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Freispruch für Demonstranten

Studenten die gegen die Demonstration gegen die Wehrmachtsausstellung protestiert hatten wurden vom Vorwurf des Widerstands gegen die Staatsgewalt freigesprochen - heftige Kritik an Polizeiarbeit.

Am Donnerstag wurden im Wiener Landesgericht drei junge Männer freigesprochen, die vor knapp zweieinhalb Jahren gegen einen Aufmarsch von Neonazis und Skinheads protestiert hatten. Für die Behauptung, sie wären dabei gegen die Polizei vorgegangen, fand Richter Hans-Peter Januschke keinen Beweis. Dafür kritisierte er in ungewöhnlich scharfen Worten die in diesem Fall getätigten polizeilichen Ermittlungen: „Die Erhebungen sind nicht mit der für ein Strafverfahren nötigen Sicherheit gepflogen worden.“

Den Beschuldigten sei „nichts anzulasten“, stellte der Richter fest. Weil in der ursprünglichen Anzeige den Männern noch nichts Konkretes vorgeworfen worden war, habe man „nachträglich versucht, Zuordnungen von nicht in der Anzeige festgehaltenen Schäden zu treffen“.

Zweifel an Aussagen eines als Zeugen geladenen Polizisten

Deutlicher hat man im Grauen Haus noch selten Kritik an der Polizei vernommen. Januschke äußerte außerdem unverhohlen seine Zweifel an der Richtigkeit der Angaben eines als Zeugen vernommenen Beamten. „Das gezielte Werfen einer Baulatte über ein 4,5 Meter hohes Tor auf Polizisten, die auf der anderen Seite fünf bis zehn Meter dahinter stehen, lässt sich nicht verifizieren.“

Die Vorgeschichte: Am 13. April 2002 fand eine Demonstration gegen die damals in Wien gastierende Wehrmachtsausstellung statt. Danach marschierten mehrere Neonazis durch die Kärntner Straße und skandierten Parolen wie „Sieg heil!“. Gegen diesen Aufmarsch gab es eine „Gegen-Demo“, an der die drei Männer teilnahmen – ohne sich an Gewalttätigkeiten zu beteiligen, wie sie beteuerten.

Wegen versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt angeklagt

Die Anklage warf ihnen demgegenüber versuchten Widerstand gegen die Staatsgewalt vor: Sie hätten im Bereich Volksgarten/Heldenplatz mehrere Polizeibeamte mit Steinen, Holz- und Baulatten, Eier und Getränkedosen beworfen, um sie an der Errichtung einer Absperrung zu hindern.

„Davon bleibt aber nichts übrig“, stellte der Richter am Ende des mehrfach vertagten Verfahrens fest. Er hatte von der Polizei wiederholt Filmaufnahmen und Fotos mit den angeblich dokumentierten Verfehlungen der Beschuldigten angefordert. Ergebnis: Zwei Männer wurden nicht ein einziges Mal abgebildet, der Dritte ist nur zu sehen, wie er von Wasserwerfern getroffen wurde. „Das ist aber noch keine gerichtlich strafbare Handlung“, meinte Januschke.

Auch die „eigenen dienstlichen Wahrnehmungen“, auf die sich der Polizeibericht über die angeblich gewaltbereiten Demonstranten stützte, waren auch keine großen Hilfe. Die dort namentlich angeführten Beamten erkannten als Zeugen die Beschuldigten großteils nicht wieder bzw. lieferten sie Angaben, die den Richter nicht überzeugten.

Die Freisprüche sind nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft hat sich dazu eine Erklärung vorbehalten.

Redaktion: Bernhard Degen

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