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Frankreich: Der "älteste Verbündete" der USA ist in der Bredouille

Die Entscheidung von US-Präsident Barack Obama, vor einem Militärschlag gegen Syrien nun doch erst die Zustimmung der Abgeordneten einholen zu wollen, bringt seinen derzeitigen Hauptverbündeten Frankreich in eine verzwickte Lage.

Denn der französische Präsident Francois Hollande steht nun als einziger Staatenlenker einer westlichen Großmacht da, der zu einer Militärintervention gegen Damaskus bereit ist, aber das heimische Parlament nicht bei dem heiklen Einsatz mitreden lassen will. Der innenpolitische Druck auf den Sozialisten wächst, je länger eine Militäraktion auf sich warten lässt.

Auch Frankreichs Opposition will eine Abstimmung

Nach Obamas überraschender Ankündigung eines Parlamentsvotums ließen entsprechende Forderungen in Frankreich nicht lange auf sich warten. Noch am Samstagabend forderte der Fraktionschef der konservativen Oppositionspartei UMP in der Nationalversammlung, Christian Jacob, eine Abstimmung der Abgeordneten. Er verlangte sogar ein Vertrauensvotum zum Kurs der sozialistischen Regierung. Eine französische Beteiligung ohne UNO-Mandat wäre ein “tiefer Bruch” mit der Außenpolitik des Landes, argumentierte Jacob.

Jacob gilt als enger Vertrauter von UMP-Chef Jean-Francois Cope, der sich nach anfänglicher Zustimmung zu Hollandes Haltung am Samstag davon distanzierte. Zuvor hatte eine Umfrage ergeben, dass fast zwei Drittel (64 Prozent) der Franzosen eine Beteiligung ihres Landes an einer Syrien-Intervention ablehnen. Der mutmaßliche Einsatz von Chemiewaffen durch die syrische Regierung dürfe zwar nicht “ungestraft” bleiben, sagte Cope nun. Es dürfe aber auch nicht sein, “dass der Präsident diese Frage ganz allein in seinem Büro regelt”. Ein nationaler Konsens sei “unerlässlich”.

Auch führende Politiker der Zentrumsparteien UDI und MoDem sprachen sich für ein Votum des Parlaments aus, das am kommenden Mittwoch in einer Sondersitzung über Syrien beraten, nicht aber abstimmen soll. Die linke Opposition aus Kommunisten und Linkspartei lehnt einen Militärschlag im “Pulverfass” Syrien ohnehin ab.

Regierungsparteien zeigen sich ruhig bis…

In den Reihen der Regierungsmehrheit aus Sozialisten und Grünen ist es hingegen bisher auffällig ruhig. Abgesehen von vereinzelten Mahnungen stützen die führenden Vertreter bisher demonstrativ den Kurs ihres Präsidenten. Wie groß der Druck auf Hollande und seine Regierung inzwischen aber geworden ist, ließen die Reaktionen am Sonntag erahnen: Premierminister Jean-Marc Ayrault kündigte rasch eine Information der Parlamentsspitzen zu Syrien am Montag an. Und die Regierung will bisher geheime Informationen zum syrischen Chemiewaffen-Programm nun offenlegen.

…offensiv: Appeasement-Vergleich sorgt für Empörung

Sozialistenchef Harlem Desir wiederum ging zur Gegenattacke über und hielt den Konservativen im Radio vor, sie sollten nicht den “Geist von München” gegenüber Syrien an den Tag legen. Er spielte damit auf das Zurückweichen Großbritanniens und Frankreichs 1938 vor Hitlers Expansionsplänen an. Die Empörung schlug daraufhin bei der Opposition hohe Wellen, von “schändlich” bis “skandalös” lauteten die Reaktionen.

Innenminister Manuel Valls ging zwar auf Distanz zu dem historischen Vergleich, er verwies aber darauf, dass laut Verfassung allein der französische Präsident über einen solchen Militäreinsatz entscheide. “Man ändert nicht die Verfassungspraxis der Fünften Republik abhängig von der Stimmung der einen oder der anderen oder davon, was in der Welt passiert.”

Hollande will das Parlament ohne Abstimmung “befassen”

Noch am Freitag war die französische Regierung als diplomatischer Gewinner der Entwicklung um Syrien erschienen, nachdem das britische Unterhaus dem engsten Verbündeten USA überraschend die Gefolgschaft verweigert hatte. US-Außenminister John Kerry umschmeichelte Paris daraufhin als den “ältesten Verbündeten” Washingtons. Nun aber brachte Obama die Sozialisten in die Bredouille, auch wenn er Hollande im Voraus über seine neue Linie informiert hatte. Bisher gibt sich der französische Präsident unbeeindruckt: Hollande ließ noch einmal “seine Entschlossenheit” für einen Militärschlag gegen Damaskus verkünden. Und er erinnerte daran, “dass auch er beschlossen habe, das französische Parlament damit zu befassen” – allerdings ohne Abstimmung. (APA/AFP)

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