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Graz: Amokfahrer rast durch Fußgängerzone - drei Tote und 34 Verletzte

Amokfahrt in Grazer-Innenstadt forderte mindestens zwei Opfer.
Amokfahrt in Grazer-Innenstadt forderte mindestens zwei Opfer. ©APA
Drei Tote und 34 zum Teil Schwerverletzte: Das ist die vorläufige blutige Bilanz einer Amokfahrt eines 26-jährigen Österreichers in der Grazer Innenstadt am Samstag. Die Hintergründe der Bluttat sind noch unklar, der Mann dürfte aber psychische Probleme gehabt haben. Fanatismus ist laut Landespolizeidirektor Josef Klamminger kein Motiv.
Erschütternde Bilder aus Graz
Bürgermeister als Augenzeuge
Psychische Probleme als Auslöser

Unter den drei Toten ist ein vierjähriger Bub, der in der Herrengasse angefahren worden war. Bei den beiden erwachsenen Toten handelt es sich um einen 28-jährigen Österreicher – ihn überfuhr der Amokfahrer nahe der Synagoge – sowie eine 25-jährige Frau, die wie der Bub in der Herrengasse gerammt worden war. Das Alter der 34 Verletzten, die zum Teil noch nicht außer Lebensgefahr sind, liegt im Bereich von vier bis 75 Jahren. Eine von ihnen hat heute, Samstag, ihren 21. Geburtstag.

Mit 100 km/h durch Passanten gerast

Der Täter ist laut Augenzeugen mit rund 100 km/h durch die Herrengasse auf der Höhe des Hauptplatzes gerast, wo sich mehrere Cafes befinden. “Wir dachten zuerst an eine Schießerei, da der Wagen auch mehrere Sessel erfasst hat”, berichtete eine Augenzeugin. Unter den Passanten herrschte Panik, die Menschen versuchten sich in die Gebäude zu retten.

Täter festgenommen – psychische Probleme als Auslöser

Der 26-Jährige wurde laut Polizei in der Schmiedgasse im Bereich der Polizeiinspektion gestoppt und festgenommen. Der Mann, der an psychischen Problemen leiden soll, ließ sich laut Landespolizeidirektor Josef Klamminger widerstandslos festnehmen.

Viele Menschen in der Grazer Innenstadt, die sich nach dem Regenguss gegen 14.00 Uhr wieder frequentiert wurde, gingen zu Polizeiabsperrungen, um einen Blick auf die Szenerie erhaschen, waren selbst den Tränen nahe – wie viele Angehörige von Einsatzkräften auch. In der Innenstadt stand indes der Verkehr still, die Polizei hatte großräumig abgesperrt. Für die unterbrochenen Tramlinien wurden Ersatzautobusse bereitgestellt.

Großaufgebot an Rettungskräften

Angesichts der großen Anzahl von Verletzten, die vom Amokfahrer in der Grazer Innenstadt am Samstagmittag niedergestoßen wurden, war ein Großaufgebot an Rettungskräften im Einsatz: Rund 60 Kranken- und Notarztautos waren in Herrengasse und Hauptplatz, der ÖAMTC hatte vier Rettungshubschrauber im Einsatz. “Wir haben alles aus der Region mobilisiert”, so der Sprecher des Roten Kreuzes Steiermark, August Bäck, auf APA-Anfrage.

Grazer Bürgermeister als Augenzeuge

Der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) wurde offenbar fast ein Opfer des Amokfahrers zu Beginn von dessen Wahnsinnstat. “Ich war in der Zweigeltgasse mit meiner Vespa unterwegs. Dieser Täter, der Mörder hat erst ein Paar niedergemäht, der Mann war offenbar sofort tot, dann dachte ich erst, er bleibt stehen, aber er hat mich und einen anderen Passanten anvisiert”.

“Wir konnten uns in Sicherheit bringen, der Passant hinter einer Säule”, so Nagl, der mit den Emotionen kämpfte: “Ich habe so etwas noch nie erlebt”, so Nagl, der fassungslos schien. “Es wird alles abgesagt, alle Feierlichkeiten und Feste, wir werden schwarze Fahnen aufhängen”, so der Bürgermeister. Er dankte allen Einsatzkräften für die rasche Hilfe. “Ich bin noch nie über den Hauptplatz gegangen und habe eine solche Stimmung erlebt”, kämpfte Nagl mit den Tränen. Die Grazer Uni gab bekannt, dass der für den Abend geplante Multikultiball abgesagt wurde.

