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Fressen und gefressen werden

Die engagierte Spielerschar auf der Bühne des TaS.
Die engagierte Spielerschar auf der Bühne des TaS. ©TaS/Max Feier

Schüler spielten am Saumarkt zwei Dramolette von Bernhard und Jelinek.

Feldkirch. Theaterbegeisterte Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Schillerstraße/Oberstufe unter der Leitung von Burkhard Wüstner, der das Freifach Bühnenspiel betreut, präsentierten im Theater am Saumarkt zweimal zwei interessante Dramolette der österreichischen Starautoren Thomas Bernhard (1931-1989) und Literatur-Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek (geb. 1946).
“Der deutsche Mittagstisch” von Thomas Bernhard und “Präsident Abendwind” von Elfriede Jelinek (nach Nestroy) haben letztlich dasselbe Thema – die Fratze von Diktatoren. Die Spielerschar zeigte bewundernswertes Engagement, mit der Sprache haperte es allerdings noch ziemlich (zu schnell, undeutlich), was gerade bei Sprachvirtuosen wie Bernhard und Jelinek schade ist.

Nazi und Menschenfresser

Bernhards “Der deutsche Mittagstisch” ist ein Mini-Dramolett und zeigt die sechs Esser an einem Mittagstisch, an dem eine “Nazi-Suppe” zum chaotischen Streit über das Hitler-Regime führt. Jelineks “Präsident Abendwind” basiert natürlich auf dem populären Nestroy-Stück “Häuptling Abendwind”; diese Kannibalenposse spielt im 19. Jahrhundert.
Der Häuptling Abendwind verkündet, dass er Freund Biberhahn den Heftigen zu einem Arbeitsbesuch erwartet und diesem einen Fremden als Festmahlsbraten auftischen werde. Der “Fremde” ist der Schiffbrüchige Arthur, der, weil er sich in Atala, Abendwinds Tochter, verliebt hat, seinem Schicksal nur durch einen Trick in einem Eisbärfell entkommt. Jelinek belässt die Figuren samt Eisbär, doch ihr Dramolett verschärft topaktuell die Problematik., wenn der Kannibalen-Präsident in Vorwahlzeiten die Fleischproduktion ausschließlich auf ausländisches (!) Fleisch umstellen will. Nach der Wahl lässt er aber auch wieder sein Volk der Großjuhuer in Konserven verschwinden. Ein Eisbar frisst ihn schließlich auf. Fressen und gefressen werden – eine makabre moderne Chiffre für das Handwerk, aber auch das Schicksal übler Diktaturen.

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