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EU-Gipfel: "Alles tun, um den Euro zu retten"

Herman Van Rompuy
Herman Van Rompuy ©EU
Der EU-Gipfel vom Sonntag brachte offenbar in der Sitzung mehr Krisenstimmung als in den öffentlichen Beiträgen. Polens Regierungschef Donald Tusk, derzeit amtierender EU-Ratsvorsitzender, eine Funktion die derzeit in der Bedeutungslosigkeit versinkt, berichtete von "dramatischen" Redebeiträgen in der Diskussion. Jedem sei klar, dass in den kommenden Tagen über das Schicksal Europas entschieden werde. "Manche sagten, wirtschaftlich gesehen würden einige Länder untergehen, wenn wir keine raschen Entscheidungen fällen."

Öffentlich waren hingegen positive Meldungen angesagt: Dramatik ließ nur EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy anklingen, als er nach Abschluss des Gipfels am Sonntagabend versicherte, dass “die Euro-Staaten alles tun werden, um den Euro zu retten”. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy waren vor allem bemüht, den Eindruck zu zerstreuen, es gebe Streit zwischen Berlin und Paris. “Frankreich und Deutschland sprechen mit einer Stimme”, sagte Sarkozy. Zugleich versprach er: “Am Mittwoch wird es eine Einigung geben, die die Finanzkrise eindämmt”.

Auch der britische Premier David Cameron verbreitete Optimismus: “Wir sehen, dass die Bestandteile eines umfassenden Paketes zusammenkommen”. Als Vertreter eines nicht-Euro-Staates schrieb er seinen Kollegen ins Stammbuch: “Wir brauchen große und kühne Taten” denn “es ist in unserem Interesse, einen starken und gesunden Euro zu haben.” Das gelte auch für Großbritannien. Immerhin gingen 40 Prozent der britischen Exporte in die Eurozone. “Wir haben keine Absicht, der Eurozone beizutreten”, bekräftigte Cameron aber sicherheitshalber.

Druck für Italien

Richtig Druck gab es für Italien. EU-Gipfelchef Herman Van Rompuy sagte, die Euro-Länder hätten Berlusconi gebeten zu versichern, “dass die mutigen Maßnahmen auch rechtzeitig umgesetzt werden”. Dies betreffe etwa die Sanierung der Staatskassen, Reformen am Arbeitsmarkt und bei öffentlichen Unternehmen, Privatisierungen, die Justiz, sowie den Kampf gegen Steuerbetrug. “Wir haben um mehr Details gebeten und um einen Zeitplan”. Bis Mittwoch forderte er Reformpläne ein – Berlusconi hat inzwischen auch für dem morgigen Montag eine Sondersitzung seines Kabinetts angekündigt und öffentlich gesagt, Sarkozy habe angeregt, dass Italien ergriffene und künftige Maßnahmen öffentlich bestätigen sollte.

Merkel sagte: “Italien hat eben einen sehr hohen Gesamtverschuldungsstand, und der muss glaubwürdig in den nächsten Jahren abgebaut werden. Ich glaube, das ist die Erwartung an Italien.” Italien sei ein großer und wichtiger Partner für den Euro-Raum. Es müsse alles daran gesetzt werden, “der Verantwortung in diesem Sinne auch gerecht zu werden”. Die Kanzlerin rief Rom dazu auf, seine Hausaufgaben zu machen: “Denn Vertrauen wird alleine durch einen Schutzwall nicht entstehen, sondern Vertrauen bedarf auch immer einer klaren Perspektive.” An Berlusconi als Premier wollte sie aber doch nicht rütteln: “Natürlich setzen wir auf ihn.”

Kritik an Deutschland

Mehr oder weniger verklausuliert zeigten die Staats- und Regierungschefs auch mit spitzem Finger auf Schwierigkeiten Merkels. Die Sonderrolle des deutschen Parlaments, dessen Haushaltsausschuss über die Leitlinien zum aktuellen Euro-Rettungsschirm EFSF entscheiden muss, sorgt für Kritik in anderen EU-Staaten. Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker kritisierte im “Spiegel”, dass der Bundestag notwendige schnelle Entscheidungen in der Krise behindere. Der geschäftsführende belgische Regierungschef Yves Leterme bezeichnete die deutsche Situation als “nicht ideal”.

Sarkozy greift Cameron an

Für Missstimmung sorgte eine am Freitag getätigte Aussage des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy in Richtung des britischen Premierministers David Cameron. Angeblich wies Sarkozy die Versuche Großbritanniens, auf die Banken-Rekapitalisierung Einfluss zu nehmen, scharf zurück. Unter Berufung auf Diplomaten sagte er in der Diskussion zu Cameron: „Wir haben es satt, dass du uns kritisierst und sagst, was wir tun sollen. Ihr sagt, dass ihr den Euro hasst, ihr wolltet nicht beitreten und jetzt wollt ihr euch in unsere Treffen einmischen.“ Großbritannien, selbst ja kein Euro-Mitglied, hatte vor Alleingängen der 17 Euro-Staaten gewarnt.

Hilfe aus China und Norwegen?

Die EU-Chefs erwägen zur längerfristigeren Lösung der gegenwärtigen Euro-Krise unter anderem, Geld aus Norwegen und China zu holen. Der schwedische Regierungschef Fredrik Reinfeldt nannte konkret den norwegischen Ölfonds als möglichen Investor. Der zur Sicherung norwegischer Pensionen geschaffene Fonds investiert weltweit. Er ist mit rund 388 Mrd. Euro nicht viel kleiner als der Rettungsfonds der gesamten EU mit seinen rund 440 Mrd. Euro.”Sowohl der norwegische Ölfonds als auch chinesisches Geld sind in der Diskussion darüber interessant, wer in der europäischen Geldkrise Ressourcen anzubieten hat”, sagte Reinfeldt einem am Montag in drei norwegischen Tageszeitungen (“Adresseavisen”, Bergens Tidende”, Stavanger Aftenblad”) erschienenen Korrespondentenbericht zufolge. In Brüssel seien am Wochenende diese beide Alternativen und “alles mögliche” an weltweiten Geldbeschaffungsmöglichkeiten genannt worden, so der schwedische Regierungschef.

Reinfeldt betonte dabei, dass die diesbezügliche Diskussion “strukturmäßig” nichts mit dem derzeit auf der Tagesordnung stehenden, akuten Rettungsplan für den Euro zu tun habe. Es handle sich vielmehr “um den nächsten Schritt”.

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