Einige Verletzte ringen mit dem Tod

Der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) sprach in einer am Nachmittag einberufenen Pressekonferenz von drei Toten und 34 Verletzten, davon würden jedoch noch einige mit dem Tod ringen. Es gebe keine Entschuldigung für diese Tat, so der LH, den Tränen nahe. “Wir sind alle gefordert, das Miteinander zu suchen und Gräben nicht aufzubauen, so Schützenhöfer.

Sein Stellvertreter Michael Schickhofer (SPÖ) sagte: “Es tut unendlich weh, für mich als Familienvater nicht zu fassen, was hier passiert ist. Es wurde alles getan, um die Verletzten sofort zu versorgen”, sagte der LHStv. Die Versorgungskette habe funktioniert, 50 Rettungswägen, 16 Notärzte, Ärzte, die als Passanten unterwegs waren, halfen sofort. Die Kriseninterventionsteams waren im Einsatz.

Politiker drücken Betroffenheit aus

Auch die Spitzen der Bundespolitik zeigten sich entsetzt. “Mein Mitgefühl und meine Gedanken sind in diesen schweren Stunden bei den Opfern und deren Familien”, betonte Bundeskanzler Werner Faymann. “Ich bin bestürzt über die unfassbare Amokfahrt”, erklärte Faymann. Er bedanke sich bei den Helfern und Einsatzleuten vor Ort, die Soforthilfe geleistet haben, und bekräftige seine volle Unterstützung des medizinischen Personals, das zurzeit Nothilfe leistet und die Verletzten versorgt.

Auch Vizekanzler ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner reagierte in einer Stellungnahme gegenüber der APA “tief betroffen” auf die “unfassbare und entsetzliche Amokfahrt” in Graz. “Unser ganzes Mitgefühl gilt den Opfern und ihren Hinterbliebenen, den vielen Verletzten und ihren Angehörigen. In diesen schweren Stunden wünsche ich vor allem den Familien und Freunden der Opfer viel Kraft.”

“Ich bin zutiefst geschockt über die entsetzliche Tat”, teilte Grünen-Chefin Eva Glawischnig in einer Aussendung mit. Auch sie sprach den Verletzten und ihren Familien sowie den Angehörigen der Toten ihr Mitgefühl aus.

Ich bin zutiefst geschockt über die Wahnsinnstat, die sich heute Nachmittag in Graz ereignet hat. Mein Mitgefühl gilt dem Land Steiermark und den Opfern sowie deren Angehörigen dieses unfassbaren Verbrechens.

Posted by Bundespräsident Dr. Heinz Fischer on Saturday, June 20, 2015

Bundespräsident Fischer “zutiefst geschockt”

“Zutiefst geschockt” zeigte sich auch Bundespräsident Heinz Fischer. “Ich möchte Ihnen als Landeshauptmann der Steiermark meine größte Betroffenheit zum Ausdruck bringen und zugleich mein Mitgefühl mit den Opfern des unfassbaren Verbrechens”, schrieb das Staatsoberhaupt Samstagnachmittag “mit stillem Gruß” an Schützenhöfer.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner bezeichnete die Amokfahrt als “erschütternde Tat”. “Unser Mitgefühl gilt jetzt vor allem den Opfern und ihren Hinterbliebenen dieser unfassbaren Tat. Die Betreuung der Betroffenen und die Sicherung des Tatorts stehen jetzt an erster Stelle”, so Mikl-Leitner. Die Polizei arbeite jetzt auf Hochtouren an der Klärung der Hintergründe und des Motivs, so die Innenministerin in ihrer Stellungnahme.

Blumen an der Unglücksstelle

Eine Graz-Linien-Mitarbeiterin wurde gegenüber einem Mann, der sich in unguter Manier über die unterbrochenen Linien beschwerte, berechtigterweise ziemlich heftig: “Haben Sie kein Herz? Wissen Sie nicht, was passiert ist?” An den Absperrungen der Polizei vor der Herrengasse wurden inzwischen schon Kerzen und Blumen niedergehört.
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