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Gaza: Geplatzte Friedenshoffnungen

Mit einer missglückten Demonstration der Macht ihrer Waffen hat die Hamas-Organisation Gewalt über den Gaza-Streifen gebracht. Sharon muss Stimmungsumschwung zu Gunsten seines Gegners Netanyahu fürchten.

Die verheerende Explosion eines mit Sprengstoffen beladenen Hamas-Fahrzeuges am Freitag bei einer Siegesfeier nach dem Abzug der Israelis war der Auftakt zu einem neuen Schlagabtausch. Während auch die Palästinenser-führung der Hamas die Schuld für diesen Vorfall gibt, wurden Dutzende Raketen auf Isael abgefeuert. Der israelische Ministerpräsident Ariel Sharon, der nach dem Gaza-Abzug selbst um die Macht kämpfen muss, hat Truppen zum Gegenschlag zusammenziehen lassen.

Zwei Wochen lang waren die islamistischen Kämpfer, viele schwarz maskiert, mit ihren Gewehren und Panzerfäusten durch das Palästinenser-Gebiet gefahren. Die bewaffneten Demonstrationen markierten auch ihren Anspruch auf Macht. Die Explosion bei einer Kundgebung im Flüchtlingslager Jabaliya machte dem Freudentaumel ein Ende und kostete 19 Menschen das Leben. Die Palästinenser-Führung und Israel weisen der Hamas und ihrem Waffenkult die Schuld für den Zwischenfall zu. Statt Aufbau droht nun ein blutiger Waffengang.

„Wir hatten immer Sorge, dass so etwas passieren könnte“, sagte Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas. Die militaristischen Aufführungen würden inmitten von Wohngebieten auf Kosten von Recht, Gesetz und ernsthafter Arbeit veranstaltet, kritisierte er. Das palästinensische Innenministerium hat keinen Zweifel daran, dass die Hamas die Verantwortung für die Explosion trägt. Vertreter Israels erklärten, die Palästinenser-Führung habe am Wochenende nichts unternommen, um die Raketenangriffe zu stoppen. Ein Ende solcher Angriffe wird als Prüfstein für die Lage nach dem Abzug aus dem Gazastreifen gewertet.

„In Gaza soll die Erde beben. Jeder Einwohner soll die Wirkung unseres Einsatzes spüren“, sagte der israelische Verteidigungsminister Shaul Mofaz. „Erster Regen“ nennt die Armee den neuen Einsatz, für den Panzer und Artilleriegeschütze rund um Gaza in Position gebracht wurden. Die Kanonen seien am Sonntag bereits auf freie Flächen im Gaza-Streifen eingeschossen worden, erstmals seit dem Sechstagekrieg 1967, wie israelische Medien berichteten. Sharon und sein Sicherheitskabinett gaben grünes Licht, weitere Raketenangriffe mit allen Mitteln zu stoppen. Die Einsätze zur gezielten Tötung militanter Palästinenser sollen fortgesetzt werden. Bis zum Sonntag wurden im Westjordanland zudem mehr als 200 Mitglieder der Hamas und des Islamischen Jihad festgenommen.

Die Hamas habe Sharon „in die Ecke gedrängt“, pessimistische Prognosen über die Zeit nach dem israelischen Abzug bewahrheiteten sich jetzt, schrieb die Zeitung „Haaretz“ am Vortag einer Sitzung des Zentralkomitees von Sharons Likud-Partei, in der ein Machtkampf tobt. Der Regierungschef müsse nun befürchten, dass die Stimmung zu Gunsten seines Gegners Benjamin Netanyahu kippt. Der Kommentator Nahum Barnea schrieb: „Sharon ist beim Test der Erwartungen gescheitert.“

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