Ulysses von James Joyce (1882Ö1941) gehört zu den ganz großen Werken der Weltliteratur – im Schrank haben es viele, gelesen hat es kaum jemand. Selbst unter EnglischlehrerInnen und AnglistInnen ist die Zahl derer, die sich durch das 1000-Seiten-Mammutwerk gekämpft haben, nicht besonders groß.
Es ist streng zu lesen, sagt Philipp Schöbi vom Kulturkreis Feldkirch, der 1994 mit der Literaturgruppe des Theater am Saumarkt die ersten Feldkircher Literaturtage zum irischen Autor veranstaltet und auch den heutigen Bloomsday in Feldkirch organisiert hat (siehe Randspalte). Der Erzählstil wechselt von Kapitel zu Kapitel, die Erzählung wird dem Stil untergeordnet und man muss ständig versuchen, mit der ,OdysseeÑ in Verbindung zu bleiben, erläutert Schöbi die Hürden, die das Werk bietet. Allerdings sei im Ulysses ein Verweben von Stil und Handlung in unübertroffener Weise erreicht worden.
Jahrtag einer Verführung
Inhaltlich geht es im Roman um einen Tag im Leben des Anzeigenverkäufers Leonard Bloom, dessen Frau Molly und des Hilfslehrers Stephen Dedalus: den 16. Juni 2004 in Dublin. Ein Termin, der nicht zufällig gewählt wurde, wie Philipp Schöbi erzählt: Am 10. Juni 1904 hat Joyce seine spätere Frau Nora Barnacle kennengelernt. Am 16. Juni hatten sie ein Rendezvous, bei dem sie ihn das erste Mal verführt hat. Ursprünglich als 13. Episode zu Joyces Kurzgeschichtenband Die Dubliners konzipiert, ist der Ulysses auf über 1000 Seiten angewachsen. Als Odysse in Dublin oder als modernen Jedermann bezeichnet Schöbi den Roman – dessen Aktualität auch darin bestehe, in einer chaotisch werdenden Welt Bezüge zu entwickeln.
Und einen nicht unerheblichen Anteil am Entstehen des Ulysses hat Feldkirch. Dort drüben auf den Schienen wurde 1915 das Schicksal des Ulysses entschieden, sagte James Joyce 1932 am Feldkircher Bahnhof. Siebzehn Jahre zuvor war er auf einer Zugreise in der Montfortstadt strengsten Kontrollen unterzogen worden. Wäre er damals – wie sein jüngerer Bruder Stanislaus – als Angehöriger einer feindlichen Nation verhaftet worden, kann nur spekuliert werden, ob und wie es den Ulysses gegeben hätte.
James Joyce zu Ehren wird heute – zur hundertsten Wiederkehr des Bloomsday – die unter dem Hotel Löwen in Feldkirch liegende Gasse in James-Joyce-Passage umbenannt. Schöbi: Mich freut es, dass die Stadt deren Relevanz für den großen Autor erkannt hat und ihm damit ein Denkmal setzt.
BLOOMSDAY – James Joyce in Feldkirch
Nicht nur wurde das Schicksal des Ulysses 1915 auf den Schienen des Feldkircher Bahnhof entschieden (siehe Artikel rechts) – auch in James Joyces letztem Werk Finnegans Wake kommt die Montfortstadt, über die sich der irische Autor immer wohlwollend geäußert hat, noch einmal zu Ehren, erzählt Philipp Schöbi. Das Montfortwappen dient in diesem Werk als Symbol für den Helden.
1994 hat die Saumarkt-Literaturgruppe am Bahnhof und vor dem Eingang des Hotel Löwen Gedenktafeln angebracht. Bereits damals wurde der Antrag gestellt, die unter dem Hotel liegende Passage in James-Joyce-Passage umzubenennen. Eine Passage, durch die Joyce 1932 einen Monat lang jeden Tag spazierte. Zur Benennung kam es 1994 aber nicht. Jetzt – zehn Jahre später – wird diese aber erfolgen. In der Sitzung vom 18. Mai 2004 hat die Feldkircher Stadtvertretung einstimmig die Umbenennung beschlossen. Aus diesem Grund wird heute auch gebührend gefeiert.
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