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Fall Hirtzberger: Diskussion um chemisches Gutachten

Auch das Gutachten des chemischen Sachverständigen Günter Gmeiner, Leiter des Dopingkontroll-Labors in Seibersdorf, sorgte für Diskussionen. Für die Verteidiger Nikolaus Rast und Kurt Wolfmair soll die Staatsanwaltschaft dem Chemiker einen unzureichenden Gutachtenauftrag erteilt haben.

Gmeiner war nicht gebeten worden, konkret nach Inhaltsstoffen eines Mon Cheri – Schokolade, Kakao, Vanillin – zu suchen, obwohl Hannes Hirtzberger vor seinem Zusammenbruch die Vermutung geäußert hatte, er wäre mit eben dieser Praline vergiftet worden.

Gmeiner hatte die toxikologische Untersuchung des Mageninhalts des Spitzer Bürgermeisters vorgenommen, um Art und Menge des diesem verabreichten Giftes feststellen zu können. Es hätte sich der eindeutige Nachweis von Strychnin ergeben, das der Ortsvorsteher oral aufgenommen habe, berichtete Gmeiner den Kremser Geschworenen. Es habe sich um “eine hohe Konzentration, durchaus tödlich” gehandelt.

Als sich Nikolaus Rast erkundigte, ob auch das in Mon Cheri-Pralinen enthaltene Vanillin gefunden wurde, musste der Sachverständige “passen”: Er habe den Mageninhalt mittels Massenspektrometrie untersucht, Substanzen wie Vanillin oder Kakao aufzuspüren, wäre aber nicht vom an ihn gerichteten Auftrag umfasst gewesen. Er könne daher “keinen eindeutigen Hinweis” vorlegen, “dass Schokolade aufgenommen wurde”.

Wäre der Auftrag zur Gutachten-Erstattung breiter formuliert worden, “wäre es möglich gewesen, diese Substanzen eventuell nachzuweisen”, meinte Gmeiner. Mittels einer pharmakognostischen Untersuchung ließen sich aus dem Mageninhalt womöglich sogar Reste der für Mon Cheri typischen Piemontkirsche gewinnen, gab der Chemiker zu Protokoll.

Sollte es das Gericht für nötig befinden, den Mageninhalt eingehender analysieren zu lassen, wäre dies in Form eines Ergänzungsgutachtens machbar: Teile dieses Beweismittels sind sicherheitshalber konserviert worden.

Die acht Geschworenen müssen in dem Prozess über eine Frage urteilen: “Ist Helmut O. schuldig, vorsätzlich am 8. Februar versucht zu haben Hannes Hirtzberger zu töten?”. Staatsanwalt Friedrich Kutschera sah die Sache in seinem Schlussplädoyer relativ klar. Der Beschuldigte “hat ein Motiv”, die Söhne zu bitten, Speichel für einen verfälschten DNA-Abstrich abzugeben, sei “eine Vorgangsweise, die nur der Täter macht”.

32 DNA-Proben von Personen seien entnommen worden. “Kein Mensch kam auf so eine Idee, außer Helmut O.”, betonte Kutschera. Der Beschuldigte äußere sich zu diesem Vorwürfen nicht “und spielt den Verschämten. Wozu, seine Söhne hätten nichts zu befürchten”, so der Staatsanwalt. Er betonte zudem, dass es die Kinder des 56-Jährigen gewesen seien, die ihren Vater schwer belastet hätten.

Helmut O. habe sich in dem Prozess als “freundlich, nett und umgänglich” präsentiert. “So ist er nicht”, sagte Kutschera. Gemerkt hätte man dies, als er den Sachverständigen Christian Reiter “angeschwärzt” habe. Dieser habe “eindrucksvoll” demonstriert, wie es möglich sei, in eine Mon-Cheri Praline Strychnin zu injizieren.

Der Angeklagte sei ein “perfekter Schauspieler”. Er habe einen Hass gegen Hirtzberger gehabt, da dieser der Grundstücks-Umwidmung in Bauland nicht zugestimmt habe. “Weil Helmut O. gewisse Bedingungen dazu nie erfüllte”. Hinsichtlich eines Motivs von Helmut O. führte Kutschera auch die Schulden des Angeklagten, 1,4 Millionen Euro, an. Der Wert der Grundstücke mit einer Fläche von 17.000 Quadratmetern von Helmut O. wäre bei einer Umwidmung in Bauland gestiegen.

“Trotz seiner Vorsicht” sei die DNA-Spur von Helmut O. auf die Grußkarte gelangt, sagte Kutschera. “Wie kommt die dahin? Es gibt keine Erklärung dafür, außer er ist der Täter”, so der Staatsanwalt.

Dass sich das Gift in dem Mon-Cheri befunden habe stehe “außer Zweifel”, so Kutschera. Er verwies dabei vor allem auf die Aussage von Hirtzberger kurz vor seinem Zusammenbruch. Dabei habe er geäußert, er sei vergiftet worden und habe ein Mon-Cheri gegessen. “Glauben sie, dass er lügt in so einer Situation?”, so Kutschera zu den Geschworenen. Der Staatsanwalt plädierte für einen Schuldspruch von Helmut O. und forderte eine “angemessene Bestrafung”.

Günther Katzensteiner, Privatbeteiligten-Vertreter des Opfers, verwies darauf, Hannes Hirtzberger sehr lange zu kennen. Zum Gesundheitszustand des Ortschefs meinte er: “Ich weiß nicht, ob Hannes noch denken kann. Wenn ja, weiß ich was er sich wünschen würde: Tot zu sein”. Hirtzberger hätte sterben sollen, weil er das Werk seines Vaters, die Wahrung des Landschaftsbildes der Wachau, fortsetzen wollte.

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