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Essen der Zukunft aus Licht und Sonne

Proteinpulver aus CO2 könnte dem Klima, den Tieren und den Menschen nützen.

Immer mehr Menschen wünschen sich eiweißreiche Fleischersatzprodukte. Klima- und tierfreundlich sollen sie sein, aber auch gesund. Ein finnisches Start-up arbeitet aktuell daran, mit seinem quasi aus dem Nichts erschaffenen Produkt die globale Ernährungsversorgung zu revolutionieren und gleichzeitig das Klima zu schützen. Das Pulver entsteht nämlich aus Luft und Sonne.

„Solein“ braucht keine Landwirtschaft und wird als Ersatz für Eiweißlieferanten wie Fleisch, Milch, Sojabohnen oder Linsen gepriesen. Nach Unternehmensangaben enthält es
65 bis 70 Prozent Eiweiß, zehn bis 15 Prozent Ballaststoffe, fünf bis acht Prozent Fett und drei bis fünf Prozent Mineralstoffe sowie Eisen und B-Vitamine.

Wenig Geschmack

Das Verfahren zur Herstellung ähnele dem Fermentationsprozess, der zur Herstellung von Wein oder Bier verwendet wird. Aber anstelle von Zucker ernähren sich die Bakterien unter Einsatz von erneuerbarem Strom vor allem von Kohlendioxid, gelöstem Wasserstoff und Stickstoff. Und wie schmeckt das? Offenbar nach nichts. Den Geschmack von Lebensmitteln soll es kaum verändern. Dem Pulver wird ein zarter Umami-Geschmack nachgesagt, was oft mit „würzig“ verglichen wird.

Für das Produkt wird laut Hersteller nur ein Bruchteil der Ressourcen benötigt, um die gleiche Menge Eiweiß zu gewinnen. Das Verfahren sei auch 20-mal effizienter als die Photosynthese, mit der Pflanzen Energie in Nahrung umwandeln. Die erste Solein-Fabrik entsteht gerade im finnischen Vantaa. Die kommerzielle Produktion soll im kommenden Jahr beginnen. In Singapur wird es dann bereits in ausgewählten Restaurants angeboten werden. Zuerst noch in ­limitierter Form, bis die Produktion richtig in Gang kommt.

Start-ups entwickeln Lösungen

Das nordische Jungunternehmen ist nicht das einzige, das die Lebensmittelindustrie dank nachhaltiger Cleantech-Produkte revolutionieren will. Ähnlich arbeitet die Firma Air Protein aus den USA, die statt eines Pulvers fertige Fleischersatzprodukte herstellt, ebenfalls mittels „Luftfermenta­tion“. Das britisch-niederländische Start-up Deep Branch hat „Proton“ entwickelt ein proteinreiches Pulver aus CO2 für die Tierfutterindustrie. Die Macher ließen sich vom Raumfahrtprogramm der NASA in den 1970er-Jahren inspirieren: Bereits damals suchten Forscher nach einem Weg, Elemente in der Luft, die die Astronauten einatmeten, in Protein umzuwandeln. Der Prozess wurde ad acta gelegt und vergessen bis jetzt.

Proteinversorgung sicherstellen

Bei all diesen innovativen Ansätzen geht es ums Eiweiß und um Alternativen zu tierischen Produkten. Denn Eiweiß ist für den Körper sehr wichtig: Da dieser keinen Eiweiß­speicher besitzt, müssen die Zellen ­regelmäßig mit dem Makromolekül versorgt werden.Erwachsenen unter 65 Jahren wird eine Zufuhr von täglich 0,8 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht empfohlen. Benötigt wird Eiweiß unter anderem zum Aufbau von Muskeln, Knochen, Haut und Haaren, aber auch von Enzymen und Hormonen ­sowie für ein gesundes Immun­system. Vegetarier und Veganer greifen vor allem auf Hülsenfrüchte, Gemüse wie Brokkoli, Chia-Samen oder Quinoa als Eiweißlieferanten zurück.

„Schon heute ist die Proteinversorgung in vielen Regionen der Welt nicht gewährleistet, Klimawandel und Bevölkerungswachstum werden dieses Problem weiter verschärfen“, sagt Proteinforscherin Isabel Muranyi. „Ich denke, der konventionelle Anbau sollte in Zukunft verstärkt durch geschlossene Systeme ergänzt werden.“

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