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Fracking am Bodensee? - "Konzerne betreiben starkes Lobbying"

Die Fracking-Fördermethode bleibt umstritten.
Die Fracking-Fördermethode bleibt umstritten. ©EPA
Schwarzach - Angst vor "Fracking" wächst: Die SPÖ fordert LR Schwärzler auf, bei der Regierung Baden-Württembergs auf ein Verbot dieser umstrittenen Methode zur Gewinnung von Erdgas hinzuwirken.
Fracking am Bodensee im Überblick

Die Landesregierung hatte sich Anfang des Jahres im Zuge eines Antrags der SPÖ bereiterklärt, bei der Regierung Baden-Württembergs für ein Verbot dieser Fördermethode einzutreten. SPÖ-Geschäftsführer Reinhold Einwallner möchte nun wissen, welche Schritte das Land schon gesetzt hätte. Er drängt auf rasches Handeln: „Bei Umweltlandesrat Schwärzler sollten alle Alarmglocken schrillen. Wie weit sind seine Bemühungen bereits gegangen? Seit der Beschlussfassung des Antrages hat man noch nichts über Aktionen von Seiten des Landes gehört.“

Landesrat soll Turbogang einlegen

Einwallner sieht im Fracking ein nicht kalkulierbares Risiko für Mensch und Natur: „Der Bodensee ist ein einzigartiges Ökosystem. Jeder Eingriff kann hier fatale Folgen haben. Die Energiekonzerne stehen schon Gewehr bei Fuß. Sie riechen große Gewinne und betreiben starkes Lobbying für Bohrungen. Landesrat Schwärzler muss jetzt den Turbogang einlegen und rasch handeln.“

Schwärzler weist auf Risiken hin

Das Land selbst verweist auf einen negativen Entschluss der Kommission Umwelt der Internationalen Bodenseekonferenz (IBK-U). Diese hat sich auf Vorarlberger anraten gegen den Einsatz von “Fracking” im süddeutschen Raum ausgesprochen. Folgende Vereinbarung wurde von den Länderexperten getroffen: “Kohlenwasserstoffgewinnungen aus dem Bodensee oder seinem Umfeld sind aus Sicht der IBK-U nach derzeitigem Kenntnisstand nicht vereinbar mit dem Schutz der Trinkwassergewinnung und dem vorsorglichen Gewässerschutz”.

Landesrat Erich Schwärzler: “Durch diesen Beschluss der Umweltexperten-Kommission im Bodenseeraum konnte die Vorarlberg-Initiative gegen das Fracking im süddeutschen Raum einen wichtigen Erfolg erzielen.” Weiters ersuchte die Vorarlberger Landesregierung die Bundesregierung, sich bei den Nachbarländern sowie bei den übrigen europäischen Ländern für das Verbot solcher Abbaumethoden einzusetzen.

Briten spüren Erdgas am Seeufer nach

„Jetzt werden die Claims abgesteckt“, skizziert allerdings Joachim Müller-Bremberger die Lage. Das Regierungspräsidium Baden-Württemberg hat einen neuerlichen Antrag der britischen Parkyn Energy Germany (PEG) am Tisch liegen und sein Pressesprecher seither ordentlich Betrieb am Telefon. Die Briten vermuten Erdgasvorkommen zwischen Konstanz und Biberach. Sollten sie recht behalten, wollen sie auch als Erste den Bohrkopf ansetzen.

Lauter kleine Erdbeben

Als Methode kommt nur „Fracking“ infrage. Das Wort allein erzeugt diffuses Gruseln. Bilder brennender Wasserhähne und von verdorbenem Trinkwasser machen in den USA die Runde. Chemie hat den Fracking-Gegnern zufolge dort bleibende Wunden hinterlassen. Denn das ersehnte Erdgas wartet nicht in Blasen darauf, ausgebeutet zu werden. Sogenannte „nicht-konventionelle Gasvorkommen“ sitzen verteilt in Gesteinsschichten wie Schiefer fest. Deshalb pumpen die Bohrleute mit extrem hohem Druck ein Wasser-Sand-Chemie-Gemisch ins Gestein. Das wirkt wie ein kleines Erdbeben. Künstliche Risse sind die Folge. Das Gestein wird aufgesprengt. So wird der kostbare Bodenschatz zugänglich.

Neue Bewilligungen erbeten

Aber so weit sind wir noch nicht. Die PEG mit Sitz in Birmingham hatte bereits auf drei Jahre befristete „Aufsuchungserlaubnisse“ für die Konzessionsfelder Konstanz und Biberach. Beide Bewilligungen liefen Ende April bzw. Ende Mai 2012 ab. Nun ist der Freiburger Vertreter der PEG, das Ingenieurbüro Taberg, zuversichtlich, eine Verlängerung bis 2015 zu erwirken. Die Anträge sind gestellt. Die Stadt Konstanz und das Umweltministerium in Berlin haben bereits Stellung dagegen bezogen. Woher also die Zuversicht?

Deutliche Hinweise vorhanden

Peter Druckenbrod ist der Geologe der Firma Taberg. Er weiß um Erdölvorkommen in der Gegend von Pfullendorf. Dass auch Erdgas vorhanden ist, legen geologische Daten und seismische Messungen aus den 1980er-Jahren nahe. Die will die Firma Taberg im Auftrag der PEG weiter auswerten, um zu entscheiden, ob sich ein Engagement überhaupt lohnt.

Dass das deutsche Umweltministerium in besonders sensiblen Gebieten wie dem Bodensee empfiehlt, generell auf Bohrungen nach solchen Erdgasvorkommen zu verzichten, kann er schon nachvollziehen. Eine Ausbeutung von Vorkommen in der Tiefe unter dem Seegrund hält Druckenbrod „aus Umweltschutzgründen für unmöglich“. Ginge es denn technisch? „Ja“, sagt er nach kurzem Bedenken. Und er bekräftigt auch, dass Deutschland sich eben wie andere Nationen zunehmend der eigenen Reserven besinnt. Die sind längst nicht mehr so ergiebig wie noch unlängst angenommen.

Gasreserven schwinden

Bezogen auf ihren natürlichen Brennwert lag die Summe der geschätzten deutschen Erdgasreserven Anfang 2012 mit 132,5 Milliarden Kubikmetern um 13,8 Milliarden Kubikmeter oder 9,4 Prozent niedriger als im Vorjahr. Annähernd 98 Prozent der Vorkommen liegen in Niedersachsen. Gasvorkommen zwischen Donau und Bodensee wären der Branche hochwillkommen.

Umweltschützer sehen das anders. Heute beliefert der Bodensee mit einer der größten deutschen Fernwasserversorgungen etwa vier Millionen Menschen in rund 320 deutschen Städten und Gemeinden mit Trinkwasser. Die hohe Sensibilität dieser Lebensader wurde 2005 schlagartig bewusst, als am 7. November zwei Fünf-Liter-Kanister mit Pflanzenschutzmittel unweit der Trinkwasser-Entnahmestelle in etwa 75 Meter Tiefe gefunden wurden. Sofort richteten die Behörden über der Entnahmestelle eine dem Ufer etwa 100 Meter vorgelagerte Sperrzone von 400 mal 1800 Metern ein.

(VOL.AT; VN)

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