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Freude über und anhaltende Sorge um Schumacher

In diesem Krankenhaus liegt Schumacher nun
In diesem Krankenhaus liegt Schumacher nun
Die Motorsport-Szene und die internationale Medien haben erfreut, aber auch weiterhin besorgt auf die Nachricht reagiert, dass Formel-1-Rekordweltmeister Michael Schumacher nicht mehr im Koma liegt. Seine Verlegung an die Uni-Klinik in Lausanne (CHUV) und damit seine Wahlheimat Schweiz hat trotz anhaltender Nachrichtensperre zu einem Medienansturm geführt.


Schlagzeilen hatte die CHUV zuletzt mit Jassir Arafat gemacht. Als Experten im vorigen Jahr untersuchten, ob der Ex-Palästinenserführer einem Giftmord mit Polonium zum Opfer gefallen sein könnte, wurden sie von Medien aus aller Welt bedrängt. Jetzt stehen wieder Kamerateams und Reporter vor dem Uni-Klinikum unweit des malerischen Genfer Sees. “Ein einziges Bild von Schumi mit offenen Augen, vielleicht gar lächelnd, das wäre die absolute Sensation”, sagt ein französischer Fotograf. “Darauf würde ich auch viele Wochen warten.”

Wochen, Monate, Jahre? Niemand weiß, wie lange es dauern wird, bis die Genesung des kurz vor Jahresende 2013 mit den Skiern verunglückten Schumacher solche Fortschritte macht, dass an einen offiziellen Fototermin auch nur entfernt zu denken wäre. Abgeschirmt von den Medien – wie schon in den vielen Monaten zuvor im Krankenhaus in Grenoble – wurde der 45-Jährige in einem Krankenwagen zum Hintereingang der Lausanner Uni-Klinik gebracht. Sicherheitskräfte achten darauf, dass ausschließlich das medizinische Personal und die Familie zu ihm gelangen.

Klinik-Sprecher Darcy Christen bestätigte zwar, dass Schumacher nun von Ärzten der CHUV behandelt wird. Doch zugleich machte er wie auch Schumacher-Managerin Sabine Kehm klar, dass bis auf Weiteres keinerlei Einzelheiten zum Verlauf der Rehabilitation bekannt gegeben werden.

Erwartungsgemäß löste selbst diese knappe Mitteilung ein riesiges Medienecho aus. Auch – und gerade – in der Schweiz, wo die Schumachers seit Jahren leben. Seit dem verhängnisvollen Ski-Unfall des Formel-1-Stars vor rund 170 Tagen war die Anteilnahme der Eidgenossen kein Bisschen weniger stark als in seiner deutschen Heimat.

“Schweizer Ärzte für Schumi!” und “Schumi ist wieder da!”, titelte die populäre Zeitung “Blick” am Dienstag fast schon triumphierend. Auf die Nachricht, dass Schumacher nicht mehr im Koma liegt, habe die Welt fünfeinhalb Monate gewartet, hieß es in der renommierten “Neuen Zürcher Zeitung”.

Zugleich wirkte diese Botschaft in der Kombination mit der strikten Einhaltung der ärztlichen Schweigepflicht durch die CHUV-Mediziner wie ein Startschuss für Spekulationen. Aber auch für durchaus seriöse Überlegungen zum Verlauf und möglichen Erfolgen der Rehabilitation.

Eine Frage wurde rasch nachvollziehbar beantwortet: Warum wurde Schumacher nicht in ein hoch spezialisiertes Zentrum in Basel gebracht? Weil man zum einen offenbar auch der Lausanner Klinik eine fachlich exzellente Behandlung zutraut. Zum anderen aber erscheint den Experten als besonders wichtig, dass Schumacher eine Rehabilitation in vertrauter Umgebung und ständigem Kontakt zu seinen Angehörigen ermöglicht wird. Der Familiensitz in Gland am Genfer See ist nur rund 30 Autominuten von der Lausanner Klinik entfernt. Die Umgebung mit dem See und den Savoyer Alpen am anderen Ufer ähnelt der um Schumachers Villa.

Michael Schumacher sei ein Patient wie jeder andere auch und erhalte keine Sonderbehandlung. Das sagt Professor Richard Frackowiak, Chef der klinischen Neurowissenschaften am Dienstag. Die Verlegung in die Nähe von Gland VD, der Wohngemeinde des siebenfachen Rekordweltmeisters, sei gut verlaufen, erklärte der Professor. Für das Spital sei auch ein VIP ein Patient wieder jeder andere. Einzig bei den Sicherheitsvorkehrungen wurden Sondermaßnahmen ergriffen und zudem ein Bereich eingerichtet, wo die Privatsphäre der Familie gewahrt bleibe. Über den Gesundheitszustand von Michael Schumacher machte der Professor keine Angaben.

Die in den Schweizer Medien zitierten Einschätzungen von Fachleuten schwankten zwischen Schwarzsehen und Zuversicht. Dagegen feierte die bulgarische Tageszeitung “Standart”: “Ein Wunder!” “Good News”, bilanziert die “Gazzetta dello Sport” aus Italien. Weniger optimistisch ist die französische Zeitung “Le Figaro”: “Der neue Kampf des Michael Schumacher. Auch wenn der frühere Rennfahrer aus dem Koma aufgewacht ist – seine Zukunft sieht weiterhin eher düster aus”, heißt es in dem Blatt.

Belastbare Fakten über Schumachers weiteren Weg in der Rehabilitation wird es wohl vorerst nicht geben, das stellte seine Beraterin Kehm mit Nachdruck klar. “Außerhalb der Öffentlichkeit” solle die weitere Entwicklung bleiben. Schumachers Schicksal müsse von einem gewissen Zeitpunkt an eine private Sache sein, hatte die Managerin schon im April betont.

Erfreut reagierte die Motorsport-Gemeinde. “Es ist ein wirkliches Aufatmen. Das Schlimmste ist überstanden. Jetzt muss er weiterkämpfen”, sagte etwa Red Bulls Motorsport-Berater Helmut Marko über die Schumacher-Nachricht in Servus TV. “Er kann kämpfen, er hat immer eine wahnsinnige Konstitution gehabt. Wir hoffen, dass er wieder so wird, wie er war”, ergänzte Marko. Der ehemalige Formel-1-Pilot Hans-Joachim Stuck meinte: “Nach fünf Monaten im Koma wird der Weg zurück natürlich nicht leicht. Millionen Fans unterstützen ihn hier draußen – er ist ein Kämpfer.”

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