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Fataler Griff zur Wasserflasche

Bludenz -  Ein sechsjähriger Bub aus Bludenz trank ätzenden Fettlöser und musste auf der Intensivstation im Landeskrankenhaus Feldkirch behandelt werden.

Der Schluck schmeckte bitter, den der kleine Erdem gegen die Sommerhitze nahm. Denn wo Mineralwasser draufstand, war hochkonzentrierter Fettlöser drin. Der Sechsjährige hatte Glück im Unglück. Geistesgegenwärtig spuckte er das ätzende Gebräu aus. Trotzdem musste er fünf Tage auf der Intensivstation des LKH Feldkirch behandelt werden. Vorgestern durfte der Bub wieder nach Hause. Die Nachbetreuung erfolgt ambulant. Erdem ist kein Einzelfall. „Dass Kinder Laugen oder Säuren aus Flaschen trinken, die ein anderes Etikett tragen, kommt öfter vor, als man denkt“, bestätigt OA Dr. Guido Müller von der Kinderabteilung im LKH Feldkirch.

Künstliche Beatmung

Erdem plagte der Durst. Bei den Temperaturen nichts Ungewöhnliches. Also ging er zum Kühlschrank und griff sich die Mineralwasserflasche, die er dort fand. Was der Bub nicht wusste: Sein Vater hatte einen in der Industrie gebräuchlichen stark wirksamen Fettlöser in eben diese Flasche umgefüllt. Ein fataler Fehler, wie sich zeigte. Schon die noch verbliebenen geringen Mengen führten zu Verätzungen an der Schleimhaut in der Speiseröhre und am Kehlkopf. „Um zu verhindern, dass Speiseröhre und Kehlkopf anschwellen, war es nötig, Erdem zu intubieren“, schildert Dr. Guido Müller den VN. Zudem sei die Atmung des jungen Patienten durch die Verätzungen beeinträchtigt gewesen.

„Eltern müssen vorsorgen“

Fünf Tage lag Erdem künstlich beatmet auf der Intensivstation. Jetzt geht es ihm glücklicherweise schon besser, und die weitere medizinische Betreuung kann ambulant erfolgen. Mit schlimmeren Spätfolgen sei wohl nicht zu rechnen, wagt der Kinderarzt eine vorsichtige Prognose. „Es bleibt zu hoffen, dass die von den Verätzungen verursachten kleinen Narben den Jungen beim Essen und Schlucken nicht behindern“, sagt Müller. Der erfahrene Arzt erzählt von „mehreren Fällen“, wo durch das Umfüllen von Säuren, Laugen oder Essenzen in Cola- und Limoflaschen Kinder zu Schaden kamen und monatelang unter den Verletzungen litten. „Hier müssen Eltern einfach vorsorgen“, mahnt Guido Müller. Das gelte jedoch nicht nur für kritische Substanzen in Lebensmittelflaschen. „Medikamente, Zigaretten und Alkohol gehören ebenfalls nicht in Reichweite von Kindern“, betont der Arzt.

Unterschätztes Problem

Franz Rein, Geschäftsführer der Initiative Sichere Gemeinden, bedauert, dass dieses spezielle Problem meist erst „aus aktuellem Anlass“ zum Thema wird. „Ansonsten heißt es, wir würden Panikmache betreiben“, so Rein. Doch der Blick in Kinderarztpraxen und Unfallstatistiken belege die Notwendigkeit, sich weiterhin für die Sensibilisierung in diesem Bereich einzusetzen. „Leider werden wir auch durch Fälle wie jene von Erdem immer wieder darin bestätigt und leider bringen nur Anlassfälle einen Schub an Bewusstseinsbildung“, muss Rein zur Kenntnis nehmen.

Die Broschüre „Kindgerecht – ein Kinderspiel“ mit praktischen Tipps für eine kindersichere Umgebung ist kostenlos bei der Initiative Sichere Gemeinden, Tel. 05572/54343-0, erhältlich.

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