In diesem Fall werden wir gehen. Und dieses Mal für immer, sagte Außenminister Abdullah Gül in einem am Freitag veröffentlichten Interview mit dem Londoner Wochenmagazin The Economist. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan ergänzte, die Türkei werde der EU keinerlei Zugeständnisse mehr machen.
Im Zentrum des jüngsten Streits steht der Zypern-Konflikt. Ankara will das EU-Mitgliedsland nicht völkerrechtlich anerkennen und hat dies auch in einer Zusatzerklärung zur Ausdehnung der Zollunion EU-Türkei auf die zehn neuen Mitgliedstaaten festgehalten. Die EU hatte die Unterzeichnung des Protokolls zur Bedingung für den Beginn von Beitrittsgesprächen am 3. Oktober gemacht. Der Nordteil Zyperns ist seit 1974 von türkischen Truppen besetzt. EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn sagte am Rand des informellen EU-Außenministerrates im walisischen Newport, die Union bestehe auf einer vollen Umsetzung des Protokolls durch die Türkei. Das ist ganz klar unsere rote Linie. Konkret geht es um die Öffnung der türkischen See- und Flughäfen für Zypern. Gül hatte am Donnerstag gesagt, das Abkommen verpflichte Ankara nicht dazu.
Sollten sie irgendetwas vorschlagen, was weniger als die Vollmitgliedschaft ist, oder irgendwelche neue Bedingungen, werden wir gehen. Und dieses Mal für immer, wurde Gül vom Economist zitiert. Niemand sollte erwarten, dass die Türkei diesmal irgendwelche Zugeständnisse machen wird. Wir haben uns an unseren Teil der Vereinbarungen gehalten, und die EU sollte das auch tun. Ähnlich äußerte sich Erdogan. Jetzt hat die Türkei (der EU) nichts mehr zu geben, sagte er am Freitag in einem Interview mit dem türkischen Fernsehen von Neapel aus.
Außenministerin Ursula Plassnik (V) sagte vor Journalisten, sie habe volles Verständnis für gelegentlich emotionalere Tonlagen. Sie betonte, dass die Atmosphäre beim EU-Außenministertreffen, dem am Freitag auch Gül beiwohnte, hervorragend sei. Nach Angaben der italienischen Nachrichtenagentur ANSA zeigte sich Gül am Freitag in Newport zu einer Anerkennung Zyperns im Rahmen einer globalen Lösung des Konflikts auf der Mittelmeerinsel bereit. Ein UNO-Vereinigungsplan für Zypern scheiterte voriges Jahr am Widerstand der griechischen Mehrheitsbevölkerung.
Die Minister zeigten sich am Freitag zuversichtlich, dass die Verhandlungen mit der Türkei wie geplant am 3. Oktober starten werden. Kein Land hatte sich für eine Verschiebung ausgesprochen, sagte der britische Ratsvorsitzende Jack Straw. Der zypriotische Außenminister Georgios Iacovou betonte, sein Land habe nie erklärt, dass es ein Veto einlegen werde. Die Chefdiplomaten hatten sich allerdings am Donnerstag nicht auf den Verhandlungsrahmen mit der Türkei einigen können, was Ende September bei einem Sondertreffen nachgeholt werden soll. Kein anderes Land unterstützte die Forderung Österreichs, mit der Türkei auch über eine Alternative zur EU-Mitgliedschaft zu verhandeln.
Die Aussagen Güls wurden in Österreich zurückhaltend aufgenommen. Die Sprecherin von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V), Verena Nowotny, enthielt sich angesichts des Diskussionsprozesses in Newport eines Kommentars. ÖVP-Generalsekretär Reinhard Lopatka sagte, es sei Sache der Türken, etwaige Änderungen im Verhandlungsrahmen zu beurteilen. Der Sprecher von Vizekanzler Hubert Gorbach (B), Carl Ferrari-Brunnenfeld, wies die Drohgebärden von Gül zurück. SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer sagte, die EU dürfe sich von der Türkei nicht erpressen lassen. Die außenpolitische Sprecherin der Grünen, Ulrike Lunacek, äußerte Verständnis für Ankara. Es sei für das Land schwierig, ständig neue Bedingungen zu akzeptieren. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache bezeichnete einen möglichen Rückzug des türkischen EU-Beitrittsgesuchs als Lösung des Problems.
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