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"Falscher Vollwaise": Gutachter - Sachwalter war nicht nötig

Der psychologische Sachverständige erklärte, posttraumatische Belastungsstörungen seien über einen Zeitraum von 40 Jahren nicht valide festzustellen.
Der psychologische Sachverständige erklärte, posttraumatische Belastungsstörungen seien über einen Zeitraum von 40 Jahren nicht valide festzustellen. ©Bilderbox
Ein Privatgutachter habe festgestellt, dass der Kläger bis 2010 nicht in der Lage war, einen Prozess zu führen, in dem er seine Ansprüche geltend macht, so ein Vertreter des Klägers.

Der psychologische Sachverständige sagte, dieses Ergebnis sei für ihn nicht nachvollziehbar. Bis in den späten Nachmittag wurden die Expertisen erörtert, der Kläger verließ dabei mehrmals den Saal. Auch die Einholung eines weiteren Gutachtens stand im Raum.

Der psychiatrische Sachverständige führte aus, dass die Frage des Gerichts lautete, ob der Kläger eine so schwere psychische Erkrankung hatte, dass ein Sachwalter zu bestellen war. Man könne davon ausgehen, dass dies nicht der Fall war. Es sei aber zu bedenken, dass wegen des lange zurückliegenden Zeitraums eine gewisse Unsicherheit offen bleibe. Eine allfällige posttraumatische Belastungsstörung sei jedenfalls nicht in dem Ausmaß vorgelegen, dass ein Sachwalter nötig gewesen wäre. Außer in dem vom Kläger eingeholten Privatgutachten gebe es auch keine medizinischen Belege dafür.

Kläger traumatisiert

Der psychologische Sachverständige erklärte, posttraumatische Belastungsstörungen seien über einen Zeitraum von 40 Jahren nicht valide festzustellen. Es sei auch möglich, dass eine Störung erst 2010 nach einer Herz- und Tumorerkrankung des Klägers aufgetreten sei. Der psychiatrische Experte sprach das ebenfalls an und sagte, dass in Erinnerungen und Symptomen die ganze Lebensgeschichte eingebettet sein könne. Jede psychische Störung habe mit einer Fehlfunktion im Gehirn zu tun, jedoch nicht mit Tumoren oder ähnlichem. Dass der Kläger zahlreichen Traumatisierungen ausgesetzt worden ist, sei nie angezweifelt worden. Organische Schädigungen von klinischer Relevanz bestünden nicht, so der Psychiater.

Der Anwalt hielt dem Gutachter vor, er habe nicht gefragt, ob der Kläger Ereignisse aus seiner Jugend in Heimen so verdrängt hat, dass es ihm nicht möglich war, eine Klage zu erheben. Der 66-Jährige habe bei der Untersuchung ausgesagt, er wollte oder konnte sich lange nicht an die Ereignisse erinnern oder sich mit ihnen beschäftigen, weil er sich als Erwachsener Anfang der 1970er Jahre auf positive Erlebnisse konzentrieren wollte, so der Sachverständige. Ein weiteres medizinisches Gutachten sei günstig für eine weiterreichende Beurteilung, sagte er auf Frage es Richters. Eine Eingrenzung auf den Bereich Erinnerung und Verdrängung in Zusammenhang mit frühkindlichen Traumatisierungen sei sinnvoll. (APA)

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