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Euro-Gipfel beteiligt Banken an Hilfen für Athen

Die Euro-Länder wagen im Kampf gegen die immer bedrohlichere Schuldenkrise den Sprung ins kalte Wasser.
Wie Griechenland gerettet werden soll
Euro-Zone entrinnt Katastrophe nur knapp
Euro-Gipfel einigt sich über Griechenland-Hilfe

Griechenland-Rettung: Erstmals private Gläubiger beteiligt

Zur Rettung Griechenlands beschlossen die Staats- und Regierungschefs der Länder bei ihrem Krisengipfel in Brüssel ein Kreditprogramm, das den überschuldeten Euro-Staat vorübergehend in die Staatspleite stürzen kann. Denn erstmals werden private Gläubiger an der Finanzierung eines Krisenlandes über eine Umschuldung beteiligt, was die Einstufung des Landes durch die Ratingagenturen auf Pleitestatus zur Folge haben dürfte. Der Euro-Rettungsfonds EFSF wird mit neuen Waffen zum Kampf gegen die Schuldenkrise ausgestattet. Nach Worten von Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy beginnt damit nichts Geringeres als der Aufbau eines Europäischen Währungsfonds.

109 Milliarden Euro der Euro-Länder für Athen

Nach wochenlangem Ringen gaben die Euro-Staaten und die Europäische Zentralbank (EZB) dem Drängen Deutschlands nach und bringen Banken und Versicherungen jetzt dazu, über Anleihetausch oder Laufzeitenverlängerungen griechischer Bonds die Last der Rettung mit den Staaten zu teilen. Das Paket hat ein Gesamtvolumen von 159 Milliarden Euro – 109 Milliarden Euro kommen von den Euro-Ländern, 50 Milliarden sollen die privaten Gläubiger beisteuern. Aus einer anderen Übersicht ging allerdings hervor, dass der Netto-Beitrag der privaten Gläubiger nur 19 Milliarden Euro beträgt.

Atempause für Griechenland und Eurozone

Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte nach dem Krisengipfel am Donnerstagabend in Brüssel, bei der Stabilisierung Griechenlands sei eine wichtige Etappe erreicht worden. Doch sei dies “kein Befreiungsschlag”, weil Griechenland noch einen langen Prozess vor sich habe. Griechenlands Regierungschef Giorgos Papandreou zeigte sich erleichtert. Griechenland rechne mit einer Reduzierung seiner Schulden um 26 Milliarden Euro bis zum Ende des Jahres 2014. “Das verschafft Griechenland und der Eurozone eine Atempause”, sagte Papandreou zum Abschluss des Euro-Gipfels. Nun könne Griechenland früher als erwartet an die Finanzmärkte zurückkehren, um selbst Kredite aufzunehmen.

Der Sondergipfel war kurzfristig einberufen worden, weil die Schuldenkrise von den kleinen Ländern Griechenland, Portugal und Irland auf die wirtschaftlichen Schwergewichte Italien und Spanien überzugreifen drohte. Die Euro-Chefs hoffen, dass sie nach einem Dutzend Treffen mit dem Hauptthema Schuldenkrise binnen eineinhalb Jahren endlich das Ruder herumreißen können. Denn trotz der Kreditprogramme für Griechenland, Irland und Portugal lässt der Druck auf die Euro-Zone nicht nach. Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker erklärte, die Zeit des Schnürens kleiner Päckchen alle paar Monate sei vorbei. “Das ist das letzte Paket.”

Euro stieg auf höchsten Stand seit zwei Wochen

Investoren reagierten erleichtert auf die Einigung. Griechenland soll der einzige Fall mit Gläubigerbeteiligung bleiben. Der Euro stieg auf über 1,44 Dollar und damit den höchsten Stand seit zwei Wochen. Nachdem sich bereits im Tagesverlauf ein Durchbruch abgezeichnet hatte, profitierten auch Bankaktien. Der Bankenindex Griechenlands stieg um fast acht Prozent, der Stoxx-Index aller europäischen Bankwerte legte um vier Prozent zu. In Deutschland gewannen die Papiere der Commerzbank fast zehn Prozent an Wert. Die Aktie des Branchenprimus Deutsche Bank legte um gut drei Prozent zu.

