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Ex-Grüne Sigrid Maurer bei Prozess schuldig gesprochen

Der Prozess ergab, dass Maurer dem Kläger eine Strafe von 4.000 Euro zahlen muss.
Der Prozess ergab, dass Maurer dem Kläger eine Strafe von 4.000 Euro zahlen muss. ©APA/Hans Punz
Die Verhandlung heute im Prozess gegen die Ex-Grüne Sigrid Maurer ergab, dass sie wegen übler Nachrede schuldig gesprochen wurde.
Prozess wird fortgesetzt
Sigrid Maurer muss vor Gericht

Mit einem nicht rechtskräftigen Schuldspruch wegen übler Nachrede, aber einem Freispruch vom Vorwurf der Kreditschädigung hat am Dienstag der Prozess gegen die frühere Grüne-Abgeordnete Sigrid Maurer am Landesgericht Wien geendet. Sie hatte obszöne Nachrichten an sie auf Facebook und Twitter gepostet und darin den Besitzer eines Biergeschäfts als Verfasser beschuldigt, der sie daraufhin klagte.

4.000 Euro muss Maurer an den Kläger zahlen

Für die üble Nachrede muss Maurer nach dem Urteil von Einzelrichter Stefan Apostol 150 Tagsätze je 20 Euro, also 3.000 Euro, an den Staat zahlen. Weitere 4.000 Euro für die “erlittene Unbill” gehen an den Kläger. Dessen weitergehenden Ansprüche wegen angeblichen Geschäftsrückgangs wurden auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Zudem muss die 33-Jährige die Kosten des Verfahrens übernehmen. Sie meldete volle Berufung an, die Gegenseite gab keine Erklärung ab, weshalb das Urteil nicht rechtskräftig ist.

Sigrid Maurer zeigte sich nach der Urteilsverkündung gegenüber Medien “sehr erschüttert”. Sie habe nicht damit gerechnet und könne nicht nachvollziehen, dass man zu diesem Schluss kommt. “Ich werde nicht klein beigeben, wir werden in Berufung gehen und das Geld dafür aufstellen. “Es ist völlig eindeutig, dass er es gewesen sein muss.”

Sigrid Maurer “sehr erschüttert” über das Urteil

Richter Stefan Apostol machte in seiner äußerst ausführlichen Urteilsbegründung klar, dass der Tatbestand der üblen Nachrede “massiv” gegeben war und von Maurer ihre Postings auch zugegeben worden waren. Nicht strafbar wäre dies nur dann, wenn die Angeklagte den Wahrheitsbeweis erbracht hätte. Eben dies sei nicht gelungen. Vom Vorwurf der Kreditschädigung gab es hingegen einen Freispruch weil die subjektive Tatseite nicht gegeben war.

Da Twitter als Medium gilt, gab es auch einen Schuldspruch nach den Medienrecht wegen Verstoßes gegen die journalistische Sorgfaltspflicht. Die Gegenseite hätte befragt werden müssen. Absurderweise hätte ihre Mandantin den Belästiger auch noch kontaktieren müssen, kritisierte Verteidigerin Maria Windhager.

Maurer habe aus “achtenswerten Beweggründen” gehandelt

Apostol machte deutlich, dass er dem klagenden Geschäftsmann so gut wie nichts glauben würde, doch sei es eben nicht gelungen, nachzuweisen, dass dieser die sexuell anzüglichen Texte wirklich geschickt habe. Die seltsame Interpunktion würde eher auf den früheren Besitzer des Lokals und Administrator der Webseite hindeuten, es könnte aber auch Gast gewesen sein, während der Kläger für ein kurzes Telefonat aus dem Wirtshaus gegangen war.

Besonders mildernd rechnete der Richter Maurers Unbescholtenheit und dass sie aus “achtenswerten Beweggründen” gehandelt habe – eben dass man sich das gefallen lassen muss und derartige Belästigungen nicht strafbar sind. Ebenfalls zugunsten der 33-Jährigen sprach das Tatsachengeständnis, aber es sei eben keinesfalls ein reumütiges Geständnis gewesen. Dies sei von Maurer auch explizit verneint worden. Negativ wurde die Massivität des Vorwurfs an den Geschäftsmann bewertet.

“Gestern hat er mich da blöd angeredet und mir diese Nachrichten geschickt”, so Maurer

Maurer hatte am 30. Mai veröffentlicht, dass sie am Vortag vom Besitzer des Craft-Beer-Geschäftes über den Facebook-Nachrichtendienst Messenger obszöne Nachrichten bekommen habe. “Gestern hat er mich da blöd angeredet und mir diese Nachrichten geschickt”, berichtete Maurer und veröffentlichte einen Screenshot der Botschaft mit eindeutig sexuell anzüglichen Inhalten.

Der Geschäftsbesitzer wurde daraufhin von Usern mit Beschimpfungen überschwemmt, sein Lokal erhielt im Netz schlechte Bewertungen und der Mann wurde mehrfach bedroht. Der 40-Jährige bestritt, der Verfasser zu sein, und klagte. Der Unternehmer schloss sich dem Verfahren mit 20.000 Euro an, da er seiner Meinung durch den Shitstorm einen materiellen Schaden erlitten hat. Hinzu kommen medienrechtliche Anträge auf Entschädigung in der Höhe von 40.000 Euro.

