Feldkirch. Der Schöffensenat sei zur Ansicht gelangt, dass die geschlechtlichen Handlungen für das Opfer nicht freiwillig waren und die Frau “sie als gezwungen erlebt hat”, stellte Richterin Claudia Egger am Freitag in der Urteilsbegründung fest.
Bgm. Wilfried Berchtold habe die Geschehnisse verharmlost und sie als “wie in anderen Klausurnächten auch” geschildert. Es könne keine Rede davon sein, dass die Frau Berchtold habe verleumden wollen oder in aus Enttäuschung über nicht eingehaltene Versprechungen angezeigt habe. Doch hätten nicht alle Zweifel beseitigt werden können, so Egger.
Vergewaltigungsvorwürfe publik gemacht
Berchtold hat nach Bekanntwerden der Vergewaltigungsvorwürfe gegen seine Person, die er im Oktober vergangenen Jahres selbst publik machte, eine langjährige außereheliche Affäre eingeräumt.
Angeklagter Übergriff während einer Parteiklausur der Feldkircher ÖVP
Der angeklagte Übergriff hat sich im Rahmen einer Parteiklausur der Feldkircher ÖVP am 7. November 2009 nach 3 Uhr auf Berchtolds Hotelzimmer zugetragen. Während die Parteikollegin angab, klar Nein zu den sexuellen Handlungen gesagt und sich gewehrt zu haben, sprach Berchtold von “leidenschaftlichem Sex ohne Zwang”.
Berchtold ist seit 1991 Bürgermeister von Feldkirch
Der vierfache Familienvater Berchtold ist bereits seit 1991 Bürgermeister von Feldkirch, der mit knapp 31.000 Einwohnern zweitgrößten Stadt Vorarlbergs. Im März 2010 wurde er in der Direktwahl mit 76,2 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt.
Landeshauptmann Herbert Sausgruber “sehr erleichtert”
Landeshauptmann und ÖVP-Landesparteiobmann Herbert Sausgruber zeigte sich in einer ersten Stellungnahme zum Feldkircher Vergewaltigungsprozess “sehr erleichtert” über die Entscheidung des Landesgerichts. “Ich begrüße die Bereitschaft von Wilfried Berchtold, die Arbeit als Bürgermeister engagiert weiter zu führen und hoffe, dass die angekündigten Rechtsmittelverfahren nun zügig zu einem Abschluss gebracht werden”, hieß es am Freitag in einer schriftlichen Mitteilung.
Johannes Rauch (Die Grünen): “Berchtold muss sich entscheiden”
Grünen-Sprecher Johannes Rauch meinte: “Berchtold wird sich entscheiden müssen, ob er unter diesen Vorzeichen das Amt des Bürgermeisters und Gemeindeverbandspräsidenten mit der notwendigen Autorität und Integrität ausüben kann. Ich zweifle daran”, so Rauch.
Dieter Egger (FPÖ): “Richterin hat klar und mutig entschieden”
FPÖ-Parteiobmann Dieter Egger erklärte, das Urteil sei zu respektieren. Die Richterin habe “klar und mutig” Vorurteile hinsichtlich der Beweggründe der Klägerin ausgeräumt.
Michael Ritsch (SPÖ): “Keine weiße Weste” für Berchtold
Für SPÖ-Parteichef Michael Ritsch bedeutete der nicht rechtskräftige Freispruch Berchtolds im Zweifel “keine weiße Weste”. Es sei “moralisch gesehen äußerst bedenklich, was die ÖVP dem Ansehen der Politik antut”, so Ritsch.
RA Mag. Martin Mennel: “Mandantin hat Geschlechtsverkehr erzwungen erlebt”
Indes kündigte RA Mag. Martin Mennel im VOL Live-Interview Revision an. “Meine Mandantin hat den Geschlechtsverkehr als erzwungen erlebt. Das hat auch das Gericht bestätigt. Wir haben Rechtsmittel angemeldet und werden Nichtigkeitsbeschwerde erheben. Der OGH wird darüber entscheiden.” Zur kurzfristen Vorlegung des Tonbandes meinte Mennel: “Es gibt keine Regeln wenn so etwas vorgelegt werden muss. Es gibt in diesem Zusammenhang kein Beweisverwertungs-Verbot, wenn es der Wahrheitsfindung dienlich ist.”
Bgm. Wilfried Berchtold: “Ich bleibe im Amt”
Bgm. Wilfried Berchtold zeigte sich im VOL Live-Interview sichtlich erleichtert: “Die letzten Wochen und Monate waren für mich, meine Familie und die Stadt Feldkirch sehr belastend. Ich hatte im Zusammenhang mit der vorgeworfenen Tat immer ein gutes Gewissen. Dieses Urteil ist auch ein erster Schritt in Richtung Rehabilitierung, strafrechtlich gesehen, aber auch genauso wichtig ist mir die Wiedergutmachtung gegenüber meiner Familie und der Stadt Feldkirch, die ich enttäuscht habe.” Der Feldkricher Bürgermeister kündigte auch an, dass er im Amt bleiben werde. (Quellen: APA / VOL Live)
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