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EU-Afrika-Gipfel: Schwieriger Neuanfang

An großen Worten soll es nicht fehlen, wenn sich die Staats- und Regierungschefs von 27 Staaten der EU und 53 Ländern Afrikas am Freitagabend in Lissabon zum Gipfel treffen.
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„Ein Bruch mit der Vergangenheit“ stehe bevor, sagt EU-Entwicklungskommissar Louis Michel vollmundig. „Einen Neuanfang“ nennt es ein hoher Beamter des EU-Ministerrates, der zwölf Monate lang den Gipfel vorbereitete. Eine neue „Gemeinsame EU-Afrika-Strategie“ (36 Seiten) und ein „Aktionsplan“ (65 Seiten) besagen: Die Partnerschaft soll künftig mehr als nur Entwicklungshilfe bedeuten. Und neben Chancen wird es viele neue Probleme geben.

Auch Ärger gibt es. Simbabwes Diktator Robert Mugabe (83) darf zum Gipfel kommen, weil sonst andere afrikanische Regierende nicht kämen. Aus Protest boykottiert der britische Premier Gordon Brown das Treffen. Und die verzweifelte Lage der schwarzen Bürger Simbabwes wird ebenso wie die in der sudanesischen Krisenprovinz Darfur (in Anwesenheit des sudanesischen Staatschefs Omar al-Bashir) Gipfelthema sein. Das hatten einander die EU-Außenminister schon am 19. November in Brüssel versprochen – bevor prominente Literatur-Nobelpreisträger wie Günter Grass (Deutschland), Dario Fo (Italien) sowie Wole Soyinka (Nigeria), Nadine Gordimer und John M. Coetzee (beide Südafrika) sie dazu aufforderten.

Neu ist aus EU-Sicht vor allem, dass die Europäer dieses Mal die Afrikaner um deren Meinung gefragt haben, bevor sie sich anschicken, Afrika zu helfen. Neu sei auch, dass es nicht mehr nur um Entwicklungshilfe geht, sondern Afrika von der EU als strategischer Partner anerkannt wird: Geld für Friedenstruppen der Afrikanischen Union (AU), enge politische Abstimmung, Partnerschaft bei Einwanderung ebenso wie bei Klimaschutz oder Energieversorgung. „Die Art und Weise, wie wir bisher Entwicklungshilfe betrieben haben, hat ja keine Ergebnisse gebracht“, räumt ein hoher EU-Beamter ein. Warum es geschlagene 50 Jahre seit Ende der Kolonialherrschaft in Afrika dauerte, bis die EU Afrika erkennbar als erwachsenen Kontinent wahrnimmt, vermag niemand wirklich zu erklären: „Wir werden intern noch einiges aufzuarbeiten haben“, sagte ein EU-Beamter.

Einfach wird auch die neue Beziehung nicht. Die EU betont jetzt die Selbstbestimmung Afrikas (African Ownership). Nach Ansicht von EU-Diplomaten zeigen aber gerade die Fälle Simbabwe und Darfur – vor allem die schützenden afrikanischen Hände, die nach wie vor über Mugabe und Bashir gehalten werden -, dass die Wertegemeinschaft noch löchrig ist. „Es ist nicht ganz klar, was ein afrikanischer Diktator eigentlich anstellen muss, um bei anderen afrikanischen Staatschefs in Ungnade zu fallen“, sagt ein EU-Diplomat. Das Ende der Ost-West-Rivalität auch in Afrika, die Globalisierung von Energie-, Klima- und Terrorproblemen: Das alles hat in den vergangenen Jahren zu Veränderungen in Richtung Demokratie in Afrika geführt. Mittlerweile gibt es in 40 Ländern Wahlen, bei denen mehrere Parteien antreten durften. Die Wirtschaft wächst um mehr als fünf Prozent.

Die 2002 gegründete Afrikanische Union (AU) hat sich zu vielen auch europäischen Werten bekannt und beispielsweise die (freiwillige) Überprüfung der guten Regierungsführung geschaffen. Doch die Organisation mit Sitz in Addis Abeba (Äthiopien) bleibt schwach: Die Beitragsmoral der Mitglieder ist schlecht, die Personalausstattung dürftig. Hilfe kommt von der EU, die künftig nicht nur Friedenstruppen der AU mitfinanzieren will, sondern auch zur Stärkung der AU-Strukturen selbst beitragen will. Und es soll regelmäßige Arbeitstreffen geben, nicht nur auf Ministerebene. Schon beim ersten Gipfel 2000 in Kairo beschlossen beide Seiten einen pompösen „Aktionsplan“ – der dann rasch in Vergessenheit geriet. Deswegen ist der neue „Aktionsplan“ von Lissabon auf drei Jahre befristet. Das soll dafür sorgen, dass in überschaubarer Zeit gefragt wird, was daraus eigentlich geworden ist.

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