegen dann halt kein Geld. Wir machen da kein Theater und sagen ihnen nur: Wenn du das Handtuch ganz schmeißen willst, schick wenigstens eine SMS.“ Bis jetzt hat er noch keine erhalten.

Die Startbahn ist unter 0664/ 82 40 111 erreichbar. Wer Aufträge hat oder , .

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