Allerdings sehen Banken und Versicherungen ihren freiwilligen Beitrag am neuen Hilfspaket als Opfer. “Ja, das trifft uns hart”, sagte Deutsche-Bank-Vorstandschef Josef Ackermann am Donnerstagabend am Rande des Euro-Krisengipfels in Brüssel in einem Interview des ZDF. Ackermann hatte als Vorsitzender des internationalen Bankenverbands IIF an dem Treffen teilgenommen. Die Abschreibungen, die die Banken auf griechische Positionen vornehmen, belaufen sich nach seinen Worten auf 21 Prozent.

Der Bankchef sprach aber von einem guten Kompromiss zwischen den Interessen Griechenlands, des Steuerzahlers und der Investoren. Dies reduziere die Gefahr einer Ausbreitung der Schuldenkrise auf weitere Länder.

EZB-Präsident Jean-Claude Trichet sagte, es sei nicht absehbar, ob die Maßnahmen dazu führten, dass Griechenland als zahlungsunfähig eingestuft werde. Doch müssten die Regierungen der Zentralbank gegebenenfalls Garantien über 35 Milliarden Euro liefern, damit sie Griechen-Bonds noch als Sicherheiten für Kredite an Banken anerkennt. Die EZB hatte sich monatelang aus Sorge über eine gefährliche Kettenreaktion gegen die Beteiligung der Gläubiger über Umschuldungen gewehrt.

Um die langfristige Schuldentragfähigkeit Griechenlands zu verbessern, werden zudem die Zinsen für die Hilfskredite auf 3,5 von derzeit rund 4,5 Prozent gedrückt. Außerdem werden die Laufzeiten von 7,5 auf 15 bis 30 Jahre gestreckt. Allein dadurch soll die Schuldenlast von 160 Prozent des Bruttoinlandsproduktes um etwa zwölf Punkte fallen, wie Sarkozy sagte. Der Grenzwert in der EU liegt eigentlich bei 60 Prozent. Durch das Engagement des Privatsektors werden die Schulden um weitere zwölf Prozentpunkte verringert.

“Europäischer Währungsfonds” ab 2013

Mit dem Beschluss der Euro-Länder werden außerdem der provisorische Euro-Rettungsschirms EFSF und sein Nachfolger ab 2013 – ESM – zu einem“Europäischen Währungsfonds” ausgebaut, wie Sarkozy sagte. “Man kann einen Vergleich zum Internationalen Währungsfonds ziehen, aber es sind zwei unterschiedliche Dinge”, sagte Merkel. Wie der IWF soll der EFSF Euro-Ländern vorsorglich eine Kreditlinie eröffnen können, die sie bei Bedarf nutzen können. Zudem soll er den Bankensektor eines Landes indirekt durch Kredite an die betroffene Regierung stützen können. Der EFSF soll zudem Staatsanleihen nach ihrer Ausgabe am Kapitalmarkt aufkaufen können, so wie bisher schon die EZB. Voraussetzung dafür ist die Feststellung besonderer Umstände durch die EZB und ein einstimmiger Beschluss der Finanzminister der Euro-Zone. Die Änderungen sollen auch für den dauerhaften Rettungsfonds ESM gelten, der den EFSF 2013 ablöst.

Die Euro-Länder vereinbarten auch, die wirtschaftspolitische Abstimmung noch stärker zu verzahnen als bisher beschlossen. Um die Reform des Stabilitätspakts endlich auf den Weg zu bringen, wollen sie Merkel zufolge den Forderungen des Europäischen Parlaments nach einem stärkeren Automatismus bei Sanktionen gegen Haushaltssünder nachkommen. (APA)

 

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