Antrag auf Entschädigung in Höhe von 40.000 Euro

Der Lokalbesitzer meinte, sein PC samt Facebook-Account wäre auch den Gästen zur Verfügung gestanden. Bei der ersten von zwei Nachrichten an Maurer habe er auf der Straße mit seiner Lebensgefährtin telefoniert, was er durch einen Gesprächsnachweis zu beweisen versuchte. Die auffällige Orthografie in den obszönen Botschaften und den Beiträgen auf der Homepage hatte Maurer im Glauben bestärkt, dass der Wirt diese verfasst hatte. Bei der heutigen Verhandlung zeigte sich jedoch, dass dieser Schreibstil vom früheren Besitzer des Lokals stammt, der als Administrator die Webseite des Geschäfts sowie dessen geschäftlichen Facebook-Auftritt betreut. Obwohl der Richter den Zeugen ausdrücklich darauf hinwies, er dürfe die Aussage verweigern, wenn er sich selbst belasten würde, blieb dieser dabei, er habe nichts damit zu tun und wäre auch nicht im bzw. vor dem Lokal gewesen, als Maurer vor diesem beim Vorbeigehen angepöbelt worden war.

Richter Stefan Apostol machte in seiner äußerst ausführlichen Urteilsbegründung klar, dass der Tatbestand der üblen Nachrede “massiv” gegeben war und Maurer ihre Postings auch zugab. Nicht strafbar wäre dies nur dann, wenn die Angeklagte den Wahrheitsbeweis erbracht hätte. Eben dies sei nicht gelungen. Vom Vorwurf der Kreditschädigung gab es hingegen einen Freispruch weil die subjektive Tatseite nicht gegeben war.

“Wir können aber nicht klären, wer es war.”

Die seltsame Interpunktion würde eher auf den früheren Besitzer des Lokals und Administrator der Webseite hindeuten, es könnte aber auch ein Gast gewesen sein, während der Kläger für ein kurzes Telefonat aus dem Wirtshaus gegangen war. Es könnten aber auch mehrere “angetrunkene” Personen gewesen sein, die nach den Pöbeleien auch noch was “Lustiges” schreiben wollten. Unglaubhaft sei jedenfalls, dass der Wirt nicht wisse, wer für die Nachrichten verantwortlich sei. “Wir können aber nicht klären, wer es war.”

Er sei mit der Strafe im unteren Viertel geblieben, weshalb das Urteil der beschränkten Auskunftspflicht unterliege. “Ein Arbeitgeber würde das nicht erfahren – falls es nicht jetzt schon jeder wüsste”, sagte Apostol.

Wirt erwägt weitere rechtliche Schritte

Laut einer Erklärung seines Anwalts, Adrian Hollaender, erwägt der Lokalbesitzer weitere rechtliche Schritte gegen Sigrid Maurer. Der Schuldspruch für die ehemalige Grüne Abgeordnete sei aus juristischer Sicht zu erwarten gewesen, da die öffentliche Anprangerung die Persönlichkeitsrechte seines Mandanten in eklatanter Weise verletzt habe.

Maurer hätte, bevor sie Derartiges öffentlich vorwirft, zunächst überprüfen müssen, ob er das war. “Er war es nicht! Daher war seine öffentliche Anprangerung rechtswidrig und erfüllte den Tatbestand der üblen Nachrede gemäß Paragraf 111 Strafgesetzbuch”, meinte Hollaender. “Das hat nichts mit Politik zu tun, das hat nichts mit Feminismus zu tun, das war einfach eine rechtswidrige öffentliche Diffamierung!”

Frauenvolksbegehren: Rechtsstaat lässt Frauen im Stich

Die Sprecher des Frauenvolksbegehrens haben nach dem Schuldspruch für Sigrid Maurer am Dienstag kritisiert, dass der Rechtsstaat Frauen im Stich lasse. Die Notwendigkeit, dass bei negativen Äußerungen der Wahrheitsbeweis angetreten werden muss, sei zu respektieren, doch der Fall zeige auf, dass sich Opfer von Hass-Nachrichten kaum wehren können.

“Dieser Fall zeigt klar auf, dass der österreichische Rechtsstaat Menschen im Stich lässt, wenn es um (sexistische) Hass-Nachrichten geht. Es gibt kaum Möglichkeiten sich dagegen zu wehren”, so Sprecherin Schifteh Hashemi. Man spreche sich klar für eine Verwaltungsstrafe für Hate Speech im Netz aus. Eine Expertenkommission müsse an einer entsprechenden Gesetzesvorlage arbeiten, forderte Christian Berger vom Frauenvolksbegehren.

Auch Liste Pilz kritisiert Urteil als falsches Signal an Frauen

Maria Stern, Parteichefin der Liste Pilz meldete sich zum Maurer-Schuldspruch am Dienstag zu Wort: “Mir ist bewusst, dass es heikel ist, laufende Verfahren zu kommentieren, aber die heutige Entscheidung ist eindeutig das falsche Signal an Frauen, speziell an jene, die weniger privilegiert sind und in Zukunft wahrscheinlich drei Mal überlegen werden, Belästigungen anzuzeigen.” Der Fall drohe uns in Zeiten zurück zu führen, die wir eigentlich überwunden glaubten. Und das am Tag nach dem Frauenvolksbegehren, so Stern.

Gemeinsam mit anderen Oppositionspolitikern hat Stephanie Cox, Gleichbehandlungssprecherin der Liste Pilz, vor kurzem einen Antrag im Parlament eingebracht, der Opfern und Gerichten bessere Handhabe geben soll, gegen sexistische Cyberbelästiger vorzugehen. Dadurch soll erreicht werden, dass Belästigung online nicht vor Zeugen stattfinden muss, um als solche zu gelten. Dadurch hätte sich Sigi Maurer gegen die mutmaßliche Belästigungen des Account-Besitzers rechtlich zur Wehr setzen können.

(APA/Red)

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