EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso warnte am Mittwoch in Straßburg, die europäischen Energieversorger könnten Klage gegen den russischen Gazprom-Konzern und das ukrainische Unternehmen Naftogaz einreichen. Naftogaz hatte in der Früh erklärt, man sehe sich außerstande, das aus Russland eintreffende Erdgas an die EU und nach Südosteuropa weiterzuleiten.
Naftogaz warf dem russischen Staatskonzern Gazprom vor, die Transitstrecke für die Lieferungen nach Westen so gewählt zu haben, dass eine Versorgung der ukrainischen Bürger unmöglich werde. Gazprom habe gefordert, dass die Ukrainer das Gas über eine technisch komplizierte Route leiteten, erklärte Naftogaz. Dies würde dazu führen, dass man die Gaslieferungen an breite Landstriche in der Ukraine stoppen müsse.
Der russische Ministerpräsident Wladimir Putin wiederum erklärte, für die Blockade sei allein die Ukraine verantwortlich. “Wir haben den Gashahn aufgedreht und sind bereit zu liefern, aber am anderen Ende ist der Hahn zu”, sagte Putin bei einem Treffen mit den Ministerpräsidenten Bulgariens, der Slowakei und Moldawiens. Die drei südosteuropäischen Länder beziehen ihr gesamtes Gas über die Ukraine und sind deshalb besonders schwer von dem Lieferstopp betroffen.
“Die Ukraine verspielt mit ihrem Verhalten das Vertrauen ihrer europäischen Partner”, sagte der slowakische Ministerpräsident Robert Fico. Sein bulgarischer Kollege Sergej Stanischew ergänzte: “Das Schlimmste an der Sache ist, dass Millionen Europäer sich als Geiseln fühlen und wirklich leiden.” Auch in Serbien spitzte sich die Lage am Mittwoch weiter zu: Weil zahlreiche Verbraucher jetzt mit Elektro-Öfen heizten, sei das Stromnetz vollkommen überlastet, erklärte die Regierung in Belgrad.
EU-Kommissionspräsident Barroso bezeichnete den anhaltenden Lieferstopp als “höchst inakzeptabel und nicht zu fassen”. Wenn die Blockade nicht sofort aufgehoben werde, “werde ich den europäischen Gaskonzernen empfehlen, vor Gericht zu ziehen”. Die EU-Kommission kritisierte überdies den Umfang der von Russland angekündigten Gaslieferungen als unzureichend. Unabhängig von der Blockade der Pipelines durch die Ukraine reiche die von Gazprom angekündigte Menge nicht, erklärte ein Kommissionssprecher in Brüssel. Für Mittwoch habe der russische Energiekonzern die Lieferung von 98,9 Millionen Kubikmetern Gas zugesagt. Gazprom sei aber vertraglich verpflichtet, die EU-Staaten mit rund 350 Millionen Kubikmeter Gas zu versorgen, sagte der Kommissionssprecher.
Zum ukrainisch-russischen Streit über die Transitstrecke bezog die Kommission nicht Stellung. Sicher sei nur, dass das für die EU bestimmte Gas normalerweise über fünf Schnittstellen an der russisch-ukrainischen Grenze eingespeist werde und die Ukraine an fünf anderen Schnittstellen wieder verlasse, sagte der Kommissionssprecher. Derzeit treffe das Gas an der russisch-ukrainischen Grenze nur an der Einspeisestelle Sudscha ein.
Der tschechische Regierungschef und amtierende EU-Ratspräsident Mirek Topolanek rief die EU-Staaten auf, über den Aufbau einer 120-tägigen Reserve für Öl und Erdgas nachzudenken. Bisher sind die EU-Staaten lediglich verpflichtet, Ölvorräte für 90 Tage vorzuhalten, für Gas gibt es keine EU-weiten Vorgaben. Topolanek sprach sich zudem für einen Ausbau der Atomenergie aus.
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