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"Europa und der Rechtsstaat": Bierlein appelliert für Vernunft und Dialog

Bierlein bezeichnet sich als "glückliche Bundeskanzlerin".
Bierlein bezeichnet sich als "glückliche Bundeskanzlerin". ©AP
Am Montag hat Bundeskanzlerin Bierlein bei einer Konferenz zum Thema "Europa und der Rechtsstaat" zur Vernunft und zum Dialog aufgerufen.

Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein hat zu Vernunft, Dialog und Eintreten für Rechtsstaatlichkeit aufgerufen. Sie appelliere "aus voller Überzeugung an alle, den Dialog in den Mittelpunkt unseres Tuns zu stellen und die Rechtsstaatlichkeit auf dem Schild zu tragen", sagte Bierlein am Montag bei einer Konferenz zum Thema "Europa und der Rechtsstaat" im Wiener Justizpalast.

Wien: Bierlein spielt auf Ibiza-Krise an

Bierlein war noch als Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs zu einem Vortrag über die europäische Kooperation von Verfassungsgerichten eingeladen worden, den sie nun in ihrer Funktion als Regierungschefin hielt. Zum Auftakt erinnerte sie daran, dass die Konferenz "an einem denkwürdigen Tag", dem 92. Jahrestag des Justizpalast-Brandes, stattfinde.

"Es ist die Vernunft, auf die die Demokratie sich beruft und nicht das dumpfe Gefühl, nicht die irrationalen Elemente der menschlichen Seele", zitierte Bierlein in diesem Zusammenhang den Schöpfer der Bundesverfassung, Hans Kelsen. Dessen Worte, die Vernunft in den Mittelpunkt der Demokratie zu stellen, "haben vor allem in den letzten Wochen etwas zum Reflektieren angeregt", sagte die Kanzlerin in Anspielung auf die Ibiza-Krise.

Bierlein bezeichnet sich als "glückliche Bundeskanzlerin"

"Es ist nicht zuletzt dem Wirken von Hans Kelsen als dem Architekten unserer Verfassung zu verdanken, dass ich heute in meiner Funktion als Bundeskanzlerin zu Ihnen sprechen darf", sagte Bierlein. "Das war, wie sie wissen, nicht meine Lebensplanung. Ich war glückliche Präsidentin des Verfassungsgerichtshofes, aber das bedeutet nicht, dass ich nicht eine glückliche Bundeskanzlerin wäre", sagte sie zur Erheiterung der Zuhörer im Festsaal des Obersten Gerichtshofs.

In ihrem Vortrag sprach sich Bierlein etwa dafür aus, den Höchstgerichten in Ländern wie Polen und Ungarn "den Rücken zu stärken". Das österreichische Höchstgericht sei diesbezüglich ein "Brückenbauer". Zugleich machte sie klar, dass die EU-Rechtsstaatsverfahren gegen Polen und Ungarn zahnlos seien. Wegen der geltenden Einstimmigkeitsregel sei nämlich "eher nicht zu erwarten, dass wirklich eine Suspendierung dieser Staaten erfolgen würde".

Rechtsstaat in Österreich: Bierlein fordert ein Einsatz

Bierlein mahnte auch zu einem Einsatz für den Rechtsstaat in Österreich. Zwar ruhe dieser "gottlob auf gefestigten nationalen und europäischen Fundamenten". "Ungeachtet dessen müssen wir wachsam bleiben." Es gelte, den Rechtsstaat zu stützen und "in dem einen oder anderen Punkt allenfalls nachzuschärfen". Gerade das Vertrauen in die korrekte und von außen unbeeinflusste Wahrnehmung seiner Aufgaben sei das größte Kapital eines jeden Gerichtes, betonte die frühere Höchstrichterin. Darauf könne man "bauen, wenn es einmal gelten sollte, in politisch oder gesellschaftlich schwierigen Zeiten Rechtsstaatlichkeit und Demokratie zu sichern".

Die Konferenz, bei der neben aktuellen und früheren Höchstrichtern auch Richter und Anwälte aus Ungarn und der Türkei sprachen, wurde vom "Verein Justizgeschichte und Rechtsstaat" ausgerichtet, dessen Vorstand auch Bierlein angehört. Vereinsobmann Friedrich Forsthuber brach in seinen Begrüßungsworten eine Lanze für den "materiellen Rechtsstaatsbegriff", bei dem die Menschenrechte im Mittelpunkt stehen. In diesem Zusammenhang müsse man all jenen "eine Abfuhr erteilen", die sich für einen losgelöst vom Parlament agierenden starken Mann einsetzen, betonte der Präsident des Landesgerichts Wien. "25 Prozent (der Befragten in Umfragen, Anm.) vertreten diese Meinung, die sie in Wirklichkeit all ihrer Rechte berauben würde", so Forsthuber.

(APA/Red)

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