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EU-Kommission stellt Rückschritte in der Türkei fest

Die EU tadelt die Türkei
Die EU tadelt die Türkei ©APA-AP
Die EU-Kommission hat in ihrem jährlichen Fortschrittsbericht für die EU-Kandidatenländer in der Türkei Rückschritte in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte festgestellt. "Sehr ernste Bedenken" gebe es aufgrund der infolge des Putschversuches 2016 umfassenden Entlassungen, Festnahmen und Inhaftierungen während des Ausnahmezustandes, erklärte die EU-Behörde am Dienstag in Brüssel.

Diese Maßnahmen waren für die Europäische Union auch der Grund dafür gewesen, die Gespräche mit der Türkei nicht mehr um weitere Verhandlungskapitel auszuweiten. In ihrem aktuellen Bericht führt die EU-Kommission auch die jüngste Annullierung der Bürgermeisterwahl in Istanbul, nachdem der Oppositionskandidat Ekrem Imamoglu von der CHP aus dem Urnengang als Erster hervorgegangen war, sowie die Einsetzung von zweitgereihten Kandidaten bei der Besetzung von Bürgermeisterämtern im Südosten des Landes ins Treffen.

Die Aufhebung des Ausnahmezustandes hat demnach zu keiner Aufhebung der Gesetze geführt, die den Schutz von Aktivisten, Menschenrechtlern, Journalisten und Akademikern drastisch beschnitten. Die EU-Kommission sieht daher gravierende Rückschritte bei den Grundrechten, unter anderem in Bezug auf die Meinungs- und Versammlungsfreiheit.

Rückschritte festgestellt

Des Weiteren habe die Einführung des Präsidialsystems zu einer Verminderung der Überwachungsfunktion des Parlaments sowie einer stärkeren Politisierung in der öffentlichen Verwaltung geführt. Der türkische Präsident habe nun die Macht, die Leiter der meisten öffentlichen Behörden zu ernennen, stellt die EU-Kommission fest. Rückschritte wurden auch im Kampf gegen die weitverbreitete Korruption festgestellt. Die aufgelösten Behörden seien noch durch keine unabhängige Institution ersetzt worden.

Die Äußerungen der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini klangen bei der Präsentation der Berichte hingegen diplomatischer. Die EU warte in puncto Türkei nicht ab, sondern bleibe konstruktiv und respektvoll engagiert, etwa über den Europarat oder in außenpolitischen Fragen, sagte Mogherini. Es gebe immer wieder Anzeichen einer Öffnung und Rückschläge. “Es ist eine freie Entscheidung, wenn man sich der EU annähert und letztlich EU-Mitglied werden will.”

Auch Fortschritte

Fortschritte stellte die EU-Kommission in punkto Migrations- und Asylpolitik fest. Die Türkei erfüllt laut dem Bericht die Verpflichtungen des nicht unumstrittenen Flüchtlingsdeals mit der EU. Bei der Harmonisierung des türkischen Visasystems mit jenem der EU sei man nicht vorangekommen.

Insgesamt hat die EU-Kommission Zweifel an der Marktwirtschaft des Landes, das eine hohe Inflation aufweist. Die Verletzlichkeit der türkischen Wirtschaft sei durch die sich 2018 verschlechternden Bedingungen für die Auslandsfinanzierung deutlich geworden. Die Türkei reagierte darauf mit staatlichen Maßnahmen.

Die türkische Regierung wies den EU-Bericht über die schlechten Beitrittschancen des Landes zurück. Die Türkei könne solch “unfaire und unausgewogene Kritik” nicht akzeptieren, sagte der stellvertretende Außenminister Faruk Kaymakci in Ankara. Andere Teile des Berichts seien konstruktiv, man nehme diese zur Kenntnis.

(APA)

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