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Geburtstagstorte im BAWAG-Prozess

Der heutige 100. Verhandlungstag im BAWAG-Strafprozess ist etwas abwechslungsreicher als die jüngsten Verhandlungstage verlaufen. Die von Journalistenseite mitgebrachten Kuchen und Torten führten zu einer offiziellen Distanzierung von Richterin Claudia Bandion-Ortner: "Die Torte ist nicht vom Gericht", stellte die Richterin hinsichtlich einer Topfentorte im Großen Schwurgerichtssaal klar.

Vor Beginn der Verhandlung hatte Staatsanwältin Sonja Herbst mit einem – von einer Journalistin gebrachten – Kuchen und einer Wunderkerze vor Fotografen posiert.

“Das ist ein Verhandlungstag wie jeder andere”, betonte Bandion-Ortner heute Dienstag, sie habe den “100-er” deswegen auch nicht ausdrücklich erwähnt. Doch nun muss zumindest der “zehnte Angeklagte”, Ex-Konsum-Chef Hermann Gerharter, nicht mehr lange auf sein Urteil warten. Morgen, Mittwoch, könnte nämlich ein erstes Teilurteil fallen.

Die Causa des Geldgeschenks von 550.000 Euro an Gerharter (“Geld im Plastiksackerl”) wird aus dem BAWAG-Prozess ausgeschieden. Diesbezüglich ist Elsner der Untreue, Gerharter und Ex-BAWAG-Generalsekretär Peter Nakowitz der Beitragstäterschaft zur Untreue angeklagt. Elsner soll im Frühjahr 2003 Gerharter das Geld überreicht haben. Gerharter hat die Summe inzwischen zurückgezahlt und sich vor Gericht voll geständig gezeigt. Elsner und Nakowitz haben die Vorwürfe bestritten.

Ein heute früh gestellter Befangenheitsantrag von Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsners Anwalt Wolfgang Schubert gegen den Staatsanwalt wurde bereits am Nachmittag abgewiesen. Der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien, Werner Pleischl, habe entschieden, dass es “keinen Anlass gebe, die volle Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit von Krakow im BAWAG-Verfahren in Zweifel zu ziehen”, verlas die Richterin die Entscheidung.

Schubert hatte aus einem ihm zugekommenen Email des früheren Bundeskriminalamtsleiters Herwig Haidinger zitiert, wonach Krakow Kontakt mit dem Journalisten Alfred Worm habe. Der unterdessen verstorbene Alfred Worm war Herausgeber von “News”, wo immer wieder vertrauliche Akten zur Causa BAWAG veröffentlicht wurden. Die Oberstaatsanwaltschaft sieht in Krakows Journalisten-Kontakt aber nichts Anstößiges: Krakow habe mehrfachen Kontakt mit Worm bestätigt, ohne das Amtsgeheimnis verletzt zu haben. Elsner äußerte daraufhin einen schweren Verdacht gegen den Staatsanwalt: Er verdächtige Krakow, die BAWAG-Anklageschrift dem Magazin “News” zugespielt zu haben.

Die eigentliche Verhandlung war heute wieder stundenlang der Abarbeitung von mehr als tausend Fragen von Elsners Verteidigung an Gutachter Fritz Kleiner gewidmet. Über die Bewertung des VAR-Werts bei Investments gingen bei Staatsanwalt und Anwalt Schubert die Meinungen stark auseinander: Während der Staatsanwalt den VAR (Value at Risk) für keine relevante Größe hält, betonte Schubert, dies sei ihm erst kürzlich bei einem Seminar untergekommen. “Das ist ja wie ein Privatissimum”, seufzte die Richterin.

Der Prozess hatte am 16. Juli 2007 begonnen. Ursprünglich war das Ende für den Weltspartag erwartet worden. Mit einem Urteil wird nun Ende Juni 2008 gerechnet.

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